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Deutsches Geld für Spaniens Banken

Spanien ist das neue Sorgenkind in der Eurozone. Noch im Juli sollen die ersten 30 von vielleicht 100 Milliarden Euro fließen, die das Land dringend benötigt. Vorher muss der Bundestag auf einer Sondersitzung der deutschen Beteiligung zustimmen.

Von Theo Geers und Hans-Günter Kellner | 18.07.2012
    "Also schwimmen Se’ nicht so weit raus und achten darauf, das Handgepäck immer griffbereit zu haben …"

    Norbert Lammert – unnachahmlich wie immer. Im Plenum war es spät geworden am 29. Juni, dem letzten Sitzungstag vor der Sommerpause. Der Bundestagspräsident kennt jedoch seine Pappenheimer und so gab er den 620 Abgeordneten augenzwinkernd noch schnell eine Ermahnung mit - auf den Weg in den Urlaub.

    Morgen Nachmittag: Euro-Rettung, die zehnte. Die Sondersitzung des Bundestages ist unvermeidbar. Denn wieder muss eine Etappe genommen werden auf dem langen Weg, die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. In den vergangenen zwei Jahren hat das Parlament bereits neun Mal über Rettungsaktionen für den Euro abgestimmt. Zuletzt Ende Juni - als für den europäischen Rettungsfonds ESM und Fiskalpakt eine Zweidrittel-Mehrheit zustande kam. Morgen wird es um Hilfsgelder für Spanien gehen – das neue Sorgenkind in der Eurozone.

    Spanische Banken haben erst sich und dann das Land mit der Finanzierung von Schrottimmobilien in eine bedrohliche Lage gebracht. Seit Anfang Juni ist auch offiziell klar: Spanien braucht Hilfe – und wird diese auch bekommen. Noch im Juli sollen die ersten 30 von vielleicht 100 Milliarden Euro fließen, die das Land dringend benötigt.

    Der europäische Rettungsfonds EFSF wird das Geld bereitstellen. Dafür nimmt der Fonds Anleihen auf, für die andere Eurostaaten bürgen. Deutschland ist mit den üblichen 29 Prozent dabei, bürgt also für 8,7 der ersten 30 Milliarden Euro. Haushaltswirksam würde dies erst, falls Spanien das Geld nicht zurückzahlen sollte. Doch auch dieser Bürgschaft muss der Bundestag zustimmen, und zwar das Plenum. So hat es das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr in einem Urteil entschieden. Deshalb müssen die Abgeordneten ihren Urlaub unterbrechen, nach Berlin zurückkehren, um im Reichstag abzustimmen. Eine glatte Sache?

    "Also ich gehe davon aus, dass die gleichen Mehrheiten, die auch über den ESM und den Fiskalpakt abgestimmt haben und es befürwortet haben, dies jetzt auch wieder tun werden","

    schätzt Lars Lindemann. Der FDP-Abgeordnete aus Berlin-Wilmersdorf hat Ende Juni gegen ESM und Fiskalpakt gestimmt – und er will auch morgen wieder mit "Nein" stimmen. Er wird nicht der Einzige sein. Ihn stört der Zeitdruck, unter dem der Bundestag entscheiden muss, während sich das Bundesverfassungsgericht für das Urteil über ESM und Fiskalpakt bis zum 12. September Zeit nehmen wird. Hauptgrund für Lindemanns "Nein" ist aber ein anderer:

    ""Wir suggerieren zum Beispiel mit unserem ESM oder auch den Beschlüssen, die davor gefasst worden sind, Sicherheiten, die es so nicht gibt. Es ist eine weitaus größere Unsicherheit, auf der wir im Moment agieren, und das sollte man den Leuten auch so sagen und nicht vortäuschen, dass Haftung auf bestimmte Zahlen und konkrete Eurobeträge begrenzbar ist für uns. Das ist es nicht."

    Trotz dieser Bedenken: Ein Ja des Bundestages zu den Hilfen für spanische Banken gilt als sicher, auch wenn vielen Abgeordneten dabei unbehaglich ist. Dafür wiederum ist die Frage der Haftung der Grund. Denn die Milliarden-Hilfen, egal ob sie jetzt für Spanien bestimmt sind oder zuvor an Griechenland flossen, sind unpopulär; zu groß ist die Sorge, dass Deutschland für etwas zahlt, was anderswo verbockt wurde. Ein fast untrügliches Gespür für derartige Stimmungen in der Bevölkerung hat Horst Seehofer, weshalb der CSU-Vorsitzende das Ja seiner Bundestagsabgeordneten an Bedingungen geknüpft hat.

    "Ich empfehle, dass wir zustimmen, wenn klargestellt wird von der Bundesregierung, dass für diese Hilfe der spanische Staat haftet und nicht eine einzelne Bank. Denn dann hätten wir ja faktische eine Einlagensicherung für die europäischen Banken und das wollen wir nicht."

    Kurzfristig, also für die Abstimmung morgen, kann der CSU-Chef ganz beruhigt sein. Die ersten 30 Milliarden Euro für Spanien werden nach den Vergaberegeln des EFSF ausgezahlt – und damit erst gar keine Missverständnisse entstehen, hat Regierungssprecher Steffen Seibert schon vorsorglich erklärt, was das im Falle Spaniens heißt:

    "Der Staat stellt den Antrag, der Staat nimmt das Geld entgegen und der Staat haftet. Es ist absolut glasklar."

    … für die Gegenwart. Unklar aber ist die Zukunft. Denn die Hilfen sollen später einmal vom EFSF auf den permanenten Rettungsschirm ESM übertragen werden.

    Und mehr noch: Nicht nur Spanien fordert schon seit Längerem, dass früher oder später Banken auch direkt aus dem ESM Hilfen bekommen sollen, ohne dass - wie jetzt bei Spanien – die Hilfszahlungen zunächst an das jeweilige Nehmerland fließen, dem dann auch Auflagen erteilt werden können. Frankreichs Finanzminister Moscovici geht noch weiter und sagt, der ESM könne Banken auch nachträglich direkt finanzieren. Um die Zweifler auch in der eigenen Koalition zu beruhigen, kann Angela Merkel darauf verweisen, dass Spanien die Hilfsgelder nur unter Bedingungen erhält: Es muss unter anderem den Bankensektor reformieren sowie eine Bad Bank für faule Kredite gründen. Verglichen mit Griechenland, Portugal oder Irland sind das sehr weiche Auflagen; aber es sind Auflagen, mit denen sich die unpopulären Beschlüsse der skeptischen Öffentlichkeit noch so gerade verkaufen lassen. Über alle weitergehenden Haftungsfragen allerdings ist noch nicht entschieden. Auch nicht darüber, ob sich die deutsche Sichtweise durchsetzen kann, wonach ein Staat auch künftig für die an seine Banken gezahlten Hilfen haftet. Regierungssprecher Seibert stellt vorsorglich klar.

    "Darüber ist überhaupt erst zu reden und zu entscheiden, wenn eine einheitliche unabhängige europäische Bankenaufsicht eingerichtet ist und wirksam geworden ist. Erst dann wird diese mögliche nächste Diskussion geführt, wenn wir aber auch eine ganz andere Grundlage von Kontrolle über nationale Grenzen hinweg bekommen haben."

    Das klingt nach einer starken Position, nach einem Vetorecht. Es hört sich an, als ob ohne oder gar gegen Deutschlang nichts läuft in puncto "Raus aus der Haftung" für Spanien und andere Krisenstaaten, deren Banken mit deutschem Geld vor der Pleite bewahrt werden müssen. Tatsächlich kann so eine gravierende Änderung der Vergaberegeln bei den Rettungsfonds auf einem EU-Gipfel nur einstimmig beschlossen werden. Wofür sich die deutsche Kanzlerin wiederum die Zustimmung des Bundestages einholen müsste. Das Parlament hat es – theoretisch - also in der Hand, ob EU-Staaten aus der Haftung entlassen werden - wie es Spanien, Italien oder Frankreich vorschwebt.

    In Spanien hingegen wird die Diskussion über die Bankenrettung und die Frage der Haftung auf einer vollkommen anderen Ebene geführt: "Für diese Krise zahlen wir nicht!" Tausende protestieren in den spanischen Großstädten gegen die Folgen der tief greifenden Finanz- und Wirtschaftskrise. Manchmal heißt es sogar "Für Eure Krise zahlen wir nicht". Allein die einfachen Bürger müssten nun für die Misswirtschaft büßen: 25 Prozent Arbeitslose, ein sinkendes Pro-Kopf-Einkommen, Entlassungen in Krankenhäusern, Arztzentren, Schulen und Hochschulen, höhere Steuern …

    Die Rechnung, die den Spaniern für die Krise präsentiert wird, ist lang. Hinzu kommt noch ein neues umfassendes Sparpaket, das Regierungschef Mariano Rajoy vergangene Woche vorgelegt hat: Lohnabstriche im öffentlichen Dienst, eine Mehrwertsteuererhöhung, Kürzungen beim Arbeitslosengeld und bei den Leistungen aus der Pflegeversicherung. Der angestrebte Umfang der Konsolidierung: 56 Milliarden Euro, das größte Sparprogramm in der demokratischen Geschichte Spaniens. Im Parlament bat Rajoy um Verständnis:

    "Wir müssen das machen, ob es uns gefällt oder nicht. Ich bin der Erste, der sagt, das schmeckt mir nicht. Ich habe versprochen, die Steuern zu senken. Jetzt hebe ich sie an. Ich habe meine Einstellung nicht grundsätzlich geändert. Aber die Umstände haben sich gewandelt und ich habe keine andere Wahl, als mich ihnen anzupassen. Wir brauchen sogar Kredite, um das Arbeitslosengeld zu bezahlen, die Gehälter im öffentlichen Dienst, die Ärzte und die Lehrer. Unsere öffentlichen Ausgaben übersteigen die Einnahmen um viele Milliarden. Im vergangenen Jahr um mehr als 90 Milliarden Euro."

    Die Antwort auf Rajoys Sparvorhaben folgte prompt. An manchen Tagen sind es nur ein paar Hundert, an anderen einige Tausend, die seither in Großstädten wie Madrid und Barcelona auf die Straße gehen. Die Bereitschaftspolizisten zeigen Verständnis, wenn sie ihre Helme abnehmen und so freundlich wie selten zuvor die Plätze räumen. Auch ihnen werden die Gehälter gekürzt. Unter den Demonstranten finden sich viele ihrer Kollegen.

    Ignacio Fernández Toxo, Chef der Arbeiterkommissionen, einer der beiden großen Gewerkschaften im Land, kündigte im Radio einen heißen Sommer an und schließt auch einen weiteren Generalstreik nicht aus:

    "Diese Sparpolitik ist eine Revolte der Eliten, die fordern, dass die Lasten der Krise noch ungleicher verteilt werden. Und wer profitiert davon? Die Eliten in der Finanzwelt, die doch für dieses Desaster verantwortlich sind. Die einfachen Leute können sich nicht mal mehr einen Kinobesuch leisten, die Steuern dafür steigen um 13 Prozent. Sogar das Sterben wird teurer."

    Eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Der Internationale Währungsfonds hat jetzt seine leicht positive Prognose für Spanien für das nächste Jahr revidiert. Spaniens Wirtschaft wird demzufolge weiter schrumpfen, um 0,6 Prozent heißt es in dem jüngsten Gutachten. Die Auswirkungen der neuesten Sparbeschlüsse der Regierung Rajoy sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Sie würden die Rezession aber sogar noch vertiefen, erklärten die Autoren der Studie.

    Doch wenn das Sparen so schlecht ist für Spaniens Wirtschaft, kann das Land denn nicht darauf verzichten? Juan Ignacio Crespo war jahrelang in leitenden Positionen bei der spanischen Nationalbank, bei Sparkassen und für Konzerne tätig. Er meint, der spanischen Regierung seien die Hände gebunden:

    "Welche Alternative gibt es denn? Es ist kein Geld in der Kasse. Man müsste sich welches leihen. Aber wenn einem niemand Geld zu akzeptablen Bedingungen verleiht, muss man die Ausgaben kürzen. Das führt zu noch weniger Wachstum, und das wiederum zu sinkenden Steuereinnahmen, woraufhin die Ausgaben weiter gekürzt werden. Wir sind noch weit entfernt von Portugal oder Griechenland, aber wir haben hier die gleiche Dynamik. Und das in einem internationalen Kontext, in dem die Weltwirtschaft zunehmend weniger wächst."

    Womit es für Spanien immer schwieriger wird, aus diesem Teufelskreis von Kürzungen, hohen Risikoaufschlägen und Rezession herauszukommen. Allerdings sieht Crespo trotzdem Licht am Ende des Tunnels – ausgerechnet durch eine künftige weltweite Konjunkturdelle.

    Crespo erwartet in den USA noch für dieses oder das nächste Jahr eine Rezession. Der Finanzexperte ist sich sicher: Auch China werde weniger wachsen und die EU-Staaten werden als Markt für deutsche Exportgüter ausfallen. Dann, so Juan Ignacio Crespo, werde Deutschland einlenken, eine expansivere Politik der Europäischen Zentralbank befürworten, um die Staatsanleihen der angeschlagenen Süd-Länder zu stützen:

    "Der Leidensdruck wird so stark zunehmen, dass die Politik zu einem drastischen Kurswechsel gezwungen sein wird. Die Regierungen werden Ausgaben erhöhen und Inflation in Kauf nehmen müssen. Das führt zur Abwertung der Staatsschulden. Nach ein paar Jahren wird die Inflation aber gefährlich für die Weltwirtschaft. Die Zentralbanken werden die Zinsen erhöhen, um die Geldentwertung zu beenden. Das wird wieder eine Rezession auslösen. Ab diesem Zeitpunkt werden wir ein gesünderes Wachstum erleben."#

    Zwei Rezessionen also, aus denen am Ende auch Südeuropa gestärkt hervorgehen könnte, zum Preis einer Entwertung des Ersparten wie der Schulden von etwa fünf Prozent jährlich, das Ganze etwa vier Jahre lang, schätzt der Ökonom. Hervorgerufen durch Stützkäufe spanischer, portugiesischer oder italienischer Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank, aber auch anderer starker Zentralbanken, wie etwa der Bundesbank, auf dem Sekundärmarkt.

    Hängt also doch das Wohl Europas allein von Deutschland ab? Ist die Angst der Deutschen vor der Geldentwertung irrational? Nicht ganz, meint Crespo. Als ein Land der Sparer sei es völlig normal, dass Inflation für die Deutschen ein rotes Tuch sei. Nur sei die Alternative noch viel schlimmer. Denn deutsche Banken hätten die Fiesta auf dem spanischen Immobilienmarkt bis 2007 erst ermöglicht, sie seien die Gläubiger der spanischen Banken.

    Die Folgen eines Zusammenbruchs der Bankenwirtschaft in Spanien und Italien wären auch für Deutschland eine Katastrophe:

    "Wenn der Euro wirklich zusammenbräche, könnten die Banken in Spanien und Italien ihre Schulden nicht mehr zahlen. Damit würde auch die Bundesbank hohe Verluste machen. Sie müsste enorme Geldmengen in Umlauf bringen, um diese Verluste auszugleichen. Das würde in Deutschland eine enorme Inflation auslösen. Dazu das Desaster eines kollabierten Euro. Es gäbe eine schwere Depression. Europa hat nur die Wahl zwischen Inflation ohne Desaster oder Inflation mit Desaster. Aber Inflation wird es auf alle Fälle geben."

    Die Debatte darüber, dass Deutschland nun doch nicht für spanische Schulden geradestehen dürfe, findet Crespo deshalb irreal. Ein großer Teil deutscher Spareinlagen befinde sich bereits in Spanien, die wechselseitigen Abhängigkeiten seien längst gegeben, meint der Finanzmarktexperte.

    Mit einer europäischen Bankenaufsicht wäre es wohl nicht so weit gekommen. Sie hätte den Banken untersagen können, so hohe Risiken auf den Immobilienmärkten Irlands oder Spaniens einzugehen, glaubt José Luis Escario. Der Jurist von der Fundación Alternativas in Madrid hat sich auf europäisches Recht spezialisiert. Er denkt schon weiter, an die Zeit nach der Krise. Europa brauche nicht nur eine gemeinsame Bankenaufsicht und gemeinsame Garantiefonds, sondern auch ein einheitliches Steuerrecht und eine gemeinsame Steuerfahndung.

    "Das Steuerrecht gehört zur Souveränität der Staaten. Europäische Normen darüber müssten mit der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten beschlossen werden. Es gibt einen einheitlichen Markt, Kapital darf frei transferiert werden, da wäre es nur logisch, dass auch überall gleiche Steuersätze gelten. Der Wettbewerb würde dann auf anderem Terrain ausgetragen: In der Bildung, in der Innovation, Forschung und Entwicklung."

    Gemeinsame Regeln für Buchhaltung und Gewinnermittlung, gemeinsame Steuerfahnder, all das wären dringend benötigte Schritte hin zu einem echten europäischen Wirtschaftsraum, meint der Jurist. Anders sei der Euro nicht zu halten.

    "Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zeigen sich die Defizite des Euro. Wir brauchen eine grundlegende Reform der Währungsunion. Das hat zum Beispiel Van Rompuy erkannt, der ja einen ersten Entwurf für eine Reform vorgelegt hat. Der sieht eine neue Architektur für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik vor, die sogar zu einer neuen politischen Union führen kann."

    So José Luis Escario. Die jedoch bräuchte auch eine neue politische Legitimation. Dazu müssten Verfassungen geändert werden, Volksabstimmungen wären notwendig. Wirklich zur Debatte stehen solche Fragen in Spanien jedoch nicht. Viel zu dringlich sind die aktuellen finanziellen Nöte.

    Der Politologe Juan Ignacio Torreblanca kennt die Diskussion sowohl in Deutschland als auch in Spanien gut. Er ist der Chef der spanischen Sektion des "European Council on Foreign Relations" - einer europäischen Denkfabrik. Zum Streit darüber, ob vor einer Übertragung nationaler Hoheitsrechte an Brüssel nicht zunächst die Rechte des Europaparlaments gestärkt werden müssen, meint er:

    "Eine Steuerunion und eine Bankenunion – das ist schon eine politische Union. Wir können eine politische Union nicht anders erreichen als über eine schrittweise Einführung verschiedener Elemente. Wir müssen die heutigen Probleme lösen. Erst dann können wir uns um die Probleme der politischen Legitimation kümmern. Die Deutschen wollen alles neu überdenken. Ich will nach vorne. Wir müssen sehen, wie wir da zusammenkommen. Denn grundsätzlich sind wir uns einig. Unsere Vorstellungen von Europas Zukunft sind sehr ähnlich."

    In Europa diskutierten Architekten mit Feuerwehrleuten. Die Architekten säßen immer noch über den Plänen ihres Rohbaus und diskutierten über die Dachkonstruktion, während das Gebäude in Flammen stehe, sagt Torreblanca. In einer solchen Situation müsse aber zuerst das Feuer gelöscht werden.

    Das würde bedeuten: Die Staatsanleihen vor den Angriffen der Spekulanten schützen und den in Not geratenen Banken auch direkt helfen - so sehr es auch schmerzt, wenn für die Leichtfertigkeit der Banker die Gesellschaft aufkommen muss, in Madrid, Rom oder eben auch Frankfurt und Berlin.

    Dann ist die morgige Sondersitzung des Bundestags nur noch eine Episode von vielen im Bemühen, die Schuldenkrise in Europa einzudämmen. Knapp 600 der 620 Bundestagsabgeordneten müssen für den einen Nachmittag nach Berlin kommen. Es gilt Präsenzpflicht, unentschuldigtes Fehlen kostet 100 Euro.

    Die Kosten für An- und Abreise trägt der Steuerzahler. Schätzungen, wonach es eine halbe Million Euro kostet, die urlaubenden Abgeordneten kurz nach Berlin zu holen, will in der Bundestagsverwaltung übrigens niemand bestätigen. Es sei aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit deutlich weniger.