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Deutsche Diesel in Osteuropa
Exportierte schlechte Luft

Der Diesel ist in Verruf geraten seit die Abgasmanipulationen von Volkswagen bekannt wurden: Händler bleiben immer öfter auf Autos mit Dieselmotor sitzen. Ein Ausweg: Der Verkauf nach Osteuropa. Denn dort gelten zum Teil andere Abgasstandards.

Von Florian Kellermann | 18.09.2018
    Mehrere Autos stehen auf einem Parkplatz
    Exportierte schlechte Luft - deutsche Diesel in Osteuropa (Deutschlandradio / Florian Kellermann)
    Wer in Kiew günstig ein Auto kaufen möchte, der kommt am Wochenende an den Stadtrand ganz im Süden. Dort, auf einem großen freien Feld, bieten Privatleute und Händler ihre Ware an. Einer hat einen Zettel hinter die Windschutzscheibe gelegt, auf dem ganz groß "Diesel" steht:
    "Für uns in der Ukraine sind Diesel viel besser. Die Autos kosten zwar mehr als Benziner, wenn man Wagen mit einem ähnlichen Hubraum vergleicht. Aber dafür sind sie auch viel besser. Sie halten länger, und sie verbrauchen weniger Treibstoff. Wenn ein Dieselmotor sieben Liter auf 100 Kilometer verbraucht, dann ein Benziner mit ähnlicher Motorleistung zwölf Liter."
    Hauptabnehmer Ukraine
    Auch VW-Transporter hat der Händler im Angebot. Sie sehen aus wie neu, obwohl sie schon 200.000 Kilometer und mehr gefahren sind. Werkstätten in der Ukraine erneuern nicht nur den Lack, sondern auch die komplette Innenausstattung, Polsterbezüge und Wandverkleidungen.
    Die Ukraine ist eines der Hauptabnehmerländer von gebrauchten Dieselfahrzeugen aus Deutschland. 15.600 importierte das Land im vergangenen Jahr nach der offiziellen Statistik, ein Plus von 136 Prozent. Und das sei erst der Anfang, meint ein anderer Händler auf dem Gebrauchtwagenmarkt:
    "Bei euch werden sie als Problem angesehen, aber bei uns nicht. Wenn es in Deutschland noch mehr Fahrverbote gibt, dann werden die Dieselautos irgendwann alle bei uns landen."
    Steigende Luftverschmutzung
    Sehr zum Leidwesen von Ruslan Gawriljuk, Mitarbeiter des Nationalen Ökologischen Zentrums:
    "Die Luft in Kiew ist sehr schlecht - und das vor allem wegen des Autoverkehrs. Dabei wissen wir gar nicht, wie schlecht sie ist, denn es gibt in dieser Vier-Millionen-Stadt gerade einmal zehn Messstationen, die zudem nur wenige Parameter erfassen. Aber selbst an diesen wenigen Stationen lässt sich zeigen, dass die Luft ständig schlechter wird."
    Auf dem Papier seien die ukrainischen Importvorschriften eigentlich akzeptabel, meint Ruslan Gawriljuk. Nur Autos, die acht Jahre alt oder jünger seien, dürften eingeführt werden. Sie entsprächen also gewissen Abgasstandards. Tatsächlich aber umgehen viele Ukrainer diese Vorschrift: Sie lassen ihre Autos in Nachbarländern zu, in Litauen oder Polen. Deshalb sind die Importe tatsächlich auch viel höher, als es die Statistik ausweist. Und wie sehen die Ukrainer die Gefahren, die besonders von Dieselmotoren ausgehen? Ruslan Gawriljuk:
    "Wir haben von der Diskussion in Deutschland gehört, aber das klingt für uns noch sehr fern. Die Menschen in der Ukraine sind arm. Ob sie mit Benzin oder mit Diesel fahren, interessiert sie nicht, auch nicht, ob der Motor der Euro 5-Norm entspricht oder Euro 2."