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Deutscher Autozulieferer
Milliarden für Zukunftstechnologie aus den USA

Autos, die von alleine fahren, sind keine ferne Zukunftsmusik mehr. In Amerika entwickelt das Unternehmen "TRW Automotive" zurzeit elektronische Systeme für automatisiertes Fahren. Und genau diese Zukunftstechnologien sind der Hauptgrund für die geplante Übernahme durch den deutschen Autozulieferer ZF Friedrichshafen.

Von Thomas Wagner | 11.07.2014
    Autos fahren über die Autobahn A2 nördlich von Hannover
    Für die Übernahme des Autozulieferers TRW müssen sowohl das deutsche als auch das US-amerikanische Kartellamt grünes Licht geben. (Julian Stratenschulte, dpa picture-alliance)
    Insider hatten schon seit Monaten eine leise Vorahnung: Dass sich die ZF Friedrichshafen AG, mit rund 16,8 Milliarden Euro Jahresumsatz im vergangenen Jahr drittgrößter deutscher Automobilzulieferer, in absehbarer Zeit vergrößern will, wachsen will wie noch niemals zuvor in der knapp 100-jährigen Firmengeschichte – das hatte Vorstandschef Stefan Sommer bereits vor Monaten angekündigt:
    "Also wir haben uns für 2025 ein Wachstumsziel gegeben von 40 Milliarden, folgend dem Ziel, in den nächsten Jahren so erfolgreich zu sein wie in der Vergangenheit auch."
    Von 16,8 Milliarden Euro auf 40 Milliarden Euro wachsen – das bedeutet nichts anderes als: Das Unternehmen will seine Geschäftstätigkeit binnen kürzester Zeit mehr als verdoppeln, zu einem der ganz großen der weltweiten Automobilzulieferer aufsteigen.
    Nur Konzern mit Zukunftstechnologien kommt für Zukauf infrage
    Dass das nicht ohne Zukäufe vonstattengehen kann, war schon bei der Formulierung dieses ambitionierten Zieles klar. Der US-amerikanische Konzern "TRW Automotive" passt da wie die Faust aufs Auge: Während ZF sich mit traditionellen Technologien wie Getriebe, Achsen und Stoßdämpfern beschäftigt, also Antriebs- und Fahrwerk-Komponenten herstellt, ist "TRW Automotive" ein Unternehmen, das neben Sicherheitsgurten und Airbags unter anderem auch elektronisch Systeme für automatisiertes Fahren entwickelt – eine Zukunftstechnologie, auf die ZF schon lange scharf ist, so Vorstandschef Stefan Sommer. Und nur ein Konzern, der solche Zukunftstechnologien vorantreibt, komme für einen Zukauf infrage:
    "Welche Akquisitionen wären nötig, um mit den aktuellen PKW-Technologien Schritt zu halten? Hier konzentrieren wir uns maßgeblich in dem Bereich Elektronik, Sensorik, hier sehen wir noch deutlichen Verstärkungsbedarf im Konzern, dieses mit der Kompetenz im mechanischen Bereich, die wir haben, zu verheiraten."
    Und eine solche Hochzeit ist nun in greifbare Nähe gerückt. Immerhin hat TRW von der Größenordnung her ein ähnliches Gewicht wie ZF in Europa: Hier TRW mit einem Jahresumsatz von umgerechnet etwa 13 Milliarden Euro Umsatz, da ZF mit knapp 17 Milliarden; hier TRW mit 65.000 Mitarbeitern, da ZF mit 73.000 Mitarbeitern.
    Beobachter sehen dann auch hinter der geplanten Übernahme einen Trend der Zulieferbranche insgesamt hin zu großen, schlagkräftigen Einheiten. Nur so könne man den ständig neuen Herausforderungen des globalisierten Automarktes gerecht werden. Aus ähnlichen Gründen hatte vor einigen Jahren die Continental AG die Softwareschmiede Siemens VDO übernommen.
    Zehn Milliarden Euro für Übernahme geplant
    "TRW Automotive" unterhält auch in Deutschland zehn Produktionsstandorte, unter anderem in Blumberg im Schwarzwald und in Radolfzell am Bodensee. Ob es tatsächlich zur geplanten Übernahme durch ZF kommt, ist allerdings nicht gewiss: Bereits Mitte der 90er-Jahre hatte die ZF Friedrichshafen versucht, den US-amerikanischen Getriebehersteller Allisson Transmission Division zu übernehmen. Alles war seinerzeit in trockenen Tüchern – bis die amerikanischen Kartellbehörden den Deal in letzter Minute gestoppt hatten.
    Und auch im aktuellen Fall müssen sowohl das deutsche als auch das US-amerikanische Kartellamt grünes Licht geben – selbst dann, wenn sich ZF mit TRW handelseinig werden sollte. Als Übernahmepreis ist die stattliche Summe von rund zehn Milliarden Euro im Gespräch.