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Deutsche Unternehmen in Russland
Hoffen auf ein Ende der Sanktionen

Die Wirtschaftsdaten in Russland sind nicht eben rosig. Für 2015 schwanken die Prognosen zwischen Rezession und Stagnation. Nun kommen noch die Folgen der Sanktionen hinzu. Allem zum Trotz: Deutsche Unternehmen in Russland sehen nicht schwarz.

Von Gesine Dornblüth | 25.11.2014
    Blick über Moskau
    Zunehmende Unsicherheit und sinkendes Vertrauen zwischen russischen und europäischen Firmen sei das Problem. (picture alliance / dpa)
    Einer Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer zufolge beurteilen rund 70 Prozent der deutschen Unternehmensvertreter die wirtschaftliche Lage in Russland als rezessiv beziehungsweise schlecht. Zugleich rechnen 40 Prozent mit einem Umsatzzuwachs des eigenen Unternehmens im laufenden Jahr. Und langfristig bewerten die meisten ihre Perspektiven in Russland positiv. Hubert Kogel ist vor sechs Jahren mit dem deutschen Recycling-Dienstleister Buchen nach Russland gekommen. Er hat damals mit vier Mitarbeitern begonnen. Mittlerweile sind es hundert.
    "Und wir wollen eigentlich noch mal verdoppeln in den nächsten zwei bis drei Jahren. Das ist hier ein Riesenmarkt, wir haben eigentlich erst angefangen, diesen Markt zu erobern, und da ist sehr viel Potenzial nach oben offen."
    Das Unternehmen sitzt in Ufa, gut tausend Kilometer südöstlich von Moskau. Dort seien die Themen Krim und Ostukraine weit weg.
    "Vielleicht mal am Biertisch wird diskutiert, aber ansonsten merken wir das nicht. Im Business wird das alles ein bisschen glatt gebügelt."
    Nur ein Viertel der deutschen Unternehmen betroffen
    Laut Michael Harms, dem Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, ist nur ein Viertel der deutschen Unternehmen, die in Russland tätig sind, unmittelbar von den Sanktionen betroffen. Die Begleiterscheinungen bekämen allerdings alle zu spüren: Zunehmende Unsicherheit und sinkendes Vertrauen zwischen russischen und europäischen Firmen, das Hinauszögern von Entscheidungen.
    "Wenn Sie heute eine große Anlage aus Deutschland bestellen oder eine Maschine mit einer Lieferfrist von einem halben Jahr, können Sie auch ganz schwer einschätzen, wie entwickelt sich die politische Situation, gibt es dann für diese Branche eventuell noch zusätzliche Sanktionen, wer sichert mir meinen Service ab, wer liefert meine Ersatzteile, also ganz praktische Überlegungen jenseits der großen Politik."
    Das bremst den Handel. Der Warenaustausch zwischen Deutschland und Russland ist 2014, nach jahrelangem Bergauf, zurückgegangen auf das Niveau von 2011. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Branchen. Der Export deutscher Autos und Maschinen ist eingebrochen, die Ausfuhr chemischer und pharmazeutischer Waren hingegen stieg.
    Abwertung des Rubel macht zu schaffen
    Stärker als mit den Sanktionen haben deutsche Unternehmen, so die Umfrage der Auslandshandelskammer, mit der schwachen Konjunktur in Russland und der Rubelabwertung zu kämpfen. Darüber hinaus hieß es bisher oft, Korruption und fehlende Rechtssicherheit würden Investoren abschrecken. Thomas Brand, Wirtschaftsanwalt bei der Kanzlei Brand und Partner in Moskau, möchte diese Befürchtungen zerstreuen. Was Wirtschaftsrecht betrifft, sagt er:
    "Die Gerichte funktionieren. 99 Prozent der Prozesse, die wir für unsere Mandanten führen, laufen ganz normal ab. Sie sind hier durch drei Instanzen in ungefähr zwölf bis achtzehn Monaten durch, das heißt, die Verfahren gehen hier viel viel schneller, und wenn man das Recht kennt, dann ist man hier auch auf der sicheren Seite."
    Bei der Auslandshandelskammer hofft man, dass die Sanktionen der EU gegen Russland ab dem kommenden Frühjahr stufenweise auslaufen.