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Deutscher Musikinstrumentenpreis
Preisgekröntes Flügelhorn

Zuerst hatte der Instrumentenbauer Klaus Mertens aus Schrozberg in Baden-Württemberg sich geziert, dieses Instrument zu bauen: Rund zwei Jahre tüftelte er schließlich an dem Flügelhorn mit Zylinderventil. Nun erhält er dafür den diesjährigen Deutschen Musikinstrumentenpreis.

Von Claus Fischer | 03.04.2017
    Ein modernes Flügelhorn (u.) liegt neben einem etwa 200 Jahre alten Bügelhorn
    Hornbauer Klaus Martens aus Schrozberg hat das Instrument Flügelhorn mit einem Zylinderventil augestattet. Auf diesem Bild ist ein übliches Flügelhorn und nicht das ausgezeichnete Horn abgebildete sowie ein etwa 200 altes Bügelhorn. (dpa / picture alliance / Patrick Pleul)
    Hier bekommt das preisgekrönte Flügelhorn seinen sprichwörtlich "letzten Schliff". Vorsichtig führt es Instrumentenbauer Klaus Martens am rotierenden Schleifband entlang.
    "Das matte Material fängt an zu glänzen – man kann sich drin spiegeln. Und das ist das, was wir vom Instrument erwarten, so soll es aussehen."
    Diesem letzten Arbeitsgang sind unzählige vorausgegangen. Klaus Martens kann selbst nicht genau sagen, wie viele Stunden er braucht, um eine Trompete oder ein Flügelhorn in Handarbeit herzustellen, es dürften etwa 80 sein. Weit mehr Zeit benötigt der Meister allerdings für die Entwicklung eines neuen Prototyps.
    Modell "Horaffia-AX"
    "Es ist nicht nur die äußere Form. Es ist vor allen Dingen die Mensur, also die Länge- und Durchmesserverhältnisse, das ist ganz wesentlich. Und das ist auch das, wo man sich an einem Instrument schon mal Jahre aufhalten kann bis man sagt: Das ist es! Und dann geht man in Serie."
    Rund zwei Jahre hat es gedauert, bis Klaus Martens das nun vom Bundesministerium für Wissenschaft und Energie preisgekrönte Modell "Horaffia-AX" in all seinen Einzelteilen entworfen hatte.
    "Horaffia ist eine Kapelle aus Crailsheim, die Egerländer Blasmusik macht. Und aus der Kapelle heraus war die Nachfrage nach einem Konzertflügelhorn. Und lange wollte ich es nicht herstellen, habe mich ein kleines bisschen geziert."
    Gewünscht wurde nämlich ein Instrument mit einem sogenannten Zylinderventil, das über eine Drehbewegung funktioniert. Das häufiger verwendete sogenannte Périnet-Ventil wird dagegen mittels einer Hubfunktion gesteuert. Um sein erstes Flügelhorn mit Zylinderventil zu bauen, brauchte Klaus Martens neben neuem Knowhow auch eine neue Maschine. Doch der Aufwand wurde belohnt. Im Institut für Musikinstrumentenbau in Zwota bei Klingenthal im sächsischen Vogtland wurde das Modell Horaffia-AX von Klaus Martens geprüft und analysiert, außerdem durften einige Profimusiker es intensiv ausprobieren. Das Ergebnis war frappierend: In allen Belangen erhielt das Flügelhorn überdurchschnittliche Bewertungen. Besonders hervorgehoben wurde die angenehme Spielbarkeit.
    "Dieses Instrument spricht sehr leicht an. Und es spricht sehr leicht an in allen Lagen. Nicht nur in einem begrenzten Tonumfang, sondern von unten über die Mitte bis ganz oben, das ist wichtig, damit man sich wohlfühlt."
    Ebenfalls hervorgehoben von den Experten wurde die Gestaltung der sogenannten Drückerplatten, die die Ventile des Flügelhorns steuern.
    "Der Klang der Blasinstrumente, der hat mich ergriffen, schon als Kind. Bei uns in der Familie: Der Opa, der Vater, der Onkel – es wurde Musik gemacht, an der Klarinette, an der Trompete, auf der Orgel. Und von daher war ich vorbelastet."
    Auszeichnung wie der Oscar der Branche
    Klaus Martens stammt aus Kevelaer am Niederrhein. Durch seine Ehefrau kam er nach Schrozberg in Baden-Württemberg. Nach der Lehre eröffnete er 1993 dort seine Werkstatt. Und vier Jahre später, 1997, wurde er bereits zum ersten Mal mit dem Deutschen Musikinstrumentenpreis ausgezeichnet, damals für ein Flügelhorn mit Périnette-Ventil. (*)
    "Das ist unser Oscar in der Branche. Und mehr ist, denke ich, an Ehre nicht zu erreichen. Es zieht doch Einiges an Interesse nach sich."
    Die Werkstatt von Klaus Martens im hohenlohischen Städtchen Schrozberg mag zwar abseits aller gängigen Reiserouten liegen, ist aber ein Dreh- und Angelpunkt der Blasmusikszene. So war auch schon Startrompeter Ludwig Güttler aus Dresden da.
    "Das vergesse ich nicht: Er kam rein und hat in seinem sächsischen Slang gefragt, was wir da rumdaimlern, in Anlehnung an Mercedes natürlich."
    Ein Stammkunde der kommt aus Frankfurt.
    "Mit dem Professor Axel Schlosser haben wir einen Musiker, der international als Jazzer geschätzt und auch geehrt wird. Er spielt in der Bigband des Hessischen Rundfunks die Solotrompete und spielt tatsächlich auf diesem "Horaffia"-Flügelhorn seine ganzen Flügelhorn-Partien."
    Rund 2.500 Euro kostet das preisgekrönte Flügelhorn, also weit weniger als der sprichwörtliche Kleinwagen. Eigentlich unbezahlbar sind jedoch Herzblut und Hirnschmalz, die Klaus Martens aufwenden musste, um es zu entwickeln. Das, so betont er augenzwinkernd, geht nur, wenn man den Beruf fürs Leben gefunden hat.
    "Ganz kurz und knapp: Ich kann mir nichts Anderes vorstellen!"
    (* Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version stand der Satz: "Klaus Martens ist damit der einzige Instrumentenbauer, der diese Auszeichnung zweimal bekommen hat." Dieser Satz wurde gestrichen. Auch Ricco Kühn hat den Deutschen Musikinstrumentenpreis zweimal erhalten.)