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Deutsche Hochschulen auf dem Weg nach Europa

Vor zehn Jahre träumten Europas Bildungspolitiker von einem einheitlichen europäischen Hochschulraum. Im italienischen Bologna brachten sie das tiefgreifende Bildungsreformwerk auf den Weg. Im belgischen Leuven findet nun die fünfte Bologna-Nachfolgekonferenz statt - zur Überprüfung der vereinbarten Ziele.

Von Armin Himmelrath | 27.04.2009
    "Geboren in Rotterdam, Studien in Paris, Doktor-Degree in Turin, Lecturer in Cambridge, Forscher in Freiburg und der Ruhestand in Basel."
    Der Modell-Lebenslauf eines modernen Akademikers in Zeiten der Globalisierung?

    "Das war ein Leben zwischen 1466 und 1536, und letztlich muss so etwas im 21. Jahrhundert wieder möglich sein in Europa."
    Erasmus von Rotterdam. Nicht nur für Bundesbildungsministerin Annette Schavan ist der Lebenslauf des Humanisten und bedeutenden Gelehrten ein leuchtendes Vorbild. Zehn Jahre ist es her, da hatten Europas Bildungspolitiker eine Vision. Sie träumten von einem einheitlichen europäischen Hochschulraum, in dem es für Studierende, Forscher und Professoren keine Grenzen mehr gibt. In einer der ältesten Universitätsstädte des Kontinents, im italienischen Bologna, brachten sie das große Reformwerk auf den Weg.

    "Natürlich ist der Bologna-Prozess, steht der Name für eine große, internationale Bewegung. Das ist so etwas wie Globalisierung in der Wissenschaftslandschaft."
    Studenten und junge Forscher sollen also im grenzenlosen europäischen Hochschulraum frei umherziehen und arbeiten können. So haben es die Bildungsminister vor zehn Jahren verabredet, so sollte es eigentlich bis 2010 Wirklichkeit werden. Alle zwei Jahre treffen sich die Minister, um die Fortschritte ihrer Bemühungen zu überprüfen. Ab morgen findet die nächste dieser Minister-Konferenzen im belgischen Leuven statt. 46 Staaten haben den Bologna-Prozess mittlerweile als Leitbild akzeptiert, doch an den Zieltermin 2010 glaubt eigentlich niemand mehr. Denn die Hochschulen sind in vielen Ländern zur Reform-Dauer-Baustelle geworden. Auch in Deutschland, wo zwar die Umstellung auf das international übliche, gestufte Studiensystem mit den Abschlüssen Bachelor und Master flächendeckend umgesetzt wurde. Doch zusätzliches Geld von Seiten der Bundes- und Landesministerien gab es dafür nicht. Das sei ein großes Problem, sagt Margret Wintermantel, die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, HRK.

    "Das eine sind Sonntagsreden, und das andere ist dann die Realität, wenn wie wir jetzt wieder sehen, etwa mit dem Hochschulpakt oder mit der Fortführung der Exzellenzinitiative doch große Schwierigkeiten haben, dass die Länder sich einigen. Es müssten einfach da auch Taten folgen."
    So aber bleiben die Hochschulen vor allem auf sich selbst gestellt. Dabei ist der Bologna-Prozess mit der Umstellung auf Bachelor und Master und mit der Neuausrichtung auf Kompetenzen statt auf reine Wissensvermittlung eine riesige Herausforderung, sagt die HRK-Chefin.

    "Diese Bologna-Reform ist eine grundständige Veränderung des gesamten Studiensystems. Etwa in Deutschland viel stärker als in Großbritannien, wo man gar nicht so viel ändern musste. Die deutschen Hochschulen haben diese Veränderungen vorgenommen. Dort, wo sie gesehen haben, dass tatsächlich eine völlige Veränderung, also nicht nur einfach neue Schilder aufgestellt werden, sondern wirklich das Studienprogramm verändert wird, ein Programm, was tatsächlich das eigenständige Lernen fördern soll - und dieses macht erforderlich, dass man kleinere Lerngruppen bildet, dass man die Studierenden in einen wissenschaftlichen Dialog bringt, dass man eben andere Kontexte fürs Lernen gestaltet, die natürlich auch wieder Geld kosten, insbesondere mehr Personal erforderlich machen."
    Mehr Personal aber muss bezahlt werden. Und schon stoßen die Hochschulen wieder an ihre finanziellen Grenzen. Weil die aktuellen Reformen von der Bildungspolitik zwar massiv gefordert, aber finanziell nicht gefördert werden, komme es eben immer wieder zu Problemen mit dem Bologna-Prozess, sagt Margret Wintermantel.

    "Eines der Ziele ist ja nun die berühmte Mobilität, und wir sehen, dass die Mobilität eben nicht gestiegen ist. Dazu müssen wir eben nochmals Maßnahmen treffen. Wir müssen Mobilitätsfenster einrichten, wir müssen sehen, dass es Verträge gibt, Kooperationen zwischen in- und ausländischen Hochschulen, um diese Mobilität wirklich zu ermöglichen."
    Dass die studentische Mobilität im europäischen Hochschulraum noch sehr verbessert werden muss, bestätigt auch Stefan Hormuth vom Deutschen Akademischen Austauschdienst.

    "Die Mobilität der Studierenden ist ja eines der großen Ausgangspunkte des Bologna-Prozesses in den frühen Tagen gewesen, 1999, ist dann ein bisschen in den Hintergrund getreten in der Tat, um nationale Hochschulreformen durchzuführen. Ist jetzt aber, insbesondere seit dem letzten Treffen der Minister in London 2007, wieder stark in den Focus gerückt. Also die Frage: Erleichtert Bologna tatsächlich die Mobilität? Und schafft sie einen europäischen Hochschulraum mit einer grenzenlosen Mobilität?"
    Hormuths Antwort ist eindeutig: Nein, die studentische Mobilität ist noch lange nicht grenzenlos. Im Gegenteil: Der Bologna-Prozess erweist sich als Bremse. Zumindest noch zurzeit:

    "Unsere Untersuchungen zeigen eigentlich, dass in der Tat hier und da zu beobachten ist, dass Mobilität tatsächlich stagniert. Aber wir sind optimistisch, und das zeigen auch Gespräche mit den Hochschulen und auch mit anderen Ländern im Übrigen, dass die Mobilität mittelfristig und langfristig wieder steigen wird."
    Auch Imke Buss, Studentenvertreterin und bis vor kurzem im Vorstand des studentischen Dachverbands freier Zusammenschluss von Studentenschaften - fzs - aktiv, bemängelt, dass das Mobilitätsversprechen der Bildungsminister noch längst nicht eingelöst wurde.

    "Die Mobilität ist einfacher geworden in manchen Teilen, aber durch die stärkere Strukturierung in manchen Studiengängen auch schwieriger. Ein Grund ist sicherlich auch, dass die Gesellschaft allgemein denkt und sagt, dass man eben sehr, sehr schnell fertig sein muss und dass die Befürchtungen da sind, dass man mit einem Auslandsaufenthalt eine Verlängerung, eine Verzögerung des Studiums hat, weil eben die Anerkennung nicht gut funktioniert. Und natürlich dadurch, dass die Verschulung extrem greift in manchen Studiengängen und natürlich auch Exmatrikulationsregeln nach bestimmten Zeiten sehr, sehr stark eingeführt wurden."
    Eine stärkere Verschulung der Studiengänge, mehr Leistungsdruck und ein voll gepackter Lehrplan - diese Ursachen macht auf Stefan Hormuth dafür verantwortlich, dass die Studenten immer seltener Lust auf ein Auslandssemester haben.

    "Die Probleme liegen vor allem bei den dreijährige Bachelor-Kursen, die sehr kompakt sind und wenig Spielraum geben für Mobilität im Moment. Aber die Hochschulen arbeiten daran, Mobilitätsfenster einzubauen, Strukturen flexibler zu gestalten, und deswegen glauben wir, dass das Ziel, einen grenzenlosen Hochschulraum zu schaffen, auch erreicht wird."
    So weit ist es bisher aber noch nicht. Stattdessen berichten Studenten, dass die sechs Semester bis zum Bachelor-Abschluss so vollgepackt sind, dass sie keinen Auslandsaufenthalt mehr einschieben können, ohne damit den ordnungsgemäßen Verlauf ihres Studiums zu gefährden. Denn die Seminare und Prüfungen bauen aufeinander auf - und wer da ein Semester lang nicht mitzieht, verliert nicht selten den Anschluss.
    Handelt es sich also nur um Kinderkrankheiten eines neuen akademischen Ausbildungssystems? Hans-Uwe Erichsen war von 1990 bis 1997 der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. In dieser Zeit hat er die deutschen Unis und Fachhochschulen auf den Weg nach Europa gebracht. So gehörte er zu den Gründern der European University Association, also des europäischen Hochschul-Dachverbands. Diese europäische Perspektive, sagt Hans-Uwe Erichsen, sei damals dringend nötig gewesen, um die deutschen Hochschulen aus ihren verkrusteten Strukturen zu reißen.

    "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Einführung des gestuften Studiensystems ein Fortschritt gewesen ist, weil wir ja 50 Jahre vorher Studienreformen gemacht hatten und nichts erreicht hatten, während jetzt mit dieser möglicherweise Brachialmethode manches in Bewegung gekommen ist, wenn auch vieles, jedenfalls aus meiner Sicht, ganz unverdaut, weil - das galt damals mehr für die Universitäten als für die Fachhochschulen, die darin natürlich eine Chance sahen."
    Die Universitäten also als Bremser, die Fachhochschulen dagegen als reformfreudige Erneuerer? Die aktuelle HRK-Vorsitzende Margret Wintermantel schüttelt den Kopf. Die Veränderung zum Besseren, sagt sie, wollen ausnahmslos alle Hochschulen.

    "Das Interesse daran, moderne Studienangebote zu machen, hervorragende Forschung zu machen, den Studierenden gute Lernbedingungen zu bieten, das Zulassungssystem in Ordnung zu bringen - alles das sind gemeinsame Ziele der Hochschulen, die unabhängig jetzt von der Profilierung angezielt werden müssen."

    Hans-Uwe Erichsen sieht das anders. Bis heute, kritisiert der Jura-Professor aus Münster, werde an vielen Universitäten in Deutschland der europäische Reformprozess nicht ernst genug genommen.

    "Die Universitäten wollten eigentlich nur die Etiketten wechseln und was bisher Vordiplom war, sollte dann Bachelor werden und Diplom wurde dann Master. Und ich hab doch immer darum gekämpft, dass das so nicht sein kann."
    Eine reine Um-Etikettierung ist natürlich viel schneller umzusetzen als eine durchdachte Reform von Lehrinhalten und Lehrstrukturen. Denn dafür müssen sinnvolle Lerneinheiten entwickelt und überfrachtete Lehrpläne entrümpelt werden, und die angestrebte Kompetenz-Vermittlung erfordert obendrein die Entwicklung neuer didaktischer Grundlagen. Ein mühsamer Prozess, dem sich viele Fachbereiche an den Unis erst mit Verzögerung stellten.

    "Unsere ganze Malaise mit diesem Bachelor kommt heute daher, dass die Universitäten das nicht als curriculare Herausforderung begriffen haben, sondern dass sie das, was sie vorher gemacht haben, jetzt etwas gepresst haben und nach dem Motto: Na ja, dann schaffen wir's halt in der Hälfte der Zeit - was natürlich Unfug war und auch nicht zu schaffen ist."
    Die Folge der universitären Reform-Unlust: Bachelor-Studenten und -Absolventen klagen über enormen Leistungsdruck im Studium und über mangelnde Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt, über fehlende Betreuung und chaotische Studienorganisation. Kritikpunkte, die auch Margret Wintermantel nachvollziehen kann, insbesondere im Hinblick auf die versprochene bessere Betreuung der Nachwuchs-Akademiker während ihres Studiums.

    "In dem Maße, in dem man die Erfordernisse der Bologna-Reform im Hinblick auf diesen wirklich verbesserten Lernkontext nicht erkannt hat, in dem Maße muss man sich auch nicht wundern, dass es eben Probleme gibt in der Umstellung der Studienprogramme. Und das find ich einfach bedauerlich, dass die Kritik, die man an der Bologna-Reform führt, eigentlich gar nicht die Ziele betrifft, sondern die an manchen Stellen schwierige Umsetzung."

    "Die ganzen Diskussionen, die gegenwärtig immer noch laufen über die Frage, ob das eigentlich eine geglückte Reform war, die beruhen meines Erachtens weitgehend darauf, dass vieles schief gelaufen ist, weil Universitäten sich dieser Herausforderung einer neuen, curricularen Gestaltung, einer neuen Definition der Betreuungsverhältnisse nicht gestellt haben - vielleicht auch teilweise aus finanziellen Gründen nicht könnten, aber da bin ich eher skeptisch. Sie wollten einfach nicht, weil das ganz was Neues war und man da der Meinung war, na ja, Studienreform ist etwas, das kommt und geht und das lassen wir mal so laufen."
    Doch Hans-Uwe Erichsen ist sich mittlerweile sicher: Die Zeit der Reform-Verweigerer geht zehn Jahre nach Beginn des Bologna-Prozesses endgültig zu Ende.

    "Ich bin der Meinung, der Point of no Return ist passiert, und es gibt kein Zurück mehr. Und das heißt nicht, dass man doch erheblich und nachhaltig daran arbeiten muss, die Dinge so zu gestalten, wie das eigentlich ursprünglich beabsichtigt war."
    Zu diesen verbesserungsbedürftigen Feldern gehört unter anderem die Akzeptanz von Bachelor- und Master-Abschlüssen auf dem Arbeitsmarkt. Hier gibt es bei deutlich mehr als der Hälfte aller Personalverantwortlichen noch Vorbehalte gegenüber dem neuen Studiensystem, das ergab gerade erst eine neue Studie der Fachhochschule Düsseldorf. Und auch beim Wechsel ins Ausland, sagt Hans-Uwe Erichsen, müsse sich jeder Student auf eine genaue Prüfung seines Hochschul-Examens gefasst machen. Wer jungen Leuten zunächst die problemlose internationale Anerkennung ihres Abschlusses verspreche und dann genüsslich auf die tatsächlichen Schwierigkeiten in der Praxis verweise, verfolge wohl eher das Ziel, den Bologna-Prozess insgesamt zu torpedieren.

    "Dieser Hinweis, dass der deutsche Bachelor etwa in Großbritannien nicht anerkannt wird, ist ja Unfug insofern, als auch der Bachelor, der in Großbritannien erworben wurde, nicht dazu berechtigt, gleich in einen Master-Kurs hineinzugehen. Sie müssen sich ja einer Überprüfung stellen, nicht wahr. Also, insofern - das ist gar nicht anders für die Engländer als für die Deutschen. Insofern ist das, was hier dann häufig insbesondere auch in der FAZ steht, na ja, so ein ... na ja, ich hoffe, ein Abschlussgefecht derjenigen, die dagegen sind."
    Auch HRK-Präsidentin Margret Wintermantel sagt: Der Bologna-Prozess kann nicht mehr umgekehrt werden, der Ruf nach einer Wiedereinführung von Diplom- und Magisterabschlüssen sei zwecklos. Zwar habe die Reform in Deutschland etwas länger gedauert, sie sei von den Hochschulen insgesamt aber doch sinnvoll und konsequent umgesetzt worden. Auch, wenn es noch Fächer wie Medizin, Jura oder die Lehrerausbildung gibt, in der Bachelor und Master noch längst nicht flächendeckend angekommen sind.

    "Mein Eindruck ist, dass wir in den deutschen Hochschulen eine enorme Dynamik haben in den letzten Jahren. Dass wir uns wirklich nicht zu verstecken brauchen. Dass wir ja relativ weit vorne liegen, meine ich schon. Aber immer vor dem Hintergrund, dass wir schon noch einige Probleme haben, die wir eigentlich lösen können. Und ich meine, dass wir die Flexibilisierungsmöglichkeiten nicht hinreichend genutzt haben bis jetzt. In anderen europäischen Nationen nimmt man die Dinge vielleicht nicht so ernst wie bei uns. Wir haben eine zu starke Regelungsdichte nach wie vor."
    Die Hochschulen lieber mal ihren eigenen Weg gehen lassen, als ihnen ständig Reformvorhaben von oben zu verordnen - diese Freiheit wünscht sich die HRK-Präsidentin für Universitäten und Fachhochschulen. Eine Forderung, die durchaus in die aktuelle politische Landschaft passt: Derzeit setzen die meisten Bundesländer bei ihrer Hochschulgesetzgebung unter dem Schlagwort "Autonomie" auf weitgehende Freiheiten für ihre Unis: Von der Auswahl der Studenten bis zur Berufung von Professoren, von der Finanzhoheit bis zur strategischen Profilbildung gehen mehr und mehr Verantwortlichkeiten von den Ministerien an die einzelnen Hochschulen über.
    Für Studentenvertreterin Imke Buss birgt der Bologna-Prozess noch eine weitere Chance: dass nämlich die Studenten selber mehr in den Mittelpunkt der Hochschul-Strategien rücken.

    "Es gibt - durch den Bologna-Prozess - eine viel größere Konzentration auf die Studierenden, auf die Lehre, was vorher nicht so war und eindeutig eine Verbesserung ist. Dass eben die Studierenden jetzt im Mittelpunkt stehen, die Konzeption der Studiengänge auch viel wichtiger geworden ist, und auch die Förderung der Mobilität wichtiger geworden ist. Es funktioniert zwar an vielen Punkten noch nicht perfekt, aber trotzdem kann man beobachten, dass die Mobilität und auch die Lehre selbst einen viel höheren Stellenwert bekommen haben."
    Ein Aspekt, den auch Margret Wintermantel positiv bewertet. Eigentlich wollten die Hochschulrektorenkonferenz und der studentische fzs zum morgen beginnenden Leuvener Ministertreffen sogar eine gemeinsame Erklärung mit Forderungen veröffentlichen. Denn Rektoren und Studenten sind sich in den Reformzielen ziemlich einig: Qualitätssicherung im Studium, möglichst keine sozialen Hürden beim Hochschulzugang, dazu ein machbares Studienprogramm ohne Überfrachtung. Doch dann scheiterte die gemeinsame Erklärung Ende letzter Woche doch noch an Formulierungsfragen. Margret Wintermantel stellt die Studenten dennoch in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen für den Bologna-Gipfel:

    "Wichtig ist, dass wir im Blick haben, dass die Studierenden auf einem hohen Niveau ausgebildet werden, und das ist etwas, was ich in meinen internationalen Erfahrungen schon sehe: dass die deutsche Ausbildung an Fachhochschulen und die deutsche Ausbildung an Universitäten hervorragend angesehen ist nach wie vor."
    Wie lange es noch dauern wird, das riesige europäische Reformwerk an den Hochschulen zu einem guten Ende zu bringen? Annette Schavan, die Bundesbildungsministerin, will sich da nicht festlegen lassen. Und schon gar nicht will sie eine Prognose abgeben, auf welchen neuen Endtermin sich die europäische Ministerrunde in den kommenden Tagen in Leuven einigen könnte.

    "Es wird wieder Bilanz gezogen. Das ist ja ein - auch hoch komplizierter - Prozess. Einer, an dem jetzt 46 Länder beteiligt sind. Wir werden sehen, wie ist es gelungen, alle mitzunehmen? Wie ist es mit den Erwartungen, die gesteckt wurden? Ich glaube, wir sind in Deutschland auf einem guten Weg. Aber es ist noch mindestens so viel zu tun wie schon geleistet wurde. Also, die großen Ziele, die die Reform attraktiv machen, die müssen wir uns mit Blick auf den Realisierungsgrad anschauen."
    Auch Hochschul-Chefin Margret Wintermantel will ihre Erwartungen an die morgen beginnende Konferenz nicht allzu konkret formulieren.

    "Ich hoffe schon, dass es eine gute Diskussion gibt in Leuven. Ich hoffe schon, dass die Bedeutsamkeit der Hochschulen, sozusagen die Visibilität der Hochschulen, dass das wirklich dazu führt, dass man 'ne vernünftige Diskussion führt und dass man noch mal sich auf die Ziele von Bologna besinnt und entsprechende Problemlösungen auch sich überlegt."
    Die Kinderkrankheiten bekämpfen und die Studienreform als gemeinsames Projekt zum Erfolg führen - darauf setzen auch die Studierenden. Auch, wenn Imke Buss durchaus noch eine stattliche Wunschliste hat von Dingen, die sich aus ihrer Sicht noch bessern müssten.

    "Ganz umgesetzt sind die Dinge leider noch nicht. Also, zum Beispiel Lernenden-Zentrierung und auch die Umstellung der Lehr- und Lernformen durch die Kompetenzvermittlung funktionieren nur teilweise, sind aber, denke ich, auf einem guten Weg."
    So viel Einigkeit bei Politiker, Hochschulvertretern und Studierenden ist in der deutschen Hochschulpolitik selten geworden. Und so gibt es in Leuven möglicherweise eine der rar gewordenen Chancen auf eine weitgehend harmonische und - vor allem im Sinne der Studenten - konstruktive Konferenz.