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Deutsche Sportpartei
Nicht links, nichts rechts, aber Sport

"Sport braucht eine politische Stimme!", das ist eine Forderung, die wohl viele in und um den Sport unterschreiben würden – und die wohl so manche Organisation, beispielsweise der DOSB, für sich in Anspruch nehmen würde. Doch manchen Menschen reicht die aktuelle Situation nicht. Deshalb haben sie die Deutsche Sportpartei gegründet.

Von Moritz Küpper | 03.10.2016
    Ein Briefwahlumschlag wird in eine Urne geworfen
    Die Deutsche Sportpartei will fünf Prozent der Stimmen bei der NRW-Landtagswahl holen. (dpa)
    Der 54-Jährige Michael Möller sitzt an einem grauen Bürotisch in einem kleinen Büro auf einem Bauernhof in Kaarst, nahe Düsseldorf. Hier befindet sich – etwas provisorisch – die Zentrale der Deutschen Sportpartei, kurz DSP, deren Bundesvorsitzender Möller ist. Einst bei der CDU, danach bei der Zentrumspartei, weiß Möller, wie es in der Politik läuft: "100 Leute gehen zur Wahl – und wenn davon fünf Leute auf dem Stimmzettel lesen: Deutsche Sportpartei – wir sind Sport. Dann sagen die sich, wir wollen nicht links, wir wollen nicht rechts, aber Sport, das ist eine Sache, die unterstütze ich, weil mein Sohn im Verein ist oder weil ich selber Fußball-Fan bin, da sind wir guter Dinge, dass fünf von hundert da das richtige Kreuz machen."
    Eben nun bei der DSP. Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai nächsten Jahres ist das erklärte Ziel der Partei, die im Oktober 2015 gegründet wurde und auf ihrer Website bereits ein Foto des Plenarsaals des Deutschen Bundestages aufführt. Groß denken, das will man hier auf dem Bauernhof. Doch dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, ist auch Möller und seinen Mitstreitern klar – und bedarf erst einmal Unterstützung.
    Mike Möller, rotes T-Shirt, Gel in den Haaren und Sohn des Parteivorsitzenden sowie Tim Martens, Physik-Student aus Dortmund, sitzen ebenfalls am Tisch in Kaarst und schauen durch die unterschriebenen Unterstützerzettel. 1000 Unterschriften aus NRW braucht die Partei, um bei der Landtagswahl antreten zu können. Die beiden junge Leute, 18 Jahre alt, helfen fleißig mit.
    Medaillengewinner soll sich für die Partei entscheiden
    Insgesamt rund 650 Unterschriften hat die Partei nach eigenen Angaben schon zusammen. Insgesamt gibt es – ebenfalls nach eigener Aussage – bereits über 800 Mitglieder – und neben NRW auch einen Landesverband in Bayern. Durchaus beachtliche Strukturen, nun wird an öffentlichkeitswirksamen Aktionen gearbeitet, wie Bernd Schirmer, stellvertretender Parteivorsitzender erklärt: "Den anderen Bereich, den wir haben, wo wir gerade sehr guten Zulauf und auch die Reputation kriegen, ist der Bereich Sport an sich. Das heißt, wir kriegen Zulauf von sehr vielen Sportlern, nicht nur von Gelegenheitssportlern, sondern auch von Leistungssportlern, von Profisportlern."
    Er nennt Namen von zwei eher unbekannten Kampfsportlern, kündigt aber an, dass sich demnächst wohl auch ein Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Rio für die DSP entscheiden will. Man müsse eben noch Fragen mit den Beratern klären. Schirmer selbst betreibt eine Firma für Nahrungsergänzungsmittel in den Niederlanden. "Eat, sleep, pump" steht auf seiner Visitenkarte. "Kein Doping", heißt es dagegen auf der DSP-Seite. Nicht unbedingt ein direkter Widerspruch, aber durchaus befremdlich. Ohnehin fällt es schwer, die Partei inhaltlich zuzuordnen, auch wenn Schirmer sagt: "Wir sind momentan zweckgebunden, das hießt: Wir sind wirklich eine Partei, die sich um das Thema Sport kümmert."
    "Beitragsfreiheit im Sportverein", lautet eine, eher linke, Forderung. Bundesvorsitzender Möller spricht an diesem Abend dagegen von mehr: Pro-Europäisch sei die Partei, der Brexit sei zu verurteilen, man trete für Volksbefragungen ein. Doch: Zu der in NRW diskutierten Forderung sich für die Ausrichtung der Olympischen Spiele im Jahr 2028 zu bewerben, gibt es keine klare Meinung. Dagegen findet sich im Internet ein Aufruf, nach dem die Sportpartei auch eine Volksabstimmung über die Flüchtlingsfrage fordert.
    Die Kinderschuhe sind Sportschuhe
    An diesem Abend distanziert sich DSP-Führung zwar von der AfD, lobt stattdessen die Integrationskraft des Sports und sagt – nicht zuletzt aus Interessen des Sports – dass eine Unterbringung von Flüchtlingen in Turnhallen keine Lösung sein kann, so Möller: "Man kann die Schüler nicht einfach vom Schulsport abklemmen. Es gibt sehr attraktive Lösungen, man kann Fabrikhallen umgestalten, man kann da sehr effizient Dinge tun, wenn man es will. Es ist natürlich bequem Turnhallen zu nehmen, aber da muss man sich andere Dinge einfallen lassen."
    Doch: Das stimmige Konzept, den Sportinteressen eine Stimme zu geben, wird nicht ganz plausible erklärt. Im Oktober soll es daher einen runden Tisch mit Leistungssportlern geben, um deren Anliegen zu hören. Zusätzlich kümmert sich die DSP auch um das Thema E-Sport, unterhält drei eigene Teams, worüber sich im Übrigen auch Mitglieder gewinnen lassen. Ohnehin sei ein Ziel, junge Menschen wieder für die Politik gewinnen. Möller sagt: "Und wir schaffen es mit unserem Angebot, wie beispielsweise über das Thema E-Sport, überhaupt die jungen Leute mal für Politik in einem Segment zu interessieren. Und da haben wir die Erfahrung gemacht: Leute, die jetzt schon ein bisschen bei uns sind, die fangen dann auch das Interesse in anderen Sparten an zu entwickeln."
    Wie eben der 18-jährigen Physik-Student Martens, jetzt Landtagskandidat in spe. Er sagt: "Jeder macht sich ja zu allem möglichen Gedanken, aber das ist ja noch in der Ausarbeitung. Wie gesagt: In den Kinderschuhen stecken wir als Partei, es sind bei uns nun mal Sportschuhe und daraufhin wollen wir jetzt halt zu einer großen Partei anwachsen." Wie groß, muss sich noch zeigen. Möllers Kalkül, fünf von hundert Stimmen zu bekommen, also insgesamt fünf Prozent, ist jedenfalls sehr optimistisch. Bei der letzten Landtagswahl in NRW traten ebenfalls monothematische Vereinigungen an: Die Tierschutzpartei bekam 0,7 Prozent, die Partei Familie 0,4 Prozent oder die Integrationspartei BIG 0,1 Prozent der Stimmen.