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Deutsche Rüstungsexporte
Linken-Politikerin Dagdelen kritisiert "Praxis des Durchwinkens"

Von Januar bis Ende Oktober hat die Bundesregierung nach vorläufigen Zahlen Rüstungsexporte im Wert von 7,42 Milliarden Euro genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen hervor. Für Dagdelen ist das ein Skandal.

Von Theo Geers | 13.11.2019
Porträtaufnahme der Bundestagsabgeordneten der Linkspartei, Sevim Dagdelen
In den Augen der Bundestagsabgeordneten der Linkspartei, Sevim Dagdelen, ist das Verhalten der Bundesregierung in Sachen Rüstungsexporte verantwortungslos. (Imago/Reiner Zensen)
Es ist ein dürres Zahlenwerk, denn bekannt gegeben wird nur eine Gesamtsumme. Von Januar bis Ende Oktober hat die Bundesregierung nach vorläufigen Zahlen Rüstungsexporte im Wert von 7,42 Milliarden Euro genehmigt. Gut 2,3 Milliarden Euro entfallen davon auf Einzelgenehmigungen für Kriegswaffen im engeren Sinne wie Panzer, Gewehre oder Munition, knapp 5,1 Milliarden auf sonstige Rüstungsgüter - darunter fallen Pistolen, Radar- und Funktechnik oder auch Explosivstoffe.
Mit diesen Exportgenehmigungen liegt Deutschland per Ende Oktober nicht nur schon deutlich über dem Gesamtwert von vom letzten Jahr, als sich die Summe auf 4,8 Milliarden Euro belief. Sevim Dagdelen, die als abrüstungspolitische Sprecherin der Linkspartei diese Zahlen von der Bundesregierung erfragt hat, rechnet vielmehr damit, dass der Rekordwert des Jahres 2015 mit 7,82 Milliarden Euro überschritten werden dürfte. Ihr Urteil:
"Von einer restriktiven Rüstungsexportpolitik zu sprechen ist blanke Hohn wenn man die Zahlen anschaut. Und das Jahr ist ja noch nicht um. Dabei ist fast jeder Antrag ein Treffer. Das zeigt: Es gibt eine Praxis des Durchwinkens bei den Rüstungsexporten."
Die Durchwinkepraxis macht Dagdelen auch daran fest, dass gleichzeitig lediglich 56 Exportanträge abgelehnt wurden. Allerdings sagen die von Dagdelen ermittelten 9-Monats-Zahlen nichts über den Verbleib der exportierten deutschen Waffen aus. Da ist die Bundesregierung in ihrer heute ebenfalls veröffentlichten Bilanz für die ersten sechs Monate konkreter. 60 Prozent der deutschen Waffenexporte gingen danach an verbündete EU- und NATO-Staaten sowie Länder, die wie Australien oder die Schweiz diesen gleichgestellt sind. In Drittländer, bei denen die Exporte besonders umstritten sind, ging danach 40 Prozent der Waffenexporte.
Ungarn war im ersten Halbjahr der größte Abnehmer
Größter Abnehmer deutscher Waffen war im ersten Halbjahr Ungarn, das EU- und NATO-Mitglied erhielt für gut 1,7 Milliarden Euro verschiedene Panzertypen, ferner Lkw und Geländefahrzeuge. Auf Platz zwei steht dagegen Ägypten, das für rund 800 Millionen Euro Flugkörper, Raketenteile und dazu gehörige Zielerfassungssysteme erhielt. Auf den Folgeplätzen rangierten Südkorea, die USA, Australien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Großbritannien. Bei den Kleinwaffen wie Pistolen hebt die Bundesregierung ebenfalls hervor, dass hier nur Exporte an Drittstaaten über 350.000 Euro genehmigt wurden. Allerdings haben sich auch diese Kleinwaffenexporte im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 mit insgesamt 35 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Für Sevim Dagdelen ist auch das ein Skandal.
"Ich finde das verantwortungslos. Man weiß, dass es kaum einen Konflikt gibt weltweit, wo nicht deutsche Waffen im Einsatz sind. Jetzt weiter Waffen in alle Welt zu schicken, heißt Beihilfe für Kriege und Konflikte zu leisten."
Dagdelen fordert deshalb ein generelles gesetzliches Verbot von Waffenexporten – an Drittstaaten, aber auch an Verbündete.