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Deutscher Kinostart von "Machines"
Die Hölle in einem indischen Sweatshop

Arbeiter in indischen Textilfabriken werden aufgrund der Belastungen im Schnitt nicht älter als 50. Der Dokumentarfilm "Machines" des indischen Regisseurs Rahul Jain zeigt dem Zuschauer eine beklemmende und fremde Welt. Anlass für das Projekt war der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch im Jahr 2013.

Silke Diettrich | 09.11.2017
    Filmstill aus dem Film "Machines" des indischen Regisseurs Rahul Jain: Arbeiter schlafen vor Erschöpfung während der Arbeitszeit in einer indischen Textilfabrik
    Filmstill aus dem Film "Machines" des indischen Regisseurs Rahul Jain: Arbeiter schlafen vor Erschöpfung während der Arbeitszeit in einer indischen Textilfabrik (Pallas Film / Pressefoto)
    Kein Tageslicht und unerträglicher Lärm. Die Arbeiter tragen keinen Mundschutz, keine Handschuhe, keinen Ohrenschutz. Sie hieven giftige Chemikalien in Fässern, schlafen fast am Fließband ein vor Erschöpfung. Die beklemmende Arbeitswelt für arme Menschen in Südasien hat Regisseur Rahul Jain schon von klein auf erlebt, allerdings musste er nicht selber hart arbeiten, sein Großvater war ein Fabrikbesitzer:
    "Für mich steht vor allem die philosophische Perspektive im Vordergrund über die Bedeutung von Arbeit, über die Ungleichheit darüber, wer was machen muss. Das löst so eine Traurigkeit aus, denn deren Arbeitswelt ist so weit von meiner eigenen Welt entfernt. Ich müsste so einen Job nie machen, weil ich in eine Welt mit viel besseren Voraussetzungen hinein geboren wurde."
    Anlass für den Film war der Einsturz einer Textilfabrik vor über vier Jahren in Bangladesch. Dort, wo das Gebäude Rana Plaza einmal stand, wuchert heute dichtes Gestrüpp, der Boden ist mit Müll übersät. Das tragische Unglück habe immerhin zur Folge gehabt, dass ein großer Druck auf alle Beteiligten der Textilindustrie in Bangladesch ausgeübt wurde, sagt die Arbeitsrechtlerin Kalpona Akter:
    "Im Bereich Sicherheit hat sich viel geändert. Vor dem großen Unfall in Rana Plaza hatten wir um die 200 Tote Arbeiter im Jahr, die durch Feuer oder Gebäudeeinstürze ums Leben gekommen sind. Heute sind es weniger als zehn oder sogar fünf Menschen, die durch Unfälle dort sterben. Das ist wirklich eine große Verbesserung."
    "Wenn wir unsere Stimme erheben, bekommen wir Probleme"
    Modefirmen, Gewerkschaften und Vereinigungen haben verschiedene Bündnisse geschlossen. Die Fabrikbesitzer, die mit diesen Bündnissen arbeiten wollen, bei denen die wichtigsten Modefirmen des Westens beteiligt sind, verpflichten sich, internationale Sicherheitsstandards von Gebäuden einzuhalten. Gerechte Löhne sichern die Bündnispartner allerdings bis heute nicht zu. Der monatliche Mindestlohn liegt bei rund 60 Euro in Bangladesch. Die lokale Textilindustrie und die Regierung wollen ihn bis 2019 auch nicht erhöhen. Wer dagegen protestiert, müsse mit harten Konsequenzen rechnen, sagt die Arbeitsrechtlerin Kalpona Akter:
    "Wenn wir unsere Stimme erheben, bekommen wir Probleme. Vergangenes Jahr sind nach Demonstrationen rund 2000 Arbeiter entlassen worden, 160 stehen auf schwarzen Listen, sie bekommen keine Jobs mehr, 35 sind im Gefängnis gelandet..."
    Mehr als 1100 Menschen sind bei dem Fabrikeinsturz von Rana Plaza gestorben. Rosina Begum ist eine von mehr als 2000 Menschen, die das Unglück überlebt haben. So wie sie können die meisten heute nicht mehr arbeiten, Rosina hat sich damals einen Arm abschneiden müssen, um aus den Trümmern heraus zu kommen. Sie hat wie alle anderen Überlebenden Entschädigungen erhalten. Aber sie fühlt sich nutzlos, weil sie auf Almosen angewiesen ist. Sie hat nur einen festen Wunsch für die Zukunft:
    "Mein einziger Traum ist, dass meine beiden Töchter gut aufwachsen können und eine vernünftige Bildung erhalten. Ich will nicht, dass sie wie ich, jemals in einer Nähfabrik arbeiten müssen."