Freitag, 19. April 2024

Archiv


Deutsche Autobauer in Amerika auf der Überholspur

In Europa brechen den deutschen Autoherstellern die Absatzmärkte weg, doch die Verkaufszahlen in den USA und China können das wieder auffangen, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.

Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit Benjamin Hammer | 14.01.2013
    Benjamin Hammer: Es ist die erste wichtige Automesse des Jahres und sie findet im wichtigen Autoland USA statt. Die Detroit-Auto-Show hat heute begonnen. Und die deutschen Autohersteller geben sich selbstbewusst. Wenn man sich die Statistiken anschaut, dann muss man sagen, zurecht. Wir wollen jetzt genauer auf den deutschen Automarkt schauen, und das machen wir zusammen mit Ferdinand Dudenhöffer. Er ist Professor an der Universität Duisburg-Essen. Schönen guten Tag, Herr Dudenhöffer.

    Ferdinand Dudenhöffer: Schönen guten Tag!

    Hammer: Jetzt haben wir gerade ziemlich viele positive Zahlen gehört und sie kommen aus den USA. Wenn wir uns den Automarkt in Europa anschauen, dann zeigt sich aber ein anderes Bild. Da gab es im letzten Jahr ein Minus von rund acht Prozent, in manchen Ländern wie Spanien sogar 20 Prozent. Sind die USA für die deutschen Autohersteller so etwas wie die Rettung?

    Dudenhöffer: Es ist ein Hoffnungsmarkt, USA im Jahr 2013, denn Europa wird noch stärker in die Krise gehen. Wir haben eine tiefe Rezession gerade in Südeuropa, die Schuldenkrise ist der Auslöser, und die USA hilft das, was in Europa jetzt in diesem Jahr wieder wegfällt, zusätzlich wegfällt, gut 500.000 Fahrzeuge, aufzufangen. Plus es gibt ja noch China, und China wächst noch stärker als die USA. Also die Deutschen haben Ausgleich für schlechtes Europa.

    Hammer: Auf China schauen wir gleich noch mal gesondert. Jetzt noch mal kurz in die USA blickend. Warum ist das so? Warum gibt es im Moment so eine große Disparität zwischen den Märkten USA und Europa?

    Dudenhöffer: USA war so um das Jahr 2009, also nach der Finanzkrise, richtig tief in den Keller gefahren, bei so etwa zehn Millionen Fahrzeuge, zehneinhalb Millionen Fahrzeuge. Und der Normalmarkt, der liegt zwischen 15 und 16 Millionen. USA bewegt sich seit einigen Jahren sehr systematisch auf diesen Normalmarkt wieder zu. Das Wirtschaftswachstum ist vernünftig in den USA. Vernünftiges Wirtschaftswachstum heißt, die Leute kaufen auch Fahrzeuge. Deshalb erwarten wir, dass in diesem Jahr auch die Autoverkäufe in die USA weiter steigen, auf etwa 15,2 Millionen Fahrzeuge. Und das hilft natürlich den deutschen Autobauern.

    Hammer: Gute Autos, die gibt es ja jetzt auch aus anderen Ländern. Warum sind die deutschen spezifisch spitze?

    Dudenhöffer: Bei den deutschen kommt zum einen hinzu, dass man diese SUVs, die die Amerikaner so lieben, rechtzeitig aufgelegt hat, rechtzeitig gebaut hat, in den Markt gegeben hat. Zum anderen kommt bei den deutschen dazu, dass in Amerika das Premium-Segment, und die deutschen, die stehen an der Spitze des Premium-Segmentes weltweit. Es sind die größten Verkaufszahlen, die die deutschen Premium-Hersteller haben, auch deshalb, weil dieses "German Engineering" in Amerika sehr, sehr beliebt ist.

    Hammer: Schauen wir noch nach China. Jetzt hat auch VW neue Rekordzahlen bekannt gegeben: Im letzten Jahr wurden dort fast drei Millionen Autos verkauft - plus 25 Prozent. Wie nachhaltig sind denn solche Zahlen? Besteht da nicht die Gefahr, dass man sich an so einen Ausnahmezustand gewöhnt?

    Dudenhöffer: Bei China, glaube ich, nein. Bei China werden wir noch einige Jahre hohes Wachstum erwarten können. Der chinesische Markt, wenn wir nur die PKW jetzt uns anschauen, der bewegt sich so bei 13 Millionen und Platz ist für mindestens 30 Millionen pro Jahr. Das Land ist unendlich groß, 1,3 Milliarden Einwohner. Und wenn Sie es jetzt vergleichen mit USA, 350 Millionen Einwohner, 350 Millionen Einwohner kaufen knapp 15 Millionen Fahrzeuge nach, also hat man in etwa ein Maß, ein Gefühl, wohin China sich entwickeln kann, wenn das Wirtschaftswachstum in China weitergeht wie bisher. Und davon gehen alle aus.

    Hammer: Jetzt kann man ja nur erahnen, Herr Dudenhöffer, wie weh die bisherigen Meldungen und das, worüber wir gesprochen haben, Mitarbeitern von Opel tun, denn die haben keine Rekordzahlen zu vermelden und die dürfen auch kaum verkaufen in den USA, in China, weil der Mutterkonzern GM da bremst. Wenn das so weitergeht, ist das der Sargnagel für Opel?

    Dudenhöffer: Es ist sehr wichtig, dass die Marke Opel globalisiert wird und dass man nicht in Europa sitzen bleibt. Es ist die Zeit vorbei dieser regionalen Marken, die in Teilmärkten gut unterwegs waren. Opel muss also internationaler werden. Das ist auch eine Aufgabe, der sich das Management widmen will. Und es muss zusätzlich versuchen, zwei Dinge gleichzeitig zu machen: auf der einen Seite in die Märkte weltweit zu gehen, mit überschaubaren finanziellen Mitteln, die man hat. Und auf der anderen Seite zu versuchen, die großen Probleme, die man hat, die großen Verluste, die man hat, durch die Schuldenkrise in Europa, durch das Wegbrechen der Märkte in Südeuropa, einigermaßen auffangen zu können. Kapazitäten abbauen, Fabriken schließen, weniger Mitarbeiter und gleichzeitig in die Weltmärkte gehen, das ist der große Spagat, den Opel braucht.

    Hammer: Und wir werden weiter beobachten, ob und wie das gelingt. Die deutschen Autobauer können sich auf fernen Märkten freuen, in Europa dümpelt das Geschäft aber noch immer. Das war Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Besten Dank!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.