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Deutsche Hilfe für umstrittenen Ölsandabbau in Kanada

In der westkanadischen Provinz Alberta lagern die größten Ölsandvorkommen der Welt. Doch die Ausbeutung dieser Energiequelle gilt als besonders dreckig und landschaftszerstörend. Damit das anders wird, kooperiert die University of Alberta jetzt mit der größten deutschen Wissenschaftsgesellschaft - der Helmholtz-Alberta-Initiative.

Von Silke Hasselmann | 02.03.2012
    In Saudi-Arabiens Boden lagern die größten Erdölvorkommen der Welt. Deutlich weniger bekannt ist, was es mit Ölsänden auf sich hat. Doch Franz Ossing vom Potsdamer Geoforschungszentrum kann helfen:

    "Die Ölsande sind das zweitgrößte Ölvorkommen überhaupt auf dem Globus, also mehr Öl als insgesamt in Saudi-Arabien liegt, und da überlegt man, ob man diese Ressource einfach so liegen lässt oder ob man diese nicht doch nutzt."

    'Wir nutzen sie lieber!' sagen sie sich in der kanadischen Provinz Alberta. Dass die Menschheit weiß, wie sie den Teer aus dem Schiefer pressen und daraus Öl gewinnen kann, ist wiederum der Universität von Alberta mit Sitz in Edmonton zu verdanken, wo man dieses Verfahren und weitere kommerziell erfolgreiche Ölpatente erfunden hat. Aber:

    "Wir wissen alle, dass das nicht besonders umweltfreundlich ist, wie das dort im Moment abläuft, und wollen wir gucken, ob da nicht etwas verbessern kann."

    Dafür ist die Helmholtz-Alberta-Initiative jedenfalls gedacht, denn die Kritik an dieser besonders dreckigen Art der Energiegewinnung ist in Kanada, aber auch in den benachbarten USA groß - sehr zum Kummer von Indira Samarasereka, der Präsidentin der University of Alberta- Leider würden Umweltaktivisten eine Menge Falschinformationen streuen.

    "So behaupten sie, dass eine Fläche so groß wie Florida nun wie eine Mondlandschaft aussehe. Stimmt nicht: Nur 0,7Prozent der Provinz Alberta ist von den Bergbauarbeiten betroffen. Wenn Sie über dieses Gebiet fliegen, können Sie es kaum sehen: So wenig macht diese Fläche im Vergleich zu unserem Nadelwald aus."

    Doch damit wische sie nicht gleich jedwede Kritik vom Tisch, setzt die Maschinenbauprofessorin eilig hinzu:

    "Erstens müssen wir den Ausstoß von Kohlendioxid bei allen Energiequellen senken und zweitens müssen wir uns um den extremen Wasserverbrauch kümmern."

    Hier nun kommt die Helmholtz-Gesellschaft mit einigen ihrer Forschungszentren ins Spiel. Das Karlsruher Institut für Technik zum Beispiel forscht daran, wie man aus fossilen Rohstoffen so viel Energie so effizient wie möglich gewinnt. Am Forschungszentrum Jülich kümmern sie sich um die CO2-Abscheidung im Laufe von Verbrennungsprozessen. Äußerst gefragt ist die Expertise des Geoforschungszentrums Potsdam. Das will die Besonderheiten der Alberta'schen Erdschichten und Tektonik studieren, es geht es um die Speicherung von Kohlendioxid und schließlich um vor allem die Nutzung von Erdwärme. Das Bitumen kann man nämlich nur mit sehr viel heißem Wasser aus dem Schiefer pressen, und in Alberta wird das Wasser bislang durch das Verfeuern von Kohle erwärmt, was wiederum viel CO2 freisetzt. Die Potsdamer hingegen sind Weltspitze bei emissionsarmen geo-thermischen Verfahren. Schließlich stehen sie in Alberta auch vor der Frage: was tun mit der aufgerissenen, verwundeten Landschaft, wenn die Bagger dereinst davongezogen sind?

    "Deutschland hat eine ausgewiesene Expertise in der Rekultivierung von Bergbau-Folgelandschaften. Durch die großen Braunkohle-Tagebaue im Jülicher Revier und in Ostdeutschland haben wir ziemlich viel Wissen beizusteuern, und das versuchen wir einzubringen."

    Doch sollten deutsche Wissenschaftler überhaupt dabei helfen, das zu Recht schlechte Image des Ölsandabbaus aufzupolieren? Umgerechnet 25 Millionen Dollar aus deutschen Steuermitteln stehen für die Helmholtz-Alberta-Initiative bereit - ebenso viel steuert die University of Alberta bei. Vor jeder Entscheidung darüber, ob und wem sie eine Kooperation eingehen, prüfe eine unabhängige Expertengruppe " Projekt für Projekt, ob es ethisch vertretbar ist", sagt der Präsident der Helmholtz-Gesellschaft, Prof. Jürgen Mlynek.

    "Und erst wenn das positiv entschieden ist, packen wir das Projekt an, weil wir zu Recht von denjenigen, die uns in Deutschland Forschungsgelder geben, gefragt werden und wir antworten müssen: Wie gehen wir - auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten - mit dem Thema Umweltverträglichkeit um?"

    Keine Bedenken gab es denn auch bei dem Projekt des Umweltforschungszentrums Halle-Leipzig, das sich mit der umweltgerechten Aufbereitung der enormen und teils verseuchten Abwassermengen befasst.

    "Deutschland sollte stolz auf seine Helmholtz-Gesellschaft sein."

    Findet Albertas Universitätspräsidentin Indira Samarasereka.

    "Denn die hilft unserem kleinen Drei-Millionen-Volk in Alberta mit ihrem Wissen, die Umweltschäden zu verringern, die bei dieser Art der Energiegewinnung entstehen."