Mittwoch, 24. April 2024

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Designerin Jule Waibel
"Ich falte alles"

Jule Waibel legt jedes Material, das ihr in die Finger kommt, in Falten. Sie hat sich dadurch eine eigene Designwelt geschaffen mit faltigen Möbeln, Kleidung und Accessoires. Und das Faltendesign hat Erfolg. Ihr größter Fan ist aber ein Familienmitglied: Carlo Waibel, besser bekannt als Rapper Cro.

Von Gesine Kühne | 26.06.2018
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    Designerin Jule Waibel beim Falten in ihrem Atelier (Gesine Kühne)
    Jule Waibel ist Designerin. Ihr Markenzeichen: die Falte. Ob Papier, Plastik oder Metall, jedes Material bekommt bei ihr den Kniff.
    Durch den besondern Look der fertigen Designstücke hat sich Jule Waibel in der Produktdesignszene auch schon einen Namen gemacht. Durch einen Gedankenanstoß eines Familienmitglieds - der Rapper Cro ist Jules Bruder - macht Jule Waibel jetzt auch noch Mode.
    Jule Waibel: "Wir gehen mal hoch zusammen"
    Eine große Halle direkt an der Spree im abgelegenen Berliner Ortsteil Oberschöneweide. Hier designen, malen und werkeln 30 Designer*innen. Jule Waibel arbeitet in einem 40 Quadratmeter großen Würfel, der in die Halle eingebaut wurde, den sie ihr Studio nennt.
    Jule Waibel: "Hier ist nur, was ich so jeden Tag brauche. Na gut, ich hab' mir auch eine Sofaecke eingerichtet."
    "Das ist ein bisschen wie Architektur"
    Ein grünes Sofa aus weichem Stoff mit leichten Falten, davor steht ein Holztisch, das Holz in Falten gesägt, mit einer Glasplatte, der gefaltete Korkhocker steht auf einem plissierten Filzteppich. Im ganzen Raum sind gefaltete Objekte verteilt. Lampenschirme und Kleider aus fließenden Stoffen. Und das Stück, mit dem alles anfing.
    Jule Waibel: "Das ist eigentlich ein riesengroßes Rechteck gewesen, und durch die Falten wurde es zu einem Kleid. Und wenn man damit tanzt, verformt es sich auch so. 1,50 auf drei Meter, und das durch die Falten, klein gefaltet, ergibt wirklich ein Kleid. Das ist ja nicht wie in der Mode, man hat ja nicht verschiedene Schnitte. Das ist ein bißchen wie Architektur."
    Durch nur zwei Arten von Falten ist aus dem großen Stück Synthetikfaserpapier ein eieruhrförmiges Kleid geworden. Aus Zickzackfalten und so einer Art Rautenfaltung. Diese Architektur, wie Jule Waibel es nennt, hat sie sich während des Masterstudiums am Royal College of Art in London beigebracht. Für eine Aufgabe, die "Minimum - Maximum" als Thema hatte.
    Jule Waibel: "Ich hab' als Einzige mit Falten angefangen zu arbeiten, hab das Falten mir selbst beigebracht. Ich hab' dann mit Stoffen gefaltet, die Ecken zusammen genäht, verbunden. Ich hab' eine Holzform gemacht, da mit Vakuum Plastik draufgezogen, auf dem Faltmuster, das ich gesägt habe, um verschiedene Formen und wie sich verschiedene Materialen verhalten herauszubekommen. Und war dann damit innerhalb von ein paar Monaten so angefixt, ich hatte so ein Riesenarchiv an gefalteten Objekten, dass schon ganz klar war, dass ich da irgendwie hängengeblieben bin."
    Creator of the Unfold Universe
    Jule Waibel: "Ich hab' früher immer nach einem Wort gesucht, was ich jetzt bin. Und dann ist mir aufgefallen, ich brauch' das gar nicht zu Labeln, ob ich nun Produktdesignerin bin, oder Grafikdesigner oder Fashiondesigner oder Installationen mache. Ich nenn' mich einfach Creator. Ich kreiere Dinge. The Creator of the Unfold Universe, denn ich falte alles."
    Nach einem sehr regelhaften Produktdesignstudium in Deutschland nutzte die gebürtige Stuttgarterin die Zeit in London zur Entfaltung. Ihre Abschlussarbeit, das gefaltete Kleid, sorgte für so viel Aufsehen, dass prompt die ersten Aufträge kamen. Eine große Modekette bat sie, 25 Schaufenster auf der Welt mit ihren Papierfaltkleidern zu dekorieren. Dass sie dann irgendwann auch mal Kleider aus Stoff machen würde, darauf musste sie erst ein Familienmitglied bringen.
    Jule Waibel: "Zum Beispiel hatte mein Bruder dann gefragt: 'Ja Jule, das ist ja ganz schön mit Papier, aber kannst du das nicht auch aus Stoff machen?' 'Ja klar, ich weiß auch, wie das geht.' Manchmal brauche ich so Anstöße, besonders von meinen Familienmitgliedern, denn auf deren Meinung halte ich viel."
    Unabhängig vom berühmten Bruder
    Die 32-jährige Designerin hat drei Geschwister. Es war der jüngste Bruder, der den Anstoß gab. Letztlich weil er das Design seiner Schwester für die Bühne wollte. Jules Bruder ist nämlich Carlo Waibel, besser bekannt als Cro. Dass Jule mit ihrem Faltdesign so erfolgreich ist - sie bekommt ständig Aufträge von größeren und kleineren Firmen, Dinge zu Falten - hat aber nichts mit der Berühmtheit ihres Bruders zu tun.
    Jule Waibel: "Als das bei mir mit dem Falten anfing, fing das beim Carlo in Deutschland mit seinem Erfolg mit 'Easy' und allem an. Das heißt, wir waren in dem Moment räumlich getrennt, in England hat es keinen gejuckt, wer Carlo ist, was für mich gut war, um vielleicht nicht doch zu denken: 'Uh, auf einmal überholt mich mein kleiner Bruder, denn natürlich hat er früher zu mir aufgeschaut.'"
    Carlo Waibel aka Cro unterstützt seine Schwester trotzdem wo er kann. Gibt bei ihr gefaltete, also in diesem Fall plissierte Kleidung für seine Tänzerinnen in Auftrag und nimmt sie überall hin mit, um ihr potenzielle neue Kunden vorzustellen. Typisch Vitamin B, können böse Zungen jetzt behaupten. Im Fall von Jule Waibel ist es aber das Alleinstellungsmerkmal im Design, sie legt einfach alles in Falten: Messing, Holz, Kork, Plastik, Papier, Filz oder auch Seide. Zum einen um eine neue Art von Produktdesign zu schaffen, zum anderen, um uns Räumlichkeit zu verdeutlichen. Ein einfaches Stück Papier, platt, 2D, wird zu einem 3D-Objekt.
    Jule Waibel: "Räumliches Denken ist es. Das hat schon ein bisschen was mit Magie für mich zu tun."
    Die bei Jule Waibel nicht mit Matheformeln entsteht, sondern einfach in ihrem Kopf.