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Deutsche Wirtschaft schrumpft
"Keine Krise, nur ein vorübergehender Rücksetzer"

Dämpfer für die deutsche Wirtschaft: Erstmals seit 2015 ist sie im dritten Quartal wieder geschrumpft, um 0,2 Prozent. Gründe gibt es dafür einige, wie etwas gesunkene Exporte und das neue Autozulassungsverfahren. Ökonomen sehen das Ganze deshalb relativ gelassen.

Von Brigitte Scholtes | 14.11.2018
    Container stapeln sich am 04.10.2017 in Hamburg am Burchardkai auf dem Deck der «Barzan», einem Frachter der Reederei «Hapag Lloyd», welcher mit einer möglichen Beladung von 19.000 Containern zu den größten Schiffen der Welt gehört.
    Auch der gedämpfte Export hat die Wirtschaft schrumpfen lassen (Axel Heimken/dpa)
    Zu allzu großer Sorge für die weitere Wirtschaftsentwicklung besteht noch kein Anlass, das sehen viele Ökonomen so, auch Holger Bahr, Leiter Volkswirtschaft der Dekabank:
    "Der Konjunktur und der Wirtschaft geht es insgesamt noch gut. Aber für das dritte Quartal 2018 ist so ziemlich alles zusammengekommen, was man sich an unangenehmen Dingen vorstellen kann, oder was vielleicht noch eher zufällig mit hinzugekommen ist, ob dass das Wetter ist, ob das Testverfahren in der Automobilindustrie sind. Und dann kann es sogar passieren, dass die deutsche Volkswirtschaft in einem Quartal einmal schrumpft und damit das Bruttoinlandsprodukt leicht gesunken ist."
    Dicke Pullis in den Läden bremsen den Konsum
    Die Lieferschwierigkeiten in der Autoindustrie hätten das Bruttoinlandsprodukt zwischen Juli und September allein um 0,4 Prozent gedämpft, rechnete das Bundeswirtschaftsministerium vor. Das führte dann insgesamt zu dem Rückgang um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im zweiten Vierteljahr war die deutsche Wirtschaft noch um 0,5 Prozent gewachsen. Doch auch der Export schwächelte wieder, hieß es vom Statistischen Bundesamt. Die Handelskonflikte zwischen den USA und China, aber auch zwischen den USA und Europa belasteten weiter, sagt Michael Holstein, Leiter Volkswirtschaft der DZ-Bank:
    "Da erwarten wir jetzt keine kurzfristige Entspannung zumindest, aber trotzdem läuft die Weltwirtschaft ja insgesamt mit relativ guten Raten nach wie vor. Und auch da erwarten wir also bei den Exporten keinen weiteren Rückgang, sondern eher wieder einen positiven Trend."
    Zwar wurde mehr in Ausrüstungen investiert wie in Maschinen oder Anlagen, auch die Baubranche floriert weiter. Der private Konsum ließ jedoch etwas nach – ein vorübergehendes Phänomen, glaubt Volkswirt Bahr:
    "Grundsätzlich sollte der Konsum laufen, wird er auch in den kommenden Quartalen wieder, die Arbeitsmarktlage in Deutschland ist einfach fantastisch, Lohnsteigerungen im nächsten Jahr, Rentenerhöhungen. Aber: der Sommer war unfassbar heiß und speziell für den September, wo die Winterware schon wieder in der Läden lag und verkauft werden sollte, blieb die natürlich liegen wie Blei, so dass tatsächlich Einzelhandelsumsätze entgegen der saisonüblichen Entwicklung dann auch schwach waren und so dass sogar der Konsum ausgefallen ist."
    "Schlimm würde ich es nicht nennen"
    Doch klar ist auch: So dynamisch wie noch im vergangenen Jahr wird die Wirtschaft nicht mehr wachsen, meint Michael Holstein von der DZ-Bank:
    "Wir haben es natürlich mit einem schwächeren Wachstum in Deutschland zu tun, eigentlich ist das ja schon ein Trend seit Anfang des Jahres, aber schlimm würde ich es nicht nennen. Es ist eher eine Entwicklung momentan in Richtung Normalisierung, zu einer Wachstumsrate, wie wir sie erwarten zumindest, in den nächsten Jahr von rund eineinhalb Prozent. Das wäre immer noch eine gute Wachstumsrate. Insofern ist das jetzt keine Krise, sondern eher ein vorübergehender Rücksetzer."
    Das gilt, solange die EZB nicht abrupt die Zinsen erhöht oder eines der schwelenden politischen Risiken für eine Verunsicherung sorgt.