Donnerstag, 18. April 2024

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Deutsche Newcomerband Sea Moya
Montreal macht's möglich

Sie sind 6000 Kilometer weg von der Heimat, um sich zu finden: Drei deutsche Musiker versuchen ihr Glück in Montreal und gründen die Band Sea Moya. Anders als auf dem verkopften deutschen Musikmarkt bietet Kanada ein offenes Feld für Experimente. So wurde das Debütalbum ein Dokument der Lockerheit.

Von Dennis Kastrup | 11.10.2018
    Elias Foerster (r.) und David Schnitzler von Sea Moya stehen vor einem Denkmal im Park und halten ein eckiges Objekt in den Händen
    Elias Foerster (r.) und David Schnitzler von Sea Moya (Tilman Ruetz)
    Einer der letzten warmen Tage des Sommers. Elias Foerster und David Schnitzler sitzen in der Wohngemeinschaft ihres Schlagzeugers Tilman Ruetz. Foerster, der Keyboard und Gitarre spielt, kenne ich seit vergangenem November. Damals war der großgewachsene Rotschopf nach seiner Ankunft in Montreal auf Zimmersuche, für sich und seine Bandmitglieder. Wenige Wochen später folgte Sänger und Gitarrist David Schnitzler.
    Als mit Ruetz dann auch noch das letzte Sea-Moya-Bandmitglied vor Ort war, fingen sie schnell an, die kleinen Bars und Clubs zu bespielen und Kontakte zu knüpfen. Aber warum sucht eine Band aus Mannheim noch vor ihrem ersten Album ihr Glück ungefähr 6000 Kilometer weit weg auf der anderen Seite des Atlantischen Ozeans?
    Abenteuerlust ist ein ständiger Begleiter
    David Schnitzler: "Wir kennen viele Bands, die von hier kommen. Wir haben von vielen guten Labels gehört, die hier arbeiten. Und so haben wir eigentlich gar nicht so viel Zeit da rein gesteckt. Das ist an so einem Abend während zwei Bier entstanden. Wir haben uns am nächsten Tag erkundigt, wie das mit den Visumbestimmungen läuft, haben die Bewerbung abgeschickt, haben eine Zusage bekommen und dann war es Montreal. Keiner von uns war jemals in Kanada. Keiner von uns war jemals in Montreal."
    Die Abenteuerlust scheint ein ständiger Begleiter von Sea Moya zu sein. Schon für ihre zweite EP waren sie in den baltischen Staaten unterwegs, um draußen in der Natur und an Stränden aufzunehmen. Für Foerster eine besondere Erfahrung.
    Elias Foerster: "Damals hatten wir einen Generator dabei und konnten unser Studio egalwo aufbauen und dann einfach komplett frei Musik machen. Das hat uns definitiv sehr inspiriert."
    Die Natur ließ die Band auch danach nicht los. Um möglichst ungestört vom hektischen Alltag neue Songs für ihr Debütalbum zu schreiben, suchten sie die Abgeschiedenheit. Gefunden wurde ein einsamer Ort in den norditalienischen Alpen.
    Magie der Abgeschiedenheit
    Elias Foerster: "Dann haben wir dieses Häuschen in Falmenta gefunden, oder bei Falmenta, was letztendlich so am Berghang lag, wunderschön in so einem Tal oberhalb vom Lago Maggiore, direkt unter den Berggipfeln. Die Straße hört irgendwann auf. Wir mussten noch so die letzten 300 Meter unser Equipment einfach mit so Schubkarren dann noch über so einen Wanderweg hochschleppen."
    Vier Wochen lang wurden Stücke geschrieben. Wandern, zusammen essen und trinken standen auf dem Tagesprogramm. Internet und Handyempfang gab es nicht. Sie haben so gut geschlafen wie nie zuvor - und nachts so viel geträumt wie nie zuvor. Genau diese Magie fängt das Debütalbum "Falmenta" ein. Abgemischt wurde es aber in Montreal, das mit seiner besonderen Atmosphäre perfekt zu der Musik passte.
    David Schnitzler: "Im Vergleich hat sich das für mich in Deutschland ein bisschen verkopfter, überlegter, verkrampfter angefühlt. Leute überlegen lange, was sie machen, wann sie damit an die Öffentlichkeit gehen, wie sie es umsetzen wollen. Hier fühlt es sich so an, dass jeder in ein bis zwei bis vier Bands spielt, ganz viele Projekte hat. Die Musikszene lässt zu, dass es ganz viele kleine, teilweise auch Do-it-yourself-Konzerte gibt."
    Dokument der Lockerheit
    Mit "Falmenta" ist Sea Moya ein Dokument der Lockerheit gelungen, die sich durch ihre noch kurze Bandgeschichte zieht. Sie vermischen dabei gekonnt Krautrock mit afrikanischen Einflüssen und grooven dazu noch ordentlich. Der teils funkige Bass und das lässige Schlagzeugspiel fahren den Puls herunter, ohne dabei den Spaß vermissen zu lassen.
    Elias Foerster: "Der Stichpunkt 'Leichtigkeit' trifft eigentlich den roten Faden auch in der Platte ganz gut. Größtenteils geht es um zwischenmenschliche Erfahrungen, Beziehungssituationen und immer der Bezug zu, wie kann man mit einer aufrichtigen, ehrlichen Leichtigkeit mit einer Situation umgehen."