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Deutsch in der Multi-Kulti-WG

Seit knapp fünf Monaten steht Anna Koptina aus Russland täglich in der Poliklinik der Universität Bonn in ihrem Labor und forscht. Außerhalb ihrer Arbeitszeit versucht Anna vor allem Land und Leute kennen zu lernen. Das klappt schon ziemlich gut.

Von Nina Treude | 03.12.2010
    "Es wird langsam leichter. Am Anfang hatte ich zum Beispiel sogar im Supermarkt Probleme. Man musste Obst extra wiegen und auf der Wage waren keine Bilder. Ich wollte Weintrauben kaufen und kannte das deutsche Wort dafür nicht. Also musste ich die Leute fragen. Aber es wird immer besser. Wörter, die man täglich benutzt kann man sich schneller merken."

    Anna Koptina aus Russland lebt seit diesem Sommer in Deutschland. Ein Jahr wird sie als Post-Doktorandin an der Uni Bonn verbringen. Langsam gewöhnt die DAAD-Stipendiatin sich an die fremde Kultur. Besonders die Sprache ist sehr schwierig für Anna. Vor Beginn des Wintersemesters hatte sie zwei Monate Intensivkurs und bemüht sich nun, ihre Deutschkenntnisse weiter zu verbessern. Immer öfter traut sie sich auch Deutsch zu sprechen, obwohl sie noch etwas unsicher ist.

    "Ich möchte gerne Deutsch studieren und auch Deutsch sprechen, das ist sehr interessant für mich, und ich mag die deutsche Sprache. Jetzt probiere ich mit meinen Freunden auf Deutsch zu sprechen, danach werde ich einen Online-Kurs nehmen und nächstes Semester einen normalen Deutschkurs machen."

    Die Uni Bonn bietet ausländischen Gaststudenten vielfältige Möglichkeiten, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Ohne sprachliche Vorkenntnisse ist aber schon der Anmeldevorgang ein erstes großes Hindernis. Auch Anna hat bei der Anmeldung zu ihrem Kurs einen Fehler gemacht und kann nun nicht mehr teilnehmen. Es gäbe noch Möglichkeiten einen anderen Kurs zu besuchen, aber Anna hat sich entschieden, einfach im Alltag mehr zu sprechen, statt stur Grammatik zu pauken. Das ist auch der Tipp von Martina Harms. Sie unterrichtet seit Jahren Deutsch als Fremdsprache an der Uni Bonn und weiß genau, welche Lernmethode die schnellsten Fortschritte bringt:

    "Raus auf die Straße, in die Mensa, mit Leuten reden, auch an den eigenen Sachen arbeiten. Nicht für einen arbeiten lassen, sondern miteinander arbeiten und dann einfach den Mut zu versuchen. Der Versuch wird immer besser, und dadurch lernt man auch. Hoffentlich trifft man auch Leute, die das schätzen und Spaß haben und sich daran freuen, wenn man Fortschritte macht."

    Gerade wenn die eigene Muttersprache sich sehr vom Deutschen unterscheidet, ist der Lernprozess besonders schwer. Davon kann auch Lena Mykhaylychenko ein Lied singen. Sie lernt bei Martina Harms Deutsch und kommt aus der Ukraine. Daher kann sie Annas Schwierigkeiten gut verstehen. Die Umstellung vom kyrillischen Alphabet auf das lateinische ist eine große Hürde:

    "Ich hatte ganz viele Schwierigkeiten. Klar, Artikel immer noch, ich vergesse sie zu sagen oder ich sage gar nichts, weil ich weiß nicht was da hinkommt und die Aussprache. Sonst ist es glaube ich nicht so schwer wie für Leute aus asiatischen Ländern."

    Anna lässt sich nicht entmutigen. Sie wohnt in einer multikulturellen Studenten-WG und versucht, mit ihren Mitbewohnern nur Deutsch zu sprechen:

    "Ich glaube, das ist perfekt. Wir haben Leute in unserer WG aus USA, aus China, aus Spanien und aus Deutschland. Ich finde das sehr schön."

    Besonders mit ihrer chinesischen Mitbewohnerin Shuni verbringt Anna viel Zeit. Shuni lernt schon seit zwei Jahren Deutsch und hilft Anna gerne dabei, sich an die neue Sprache zu gewöhnen. Oberstes Gebot in der internationalen WG: Kein Englisch!

    "Wir sprechen Deutsch. Weil alle hier möchten ihr Deutsch verbessern, und es ist eine gute Gelegenheit, wenn so viele Leute aus anderen Ländern zusammenleben. Wir finden es interessant, andere Kulturen kennen zu lernen."

    Anna und ihre Mitbewohner wollen so schnell wie möglich in Bonn heimisch werden. Trotzdem möchten alle aber auch ihre eigenen Kulturen in den WG-Alltag einbringen. Anna macht damit den Anfang. Sie hat für die ganze WG gekocht.

    "Das war typisch russisch. Das waren eine Suppe und ein typisch russischer Salat mit roten Beeten. Ich hoffe sie mögen es. Und nächstes Mal kocht vielleicht Shuni oder Kathi."