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Deutsche Hilfe im Kampf gegen die Kreditklemme

Weil die Banken keine Kredite mehr vergeben, können spanische Kleinunternehmen nicht mehr investieren und die Wirtschaft kommt nicht aus der Krise. Jetzt soll Hilfe aus Deutschland kommen: Die staatliche Förderbank KfW soll ihrem spanischen Pendant rund eine Milliarde Euro überweisen.

Von Hans-Günter Kellner | 05.06.2013
    Der Paseo de la Independencia ist Saragossas Flaniermeile. Unter den Arkaden entlang der breiten Gehwege werden Spaziergänger auch bei Regen nicht nass, bei schönem Wetter laden Straßencafés zu einer Pause ein. Kleine Kästen an den Säulen informieren über das Kulturprogramm oder Angebote der Läden. Die Schaukästen gehören Ana Sa, die ihre kleine Werbeagentur direkt am Paseo betreibt:

    "Ich will aus den 125 Schaukästen an der Flaniermeile digitale Werbeflächen machen. Auch wenn meine Einnahmen eingebrochen sind, ich muss ich doch weiter investieren. Doch mit der Krise kann ich eine solche Investition nicht ohne einen Kredit finanzieren. Wir, die kleinen Unternehmer, bekommen einfach keine Unterstützung."

    Denn die Banken leihen Kleinunternehmern wie Ana Sa kein Geld mehr oder verlangen horrende Zinsen von über zehn Prozent. Dabei sind diese Betriebe für Spaniens Wirtschaft und Arbeitsmarkt von grundlegender Bedeutung: Mehr als 90 Prozent der spanischen Unternehmen zählen zu den kleinen und mittelständischen Betrieben, bei ihnen arbeiten mehr als 60 Prozent der abhängig Beschäftigten.

    "Ich habe hier noch fünf Angestellte. Wir haben von zehn auf fünf reduziert, aber auch um diese Fünf zu behalten, spare ich, wo es nur geht. Ich habe immer meine Schulden bezahlt und bekomme jetzt trotzdem keinen Kredit. Ich fühle mich wie in einer Falle. Ich bin müde, sie haben mir die Freude genommen. Keiner verkauft was, die Hälfte der Werbeagenturen hat inzwischen aufgegeben.

    Anna Sa zeichnet ein desaströses Bild der wirtschaftlichen Lage Spaniens. Entweder sind die Menschen arbeitslos oder aber verdienen immer weniger. Darum konsumieren sie nichts. Darunter leidet der Einzelhandel. Wie stark, zeigt sich auch in den Läden auf der Flaniermeile Saragossas. Die Flaute führt zu weiteren Entlassungen, der Inlandskonsum sinkt weiter. Dieser Teufelskreislauf ist auch eine Folge der Kreditklemme, die der Europäischen Zentralbank zufolge in Spanien sogar noch deutlich ausgeprägter ist als in Portugal oder Italien. Carlos Ruíz, Sprecher des Verbands der kleinen und mittelständischen Betriebe, begrüßt darum die geplante Unterstützung aus Deutschland für spanische Unternehmen:

    "Alle Lösungsansätze sind willkommen. Unsere staatliche ICO-Bank hat in den letzten Jahren gut gearbeitet. Sie hat ihr Kreditvolumen bei den kleinen und mittelständischen Betrieben verfünffacht. Allerdings hat die ICO-Bank keine Bankschalter. Sie vergibt Kredite über die bestehenden Banken. Wir stoßen also auch hier wieder auf diesen Flaschenhals, die Banken. Die müssen sich gerade ganz neu strukturieren und haben somit weniger Mittel für die Unternehmen."

    Finanzexperten sehen noch einen weiteren Grund für die Kreditklemme. Spaniens Banken bekommen zwar günstig Geld über die EZB. Aber sie kauften damit lieber spanische Staatsanleihen als die heimische Wirtschaft zu finanzieren. Es gebe keine Nachfrage nach Krediten, begründen die Banken ihr Verhalten. Die Unternehmensverbände machen hingegen die hohen Auflagen der Banken für die Kreditklemme verantwortlich. Damit würden sogar Unternehmen in den Ruin getrieben, die gar keine Verluste machten, sagt Verbandssprecher Ruiz:

    "Viele Unternehmen sind rentabel, ohne jeden Zweifel. aber sie müssen Investitionen aus anderen Jahren refinanzieren und haben jetzt große Probleme, ihre Kredite zu erneuern. Sie brauchen also neue Finanzquellen oder haben Eigenmittel. Aber angesichts der Ebbe im Inlandskonsum können die Unternehmen sich nicht aus eigener Kraft refinanzieren."

    Werbemanagerin Ana Sa ist überzeugt, dass es in Saragossa vielen Leuten wieder besser ginge, würden die Banken nur wieder Kredite vergeben. Sie könnte investieren, könnte sich vielleicht wieder einen Kaffee leisten, die Besitzerin der Cafeteria könnte wieder öfter zum Friseur gehen, "das Rad würde sich wieder drehen", formuliert Ana Sa. Dass Spanien aber tatsächlich bald wieder in Schwung kommt, daran glaubt sie nicht:

    "Wir haben nur noch Sorgen, wissen nicht, wie wir es bis zum Monatsende schaffen sollen. Es ist für alle hart: für die, die arbeitslos sind. Und andere haben Arbeit, bekommen aber seit Monaten kein Gehalt und halten still. Ich verstehe meine Kunden schon, wenn sie jetzt kein Geld für Werbung haben. Wenn wir wenigsten wüssten, dass wir noch ein paar harte Monate vor uns haben und dann wird es besser. Wenn wir einen Kompass hätten und wüssten, wohin wir steuern. Aber wir steuern hier durch ein Unwetter, und niemand weiß, wie lange das noch dauert. Das ist, als hätten wir einen Rucksack voller schwerer Steine auf dem Rücken."