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Diäten rauf, Altersbezüge runter

Die Reaktionen waren vorhersehbar. "Diätenfrechheit" titelte die "BZ", von der "Koalition der Gierigen" sprach die "Hamburger Morgenpost". Das Vorhaben der Großen Koalition, den Abgeordneten künftig mehr Geld zu zahlen, rief einen Sturm der Entrüstung hervor. Zurzeit erhalten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages 7009 Euro brutto im Monat. Und das soll sich jetzt ändern. Nach mehreren Nullrunden sollen die Diäten der Volksvertreter um rund zehn Prozent auf dann 7700 Euro brutto steigen. Morgen stimmt der Bundestag über eine Änderung des Abgeordnetengesetzes ab.

Von Melanie Hinter und Matthias Günther | 15.11.2007
    Olaf Scholz, der als Parlamentarischer Geschäftführer für die SPD das Gesetz mit erarbeitet hatte, sagte bei der Vorstellung des Entwurfes, das Ziel sei gewesen:

    "Entwicklung eines Maßstabes für die Diäten der Abgeordneten, der allgemein akzeptiert wird. Wir finden, die Höhe der Abgeordnetendiäten soll sich in Zukunft danach richten, was ein Bürgermeister einer Stadt von 50.000 bis 100.000 Einwohnern normalerweise in Deutschland bekommt oder ein Landrat oder was ein einfacher Bundesrichter erhält. Das wollen wir durch zwei Erhöhungsschritte erreichen, die sich etwas oberhalb der allgemeinen Entwicklung befinden, die aber insgesamt moderat ausfallen."

    Die Koalitionsparteien halten die Erhöhung für gerechtfertigt und verweisen auf die Bundesrichter. Im Jahr 1977 entsprachen die Entschädigungen der Abgeordneten nach Angaben des Bundestages in etwa den Einkünften eines Richters an einem obersten Gerichtshof des Bundes in der Besoldungsgruppe R 6. Da die Parlamentarier wiederholt auf eine Erhöhung ihrer Diäten verzichtet hatten, seien sie hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückgeblieben. Das soll sich jetzt ändern.

    Der Vergleich mit den Richtern ist bereits 1995 Gesetz geworden. In Zukunft sollen die Diäten demnach immer dann steigen, wenn auch diese beiden Gruppen mehr Geld bekommen. Kaum ist der Entwurf vorgestellt, hagelt es Kritik. Nicht nur die Medien und Stammtische schimpfen auf die ach so raffgierigen Parlamentarier. Auch die Opposition, die selbst von der Erhöhung profitiert, kritisiert die Entscheidung.

    FDP verlangt Systemwechsel
    Für die Partei Die Linke komme die Erhöhung schlicht zum falschen Zeitpunkt, so deren Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi.

    "Wir haben 2,6 Millionen arme Kinder in Deutschland. Wir haben die Hartz-IV-Empfänger. Wir haben die Kranken, die zuzahlen müssen. Wir haben eine große Zahl von Arbeitslosen, verstehen Sie, wir haben ganz geringe Lohnsteigerungen im letzten Jahr erlebt. Es ist überhaupt nicht der Zeitpunkt, daran zu denken, die eigenen Diäten zu erhöhen. Also wirklich: Einen unpassenderen Zeitpunkt kann man sich gar nicht vorstellen. Deshalb lehnen wir das ab."

    Für die Liberalen fordert Parteichef Guido Westerwelle einen Systemwechsel:

    "Wir wollen ein anderes Modell. Wir wollen, dass Politiker anständig bezahlt werden, aber dann sollen sie auch für das Alter selbst vorsorgen, wie das jeder Freiberufler machen muss. Wir wollen vor allen Dingen, dass die Höhe der Diäten festgesetzt wird durch eine beim Bundespräsidenten angesiedelte, unabhängige Sachverständigenkommission. Dann hört endlich auch der Vorwurf der Selbstbedienung auf."

    Doch so einfach ist das nicht. Denn die Abgeordneten müssen selbst über die Höhe ihrer Entschädigung entscheiden, so will es das Grundgesetz. Das Diäten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1975 hat die Abgeordneten ausdrücklich dazu verpflichtet selbst und vor den Augen der Öffentlichkeit die Höhe ihrer Entschädigung zu beschließen. Die Verantwortung an ein Gremium abzugeben, das dann die Entscheidung treffe, hinter die sich die Abgeordneten zurückziehen könnten, dazu müsste erst die Verfassung geändert werden. Das lehnen SPD und Union ab.

    Und Norbert Röttgen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, findet es sogar gut, dass die Abgeordneten selbst entscheiden und das dann auch begründen müssen.

    "Man kann ja nicht, weil das Thema unangenehm ist, fliehen. Sondern man muss einen vernünftigen Vorschlag machen, und dann muss man auch dazu stehen. Das gehört zur politischen Verantwortung dazu. Und ich glaube, dass wir einen guten Vorschlag gemacht haben. Der ist ausgewogen, und ich finde übrigens auch richtig, dass wir ihn vertreten müssen in der Öffentlichkeit, weil das auch dazu führt, dass wir uns die richtigen Gedanken machen und auch in der Verantwortung stehen, weil wir auch öffentlich das rechtfertigen müssen, dadurch auch kritisiert werden, alles völlig in Ordnung."

    Völlig in Ordnung finden die meisten Parlamentarier auch die Höhe ihrer Bezüge. Denn das hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1975 festgelegt: Die Entlohnung muss für alle Abgeordneten gleich sein, ihre Unabhängigkeit sichern und eine Lebensführung gestatten, die der Bedeutung des Amtes angemessen ist.

    Rainer Wend, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion:

    "Für mich ist wichtig: Das Geld, was ich jetzt als Abgeordneter beanspruche, habe ich das verdient durch eine Gegenleistung, ja oder nein? Wenn meine Arbeit nicht in Ordnung ist, bin ich bereit, mit mir darüber reden zu lassen. Wenn man aber sagt, okay, der hat vielleicht eine 50- bis 60-Stunden-Woche, auch von dem, was von ihm erwartet wird, ist das Einiges, dann sind die 7300 oder 7600 Euro in Ordnung. Wenn das nicht in Ordnung ist, kann man mit mir darüber reden. Aber zu sagen, viele andere Menschen kriegen auch nicht. Wenn ich mich danach bemesse, dann habe ich niemals eine Gelegenheit, meine Arbeit ordentlich in Relation zu bewerten."

    Diäten gibt es in Deutschland seit 1906. Vorher war die Mitgliedschaft im Parlament ehrenamtlich - davon leben konnte niemand. Das ist heute anders. Abgeordnete haben ein Anrecht auf eine entsprechende Entlohnung. Das soll dazu führen, dass die Volksvertreter einen Querschnitt der Bevölkerung bilden und allen Schichten angehören. Doch dafür seien die Diäten zu niedrig.

    Eine Meinung, die der Vorsitzende des Beamtenbundes, Peter Heesen, vertritt. Die Parlamentarier verdienten zu wenig.

    "Bei dem, was wir im Augenblick zahlen, muss man faktisch sagen, ist ein großer Teil der Bevölkerung, der Hervorragendes leisten könnte, eigentlich für ein Parlamentsmandat nicht infrage kommt, weil er sich erheblich verschlechtern würde. Das halte ich vom Grundsatz her für ein Problem. Das lösen wir jetzt auch nicht mit der Erhöhung von 9,4 Prozent. Darüber bin ich mir im Klaren. Aber es ist doch ein Faktum, dass wir Leute, nehmen Sie einen Geschäftsführer einer GmbH, nehmen Sie einen Arzt. Das sind Menschen, die heute ein Jahresgehalt von 150.000 bis 200.000 Euro haben. Wir haben bei den Abgeordneten ein Jahresgehalt von 84.000 Euro. Das passt nicht zusammen. Warum sollte jemand, der in der Wirtschaft Gutes leistet, der irgendwo in einem Betrieb Gutes leistet, der als Arzt Gutes leistet, warum sollte der Interesse haben am Parlament?"

    Doch trotz alledem: Schon bei der ersten Lesung des Gesetzes ist klar geworden: die Opposition lehnt die Pläne der Großen Koalition ab - und nicht nur die Erhöhung der Bezüge. Die Oppositionsparteien prangern vor allem an, leider fehle der Mut zu einem Systemwechsel.

    Gegenbeispiel Nordrhein-Westfalen
    Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Jörg van Essen:

    "Wir wollen von der jetzigen beamtenähnlichen Versorgung weg. Der Grund ist schlicht und einfach, wir sind als Abgeordnete keine Beamten. Deswegen sollten wir uns weder bei dem Maßstab der Diäten, B 6, noch bei der Altersversorgung an den Beamten orientieren. Und deshalb ist unser Vorschlag der, dass es in Zukunft so ist, dass die Abgeordneten in Zukunft selbst durch eigene Beiträge für ihre Altersversorgung sorgen sollen. Das ist kein theoretisches Modell, sondern die FDP hat das in Nordrhein-Westfalen umgesetzt."

    Dort hatten sich die Parlamentarier vor zwei Jahren für einen Systemwechsel entschieden. Sie haben sich zwar eine kräftige Diätenerhöhung gegönnt, strichen aber gleichzeitig eine Reihe anderer Leistungen: diverse steuerfreie Kostenpauschalen, etwa für Büro- und Fahrtkosten ebenso wie sehr hohe Aufwendungen für die staatliche Altersvorsorge.

    Auch der Landtag von Schleswig-Holstein hat bereits im vergangenen Jahr eine umfassende Diätenreform beschlossen - ohne eine einzige Gegenstimme. Die Abgeordneten sind auch heute noch überzeugt davon, dass sie das Richtige getan haben.

    Aber Frank Sauter, der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, fügt hinzu:

    "Die Abgeordneten des schleswig-holsteinischen Landtages befinden sich ja in der kuriosen Situation, dass sie auf der einen Seite als Vorbild gelten für andere Parlamente außerhalb Schleswig-Holsteins, während innerhalb Schleswig-Holsteins nach wie vor die Kritik an der Diätenreform nicht verstummt ist."

    Denn auf den ersten Blick haben sich die Landtagsabgeordneten eine üppige Gehaltserhöhung genehmigt: von rund 3900 Euro auf 8200 Euro brutto - also scheinbar auf mehr als das Doppelte. Allerdings: Zu den 3900 Euro war schon vor der Diätenreform einiges hinzugekommen, wie Landtagspräsident Martin Kayenburg erklärt.

    "Vorher gab es zum einen eine steuerfreie Kostenpauschale für die Arbeit im Wahlkreis, das waren etwa 800 Euro, es gab ein Sitzungsgeld für jeden Tag an dem man hier war, das waren 20 Euro, und es gab im Regelfall eine Fahrtkostenpauschale, die auch mehr als hinreichend war. Wir haben die steuerfreie Kostenpauschale abgeschafft, wir haben das Tagegeld abgeschafft, und Fahrtkosten werden nur erstattet gegen ganz konkreten Nachweis. Es gibt keine steuerfreien Pauschalen mehr."

    Neben den Pauschalen sind nun auch noch die meisten Funktionszulagen gestrichen. Die meisten der schleswig-holsteinischen Abgeordneten hätten zuvor derartige Zulagen kassiert.

    So berichtet es der Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Kieler Landtag, Holger Astrup:

    "Also wir hatten bei den 69 Abgeordneten hier in Schleswig-Holstein vor der Reform 44, die eine Zulage bekamen - als Arbeitskreisvorsitzender, Ausschussvorsitzender oder wie ich als Parlamentarischer Geschäftsführer oder mein Fraktionsvorsitzender - in unterschiedlicher Höhe. All das haben wir abgeschafft und eingedampft auf nur noch zwölf Zulagen. Das heißt, der Fraktionsvorsitzende bekommt eine Zulage, der Parlamentarische Geschäftsführer und die Vizepräsidenten, der Präsident des Landtages sowieso. Alles andere ist im Prinzip abgeschafft, Arbeitskreis- und Ausschussvorsitzende erhalten keine Zulage, sondern das normale Gehalt, das jeder Abgeordnete hier bekommt."

    Die Grunddiät also ist erhöht worden - von rund 3900 auf 6700 Euro im Monat. Und diese Grunddiät muss nunmehr in voller Höhe versteuert werden.

    Holger Astrup bereitet die Abgeordneten des schleswig-holsteinischen Landtages schon einmal auf ihren nächsten Einkommensteuerbescheid vor:

    "Die lieben Kolleginnen und Kollegen werden sehen, dass sie netto auf das Jahr gerechnet mit Sicherheit nicht mehr haben werden als vorher."

    Die Grunddiät von jetzt 6700 Euro erhöht sich um 1500 Euro auf die Endsumme von 8200 Euro - allerdings nur für neue Mitglieder des Landtags. Denn die bisherigen Abgeordneten bekommen ja wie Beamte eine Pension. Damit ist jetzt Schluss. Die neuen Mitglieder sollen selbst eine Altersversorgung aufbauen. Dafür erhalten sie die 1500 Euro.

    Für das Land Schleswig-Holstein sei die Altersvorsorge auf lange Sicht nur noch etwa halb so teuer wie bisher, sagt Landtagspräsident Kayenburg:

    "Wir haben das mal gerechnet und kommen auf Größenordnungen zwischen 2000 und 3000 Euro, die jetzt für die Zukunft nicht mehr anfallen, sondern stattdessen werden die 1500 Euro gezahlt. Insofern ist das langfristig eine erhebliche Einsparung, die der Staat, die das Land hat, weil die Abgeordneten selbst für ihre Altersvorsorge aufkommen müssen."

    Monika Heinold, die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, sieht nicht nur finanzielle, sondern grundsätzliche Vorteile durch die Neuregelung:

    "Wir haben jetzt eine eigenständige Altersvorsorge für die Abgeordneten, ich glaube, dass das ganz wichtig ist, weil das dazu beiträgt, dass ich rein ins Parlament kann, aber auch wieder raus, und dass das Versorgungssystem dadurch nicht unterbrochen wird, das kann gleich bleiben. Der Vorteil ist aber vor allem auch, dass es sich nicht mehr lohnt, möglichst lange im Parlament sitzen zu bleiben, sondern es ist ein dynamisches System. Und es ist nicht so, dass jedes Jahr, dass man länger hier ist, noch mal extra vergütet wird."

    Für Landtagspräsident Kayenburg ist wichtig, dass Abgeordnete künftig auch wie Arbeitnehmer und Steuerzahler behandelt würden:

    "Ich denke, dass man mit so einer Entscheidung auch am allerersten dem Bürger draußen klarmachen kann, dass Abgeordnete kein Privileg ausnutzen, sondern dass sie für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden, dass alles transparent ist, jeder Bürger nachvollziehen kann, wie die Einkommenssituation bei Abgeordneten ist, und dass hinsichtlich der Altersversorgung diese Abgeordneten gegenüber den normalen Bürgern keine Vorteile mehr besitzen."

    Aber auch mehr als ein Jahr nach der Reform ist immer wieder der manchmal polemische, manchmal ernst gemeinte Vorwurf zu hören, die Abgeordneten des Kieler Landtages hätten sich ihr Gehalt mehr als verdoppelt.

    Frank Sauter von der CDU-Fraktion würde deshalb dem Bundestag am liebsten empfehlen, die Finger von einer solchen Reform zu lassen:

    "Die Sachverhalte sind nicht vermittelbar und öffnen Tür und Tor, dass Zahlen miteinander verglichen werden, die nicht vergleichbar sind, und die Abgeordneten damit zulassen, dass eine Diskussion gegen den Parlamentarismus geführt wird, so nach dem Motto Selbstbedienungsmentalität und sonst etwas. Ich würde die Diskussion hier in Schleswig-Holstein ein weiteres Mal auch nicht nochmal führen."

    Den Erfahrungen in Schleswig-Holstein zum Trotz - auch auf Bundesebene wird diese Diskussion weiter geführt. Nicht nur in der Politik, immer mehr Verbände und Experten melden sich zu Wort und verlangen ähnlich vorzugehen.

    Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Karl-Heinz Däke:

    "Ich habe überhaupt gar nichts dagegen, dass Abgeordnete mehr verdienen, aber sie sollen sich endlich mal zu einer grundlegenden Reform der Diäten entschließen, so wie das in Nordrhein-Westfalen der Fall war. Das heißt alle Privilegien weg, ein anständiges Gehalt, das auch zu versteuern ist und aus dem sie ihre Aufwendungen, auch ihre Altersvorsorge, bestreiten. Eine alte Forderung des Bundes der Steuerzahler. Und dazu sollte man sich jetzt durchringen und nicht immer dieses Drehen an den einzelnen Schräubchen und hier mal ein bisschen und da mal ein bisschen. Das bringt alles nichts."

    Schlüsselfrage Altersvorsorge
    Und so wächst sich das stets unpopuläre Thema um die Diätenerhöhung der Abgeordneten immer mehr zu einer Diskussion rund um die Altersvorsorge aus. Denn die fällt bei den Parlamentariern recht üppig aus und ist für so manchen der eigentliche Stein des Anstoßes. Die Abstimmung morgen im Bundestag über die Änderung des Abgeordnetengesetzes sieht zwar auch eine Änderung der Altersvorsorge vor, doch für viele fällt diese zu gering aus. Dem Gesetzentwurf zufolge soll ein Abgeordneter für jedes Jahr im Bundestag statt 3 Prozent seiner Diäten nur noch 2,5 Prozent erhalten. Das geht vielen nicht weit genug.

    Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim fordert, die Bundestagsabgeordneten sollten zunächst einmal einige Privilegien beseitigen, bevor sie an eine Erhöhung ihrer Diäten dächten.

    "Abgeordnete sind Vertreter des Volkes, die Mehrheit hat eine Rentenversicherung. Wenn sie da den durchschnittlichen Rentner nehmen und vergleichen mit den Abgeordneten, dann hat der Abgeordnete pro Abgeordnetenjahr mehr als sieben Mal so hohe Pensionsansprüche als der Rentner pro Einzahlungsjahr. Mehr als sieben Mal so hoch! Und da sieht man meines Erachtens, was für ein Privileg diese Altersvorsorge ist."

    Ihn stört aber auch, dass sich die Bezahlung der Volksvertreter künftig an den Bundesrichtern orientieren soll.

    "Aber die Sache hat natürlich einen großen Haken. In Wahrheit haben Bundesrichter sehr viel weniger schon jetzt, weil die Abgeordneten doch große Privilegien haben. Sie haben die steuerfreie Kostenpauschale."

    Diese Kostenpauschale soll mandatsbedingte Kosten zum Beispiel für ein Wahlkreisbüro oder Reisen abdecken. Sie ist steuerfrei, und die Abgeordneten müssen über ihre Verwendung keine Rechenschaft ablegen - ein Umstand, der in der Kritik steht. Von Arnim bemängelt zudem, dass Richter im Gegensatz zu Abgeordneten keine Nebentätigkeiten ausüben dürften.

    Der Sozialverband Deutschland fordert, die Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Eine Diätenerhöhung ohne grundlegende Reform der Altersvorsorge sei nicht akzeptabel, meint der Präsident des Sozialverbandes, Adolf Bauer, und teilt damit die Meinung der Opposition im Bundestag.

    Keine Privilegien bei der Altersvorsorge der Politiker, meint auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Dagmar Enkelmann:

    "Es bleibt bei unserer grundsätzlichen Kritik, dass Abgeordnete Leistung beziehen, für die sie keinerlei Beiträge leisten. Mit dieser Privilegierung muss endlich Schluss gemacht werden. Wir werden einen Vorschlag auf den Tisch legen, dass Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung mit einzubeziehen sind."

    Der Grünen-Politiker Volker Beck schlägt vor, die Bundestagsabgeordneten sollten in ein Versorgungswerk einzahlen.

    "Wenn wir das gleiche Niveau, was die jetzige Altersversorgung der Abgeordneten bedeutet, durch ein Versorgungswerk für Abgeordnete finanzieren würden, dann würde das Pi mal Daumen einen monatlichen Betrag pro Kopf pro Abgeordneter von 2600 Euro bis 3000 Euro bedeuten."

    Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, verteidigt indessen die Pläne. Die Bestimmungen zur Altersvorsorge trügen dem Umstand Rechnung, dass Abgeordnete ihre Parlamentstätigkeit nur für begrenzte Zeit ausübten. Die Altersversorgung wandele sich von einer Vollversorgung zu einer Lücke füllenden Teilversorgung.

    Die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag stelle nur einen Teil des Berufslebens der Abgeordneten dar, heißt es im Gesetzentwurf. Der Höchstsatz der Altersvorsorge werde nach der neuen Regelung erst nach 27 Mandatsjahren erreicht, doch die meisten Abgeordneten gehörten dem Parlament ein bis drei Wahlperioden an, also in der Regel vier bis zwölf Jahre. Die Ideen der Opposition werden sich wohl nicht durchsetzen. Morgen wird der Bundestag abschließend über die Änderung des Abgeordnetengesetzes beraten und danach namentlich abstimmen.