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Deutsch-ägyptisches Wissenschaftsjahr

Bildung wird immer mehr zur Ware, die weltweit angeboten und nachgefragt wird. Deshalb hat sich auch der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) entschieden, nach neuen Kunden für ein Studium in Deutschland zu suchen. So auch in Kairo bei den German Study Days.

Jürgen Stryjak | 15.03.2007
    Die Band Rissala spielt sich warm, im Hintergrund dröhnt ein Staubsauger, der Wasser aus der Technik saugt, denn es hat soeben in Strömen geregnet.
    Es regnet fast nie in Kairo, aber ausgerechnet heute. Deutsches Wetter gewissermaßen beim Deutschen Studieninformationstag. Ägyptische Abiturienten der drei wichtigsten deutschen Schulen im Land wollen einen ganzen Tag lang alles über die Studienmöglichkeiten in Deutschland erfahren, zum Beispiel über gesetzliche Regelungen und Stipendienprogramme. Vertreter deutscher Unternehmen in Ägypten geben ihnen Karrieretipps.
    Der Studieninformationstag findet im Rahmen des Deutsch-Ägyptischen Wissenschaftsjahres statt, ein ganzjähriges Mammutereignis mit über drei Dutzend Hauptveranstaltungen und insgesamt mehreren Tausend Teilnehmern, Ägyptern wie Deutschen.

    Den Beteiligten ist klar, dass von diesem Wissenschaftsjahr vor allem die ägyptische Seite profitieren wird. Kaum ein Akademiker im Land bestreitet, dass sich der Forschungsstandort Ägypten in einem bedauernswerten Zustand befindet. Geldmangel, Bürokratie und Korruption lähmen den Betrieb, für den es immer schwieriger wird, ausländischen Instituten ein ebenbürtiger Partner zu sein.
    So ist das Wissenschaftsjahr zuallererst eine Form der Entwicklungshilfe. Aber mit erfolgreicheren ägyptischen Wissenschaftlern können langfristig natürlich auch die Deutschen besser kooperieren. Deshalb sagt Christian Hülsthörster, der Leiter des Büros des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Kairo:

    "Der zweite Punkt ist - und ich glaube, der ist für uns wichtiger -, dass wir stärker versuchen können, bestimmte Schwerpunktfelder zu identifizieren – so genannte centres of excellence – auf denen wir in Zukunft auch stärker zusammenarbeiten wollen."
    Niemand erwarte, dass innerhalb dieses Jahres Projekte zum Abschluss kommen.
    "Jetzt können wir sagen: Okay, wir schauen mal. Im Rahmen des Wissenschaftsjahres gibt es eine Reihe von Projekten, die wir mal austesten. Und was sich davon irgendwie bewährt, also wo klar wird, dass da wirklich die Grundlagen für eine erfolgreiche Kooperation gegeben sind, das sollten unsere Schwerpunktfelder sein, die wir auch weiterhin unterstützen in der Zukunft."
    Für das Wissenschaftsjahr wurden Netzwerke in sechs Fachbereichen gebildet. Nebenher wollen die Deutschen auch ihr organisatorisches Know-how mit den Ägyptern teilen. Wie kommt man an welche europäischen Forschungsgelder ran? Wie beantragt man erfolgreich Fördermittel? In Ländern wie Deutschland wird mehr und mehr Forschung privat finanziert, bei der Fraunhofer-Gesellschaft etwa sind das inzwischen schon über 50 Prozent.
    "Und da wollen wir natürlich gucken, ob das ein Modell ist, von dem Ägypten im Grunde genommen tatsächlich auch profitieren kann, also wenn da deutsche Expertise einfach exportiert wird an dem Punkt."
    Beim Studieninformationstag steht der akademische Nachwuchs von den deutschen Schulen Kairos und Alexandria im Mittelpunkt.
    "Natürlich hat das Studium in Deutschland einen guten Ruf. Deutschland ist ja ein hochtechnisiertes Land. Und außerdem, finde ich auf persönlicher Ebene, viele möchten ja was Neues probieren, in einer anderen Kultur fünf Jahre lang leben und vieles Neue kennenlernen." "
    Die deutschen Hochschulen konkurrieren dabei mit jenen in Ägypten, in den USA und Kanada. Die Absolventen informieren sich gründlich.
    "Man schaut auf die Rankingliste weltweit, welche Uni die bessere ist, und man schaut auch auf die Entfernungen. Die USA und Kanada sind ja weiter entfernt von Ägypten als Deutschland."
    Längst nicht alle können sich jedoch ein Studium in Deutschland leisten.
    "Es sind nicht die meisten. Vielleicht 30 bis 40 Prozent von den Ägyptern an der Schule. Es kostet auch Geld, mehr Geld als in Ägypten. Man wohnt alleine, ohne Eltern."

    Dem deutschen Wissenschaftsbetrieb wird in Ägypten immer wieder vorgeworfen, doch eigentlich nur hochqualifizierten Nachwuchs abwerben zu wollen. Stichwort Brain Drain. Christian Hülsthörster protestiert.
    "Ganz im Gegenteil! Wir können, wenn wir uns unsere Datenbestände angucken, glaube ich, mit gutem Recht sagen, dass locker zwischen 90 und 95 Prozent aller Leute, die wir jemals gefördert haben, nach Ägypten zurückgekommen sind."
    Und der Rest, der in Deutschland bleibt?
    "Einige heiraten. Das passiert gelegentlich. Das kann man nicht verhindern."