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Deutliche Stimme auch im Sturm

Technik. - Gerade in Katastrophensituationen müssen Rettungskräfte fehlerfrei kommunizieren können. Allerdings versagen herkömmliche Mikrofone von Funkgeräten bei Hintergrundlärm. Abhilfe schaffen jetzt neuartige Körperschallsensoren, die auf der Weltfeuerwehrmesse "" präsentiert werden.

Von Mirko Smiljanic | 06.06.2005
    Löscheinsatz im Gewerbegebiet Leipzig West: Aus den geborstenen Fenstern einer Lagerhalle für Schaumstoffe schlagen meterhohe Flammen. Ein Inferno aus Feuer, Rauch und Lärm: Sirenengeheul, auf Hochdruck laufende Pumpen, herabstürzende Stahlträger. Eine gefährliche Situation, auch deshalb, weil die Feuerwehrmänner nur über Funk miteinander kommunizieren. Normale Mikrophone versagen aber in dieser extrem lauten Umgebung. Die Akustikingenieure der Berliner Firma Holmberg schlagen deshalb als Lösung Körperschallsensoren vor.

    "Man legt einen Beschleunigungsaufnehmer zum Beispiel auf den Schädelknochen und beim Sprechen gerät der gesamte Kopf in Resonanz oder in Schwingung und man kann eben direkt über den Knochen, der vibriert, ein elektrisches Signal gewinnen, das dem Sprachinhalt entspricht."

    Eberhard Wolfram, Geschäftführer der Holmberg GmbH. Der Beschleunigungsaufnehmer oder Körperschallsensor hat einen Durchmesser von etwa zwei Zentimetern und wird im Feuerwehrhelm so angebracht, dass er auf den Schädel drückt. Dort registriert er die Vibration des Knochens, wandelt sie in elektrische Signale um, die wiederum über eine Antenne ausgestrahlt werden:

    "Dies ist ein Schädeldeckenmikrophon. Das Störgeräusch ist unverändert laut, die Verständlichkeit ist besser geworden."

    Erheblich besser sogar. Der Außenlärm dringt zwar in den Körper ein, wird dort aber vom Gewebewasser absorbiert. Genau das passiert mit der Stimme nicht, weil sie vom Kehlkopf direkt in den Kopf strahlt. Technisch wird die Verständlichkeit verbessert, indem der Sensor nur die wichtigsten Frequenzen der Stimme überträgt.

    "Aus dem Grund haben wir versucht, das Frequenzband so zu begrenzen, dass man zwar einerseits so schmalbandig wie möglich ist, dass heißt, so wenig Störungen wie möglich hat, auf der anderen Seite aber noch die Sprechererkennbarkeit gewährleistet hat, also noch irgendwelche spezifischen Stimmcharakteristika mit überträgt,... "

    ...damit der Feuerwehrmann weiß, wer mit ihm spricht. Das Kopfhaar spielt als potenzielle Dämpfung für die Übertragung übrigens keine Rolle. Einzige Bedingung: Der Körperschallsensor muss kontinuierlich Kontakt mit dem Schädel haben. Ein Millimeter Distanz zwischen Sensor und Kopf reicht und der Funkkontakt reißt ab.

    "Wir sind der Meinung, dass die Abnahme an der Fontanelle – also an der eigentlich weichsten Stelle des Kopfes – die beste Übertragungscharakteristik für uns bietet, oder aber wenn es denn ganz schwierig wird, kann man so etwas auch in Form von Kehlkopfabnahmen, weil dort die Pegel durch die Nähe der Stimmbänder zum Abnehmer noch höher sind, vornehmen."

    Was in der Praxis so klingt.

    "Jetzt hören wir ein Kehlkopfmikrophon. Der Umgebungslärm ist unverändert, die Sprachverständlichkeit deutlich besser."

    Zurzeit planen einige Feuerwehren den Einsatz erster Körperschallsensoren – trotz mancher Vorbehalte. Kehlkopfmikrophone beispielsweise geben Sprache zwar laut und deutlich wieder, übertragen aber weniger Frequenzen als Schädeldeckenmikrophone. Diese fehlenden Frequenzen muss ein Computer hinzu rechnen. So etwas braucht Zeit, Zeitverluste dürfen im Einsatz aber nicht auftreten. Die Warnung vor einem herabstürzenden Balken muss sofort ankommen – zwei Sekunden später kann es zu spät sein!