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Deutsche Wirtschaft
Der Konjunkturmotor der EU stottert

Erstmals seit eineinhalb Jahren schrumpft die deutsche Wirtschaft - um 0,2%, was eine schlechte Nachricht ist. Die Statistik erfasst neuerdings alle erwirtschafteten Güter und Dienstleistungen, um Konjunkturdaten besser vergleichbar zu machen. Doch darunter fallen auch Waffen und Drogen.

Von Brigitte Scholtes | 14.08.2014
    Ein Händler schaut in Frankfurt am Main im Handelssaal der Börse besorgt auf seine Monitore.
    Sorgen um die deutsche Wirtschaft: Der Dax verlor wegen der Krim-Krise zeitweise drei Prozent. (dpa picture alliance / Frank Rumpenhorst)
    So schlechte Zahlen hatten die meisten Volkswirte wohl nicht erwartet, wenn auch viele mit einer Eintrübung nach dem rasanten Jahresstart gerechnet hatten. Der Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent zwischen April und Juni gegenüber dem Vorquartal war jedenfalls der erste seit Anfang 2013. Doch sollte man diese Zahlen auch nicht zu negativ werten, sagte der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Christoph M. Schmidt, heute Morgen in der ARD:
    "Die Konjunktur ist natürlich in einem Auf und Ab. Man sollte nicht jede Spitze gleich hochjubeln, wenn sie nach oben geht oder zu Tode betrübt sein, wenn es mal nach unten geht. Es geht um das Gesamtbild. Das Gesamtbild ist immer noch, dass Deutschland auf einem breiteren Fundament sein Wachstum momentan fußen lässt."
    Positiv bleibt die Konsumlust der Verbraucher, die ihr Geld wegen der niedrigen Zinsen lieber ausgeben als es zu sparen als auch die öffentliche Nachfrage. Im ersten Quartal hatte die Bauwirtschaft wegen der milden Witterung nur wenige Einbußen hinnehmen müssen und entsprechend weniger im Frühjahr nachholen müssen. Das war ein Grund für den Konjunktureinbruch. Der andere war der schwache Außenhandel, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:
    "Wir haben in diesen Zahlen wenig Beitrag von den Exporten, was damit übereinstimmt, dass die Weltkonjunktur im ersten Halbjahr nicht ganz so kräftig war, wie das einige erwartet haben. Was Sorgen macht, sind nach wie vor die schwachen Investitionszahlen, das Vertrauen der Wirtschaft auf mehr Nachfrage in den nächsten Jahren ist gering. Und das ist das eigentliche Problem der europäischen Wirtschaft."
    Realismus folgt der Euphorie
    Und so ist jetzt nach der Euphorie des Jahresbeginns der Realismus wieder zurückgekehrt, meint Kater:
    "Realismus bedeutet aber nicht, dass wir jetzt in die Rezession abgleiten, sondern dass vom Aufschwung eben ausreichend noch etwas übrig ist. Es gibt allerdings auch in dieser wirtschaftlichen Erholung, die europaweit intakt ist, einige Wermutstropfen: Die Erholung und der Aufschwung sind sehr schwach. Und es steht die Frage im Raum: Geht er denn weiter der Aufschwung, sind die geopolitischen Risiken beispielsweise zu groß geworden? Und das sind Themen, die erst die nächsten Wochen und Monate zeigen werden."
    Die heutige Schätzung der Wirtschaftsleistung ist nach neuen europäischen Regeln errechnet worden. Die gelten zwar erst von September an, aber schon jetzt haben die Statistiker diese angewandt. Forschung und Entwicklung werden jetzt als Investitionen in geistiges Eigentum angesehen und fließen in das Bruttoinlandsprodukt ein, der Kauf von Panzern und Waffen ebenso. Aber auch das wirtschaftliche Volumen von illegalen Aktivitäten wie Drogenhandel und Zigarettenschmuggel wird geschätzt und erhöht das Bruttoinlandsprodukt entsprechend. Durch die Neuberechnung steigt es insgesamt um drei Prozent an. Wirklich gravierende Auswirkungen hat das aber nur auf die Bemessung der Schuldenquote, die sinkt.
    Wenig Freude an den jüngsten Daten
    Das zumindest dürfte auch die Europäische Zentralbank interessieren. Doch insgesamt wird sie wenig Freude an den jüngsten Daten haben, meint der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater:
    "Die Zahlen, die wir jetzt aktuell bekommen haben für das Bruttoinlandsprodukt, sind jedenfalls nicht dazu angetan, ein Umdenken in der Notenbank anzuwerfen. Das bedeutet, dass weitere Maßnahmen der Notenbank, weitere geldpolitische Maßnahmen, wahrscheinlicher geworden sind."