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"Die Arbeit macht mir riesig Spaß"

Der NRW-Forschungsminister und Verhandlungsführer der FDP bei den Koalitionsgesprächen mit der Union, Andreas Pinkwart, hat erneut bekräftigt, dass nicht nach Berlin gehen wird. Er bleibe der Spitzenkandidat der FDP für die anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen.

Andreas Pinkwart im Gespräch mit Jörg Biesler | 06.10.2009
    Andreas Pinkwart: Es geht uns darum, dass wir in den Koalitionsverhandlungen insgesamt erreichen wollen, dass das Thema Bildung, Forschung, Technologie, Innovation in der künftigen Bundesregierung, in der Bundespolitik noch einen höheren Stellenwert bekommt, als das in der Vergangenheit der Fall war. Wir wollen die Vision verwirklichen, Deutschland wirklich zu einem echten Bildungsland auch zu machen, einem Land mit den besten Schulen und Hochschulen in der Welt, weil wir wissen, dass Bildung die zentrale Voraussetzung für den Wohlstand von morgen ist und diesen Zusammenhang müssen wir auch abbilden, wenn es darum geht, die notwendigen Prioritätensetzungen, auch was den Ressourceneinsatz anbetrifft, vorzunehmen.

    Jörg Biesler: Ich glaube, das könnte jetzt jeder unterschreiben, was Sie gesagt haben, aber es ist natürlich in der Vergangenheit und wohl auch in der Zukunft ein Finanzierungsproblem. Alle wissen eigentlich, wir müssten jetzt viel Geld ausgeben für die Bildung, das ist dann insgesamt billiger, als wenn wir erst spät anfangen da was zu tun. Zehn Prozent stehen ja im Raum, hat auch die Kanzlerin gesagt, zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes sollen erreicht werden. Wird es denn möglich sein unter den derzeitigen Bedingungen, diese zehn Prozent in nicht allzu ferner Zukunft zu erreichen?

    Pinkwart: Das müssen wir auf jeden Fall anstreben im Interesse unseres Standortes. Wir müssen uns ja vor Augen führen: Wir sind ja noch Exportweltmeister, wir sind aber in den wesentlichen Bildungskennzahlen wenn überhaupt im gehobenen Mittelfeld, in manchen Indikatoren auch eher nur im Mittelfeld. Und das kann sich jeder vor Augen führen: Wenn wir da weiter im Mittelbereich verharren, dann werden wir auch, was unsere Exportfähigkeit anbetrifft, was Arbeit und Wachstum anbetrifft, keine Spitzenposition auf Dauer mehr halten können. Und das ist der innere Zusammenhang, das heißt, Bildungsinvestitionen heute sind Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Wachstumsstrategie für morgen. Das müssen wir auch noch deutlicher machen, das heißt, klare Prioritäten setzen, auch in öffentlichen Haushalten, auch unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Wachstumsstrategie, deswegen das Zehnprozentziel, ganz klar, und wir müssen auch versuchen, es so schnell wie möglich, aber auch so solide wie möglich zu erreichen.

    Biesler: Sie haben die Kompetenzen angesprochen. Es sind ja nicht wenige, die fordern – auch die FDP fordert das –, dass der Bund eigentlich mehr Kompetenzen braucht in der Bildungspolitik. In der Forschungspolitik hat er die ja noch. Wird es denn so werden, wie ihr Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gesagt hat, also dass der Bund nicht mehr Kompetenzen in der Bildungspolitik bekommen wird? Oder wollen Sie doch erreichen, dass da unter Umständen die entscheidenden Weichenstellungen mehr im Bund als nur in den Ländern stattfinden können?

    Pinkwart: Wir müssen insgesamt versuchen, dass Bund und Länder hier zu einem partnerschaftlicheren Verständnis zusammenfinden. Das ist uns im Bereich Hochschule und Forschung ganz gut gelungen mittlerweile, auch durch die neue Institution der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, auch in Form der Pakte, Hochschulpakt, Exzellenzinitiative, Pakt für Forschung. Das wünschte ich mir auch für die anderen Fragestellungen und ich bin eigentlich ganz zuversichtlich, dass wir auch hier insgesamt zu Fortschritten kommen können. Wir sollten nach vorne gerichtet uns einfach fragen: Wie können wir hier noch wirksamer zusammenarbeiten, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, dass wir ein Land mit den besten Schulen und den besten Hochschulen in der Welt werden? Das wird ohne partnerschaftliches Zusammenwirken jedenfalls nicht gelingen.

    Biesler: Sie formulieren vorsichtig, aber unter dem Strich würde es schon heißen: mehr Kompetenz für den Bund?

    Pinkwart: Ob das sich in der Kompetenzfrage spiegelt, das Zuständigkeiten verlagert werden – das weiß ich gar nicht, ob es darauf letztlich hinauslaufen muss. Es wird ein anderes Zusammenwirken geben müssen, das haben wir ja etwa auch im Bereich der Forschungseinrichtung gesehen, und dann muss man sehen: Wie kann man das dann auch vertraglich so regeln, dass dann auch diese Kooperation wirklich zu besseren Ergebnissen führt? Ich bin da ganz zuversichtlich, dass wir da Wege finden, die mit der geltenden Verfassung auch im Einklang stehen.

    Biesler: Sie verhandeln für die FDP jetzt mit der amtierenden Bildungsministerin Annette Schavan, die wohl nicht mehr Bildungsministerin werden wird in der neuen Koalition. Wie wird denn dann das Amt des Bildungsministers zu besetzen sein? Wird das unter Umständen ein FDP-Amt werden?

    Pinkwart: Hier geht es uns nicht darum, wer welche Aufgabe in Zukunft wahrnehmen wird oder nicht, ich beteilige mich auch nicht an den von Ihnen genannten Spekulationen, weder in die eine noch in die andere Richtung. Für uns ist völlig klar: Wir reden jetzt über Inhalte, und dann reden wir über sinnvolle Ressortzuschnitte aufgrund dieser inhaltlichen konzeptionellen Arbeit, und dann am Ende steht die Frage, wer diese Ressorts dann sinnvollerweise besetzen sollte. Wir haben jetzt eine sehr gute, intensive Phase vor uns, wo wir viele Dinge noch mal wirklich neu auch denken können, wo wir nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner suchen müssen, wie es die Große Koalition viel zu oft getan hat, sondern wo wir wirklich auch den Blick freihaben für anspruchsvolle, für große Lösungen. Ich erhoffe sie mir jedenfalls in vielen Bereichen, auch im Bereich der Bildung, der Innovation. Wenn wir das hinkriegen, dann bin ich ganz sicher, bekommen wir auch die anderen Fragen entschieden.

    Biesler: Ja, Sie sagen, die Personalentscheidungen sind natürlich nachrangig, dennoch haben Sie, für viele überraschend, schon ganz frühzeitig ausgeschlossen, nach Berlin zu gehen als neuer Bildungsminister.

    Pinkwart: Ja, gut, das kann ja jeder für sich auf jeden Fall tun, ob er eine Bereitschaft hat, eine andere Aufgabe zu übernehmen oder nicht.

    Biesler: Sie wurden als heißer Kandidat gehandelt.

    Pinkwart: Ja, gut, das ist ja dann das berühmte Spiel anderer Beteiligter. Mir war wichtig, deutlich zu machen, dass ich in Nordrhein-Westfalen der Spitzenkandidat der FDP für die anstehenden Landtagswahlen bin. Darauf freue ich mich, ich bin dort Innovationsminister, die Arbeit macht mir riesig Spaß, und als solcher bin ich hier leitend verantwortlich für unsere Verhandlungsgruppe der FDP und ich hoffe sehr, dass es uns hier gelingt, etwas im Bereich Bildung, Forschung, Technologie zu erarbeiten, was Bund und Länder dann hilft, noch besser werden zu können. Das ist mir auch ein besonderes Anliegen für Nordrhein-Westfalen auf unserem Weg zum Innovationsland Nummer eins.

    Biesler: Andreas Pinkwart, Verhandlungsführer der FDP bei den Koalitionsgesprächen im Bereich Bildung und Forschung. Ich wünsche Ihnen gute Verhandlungen!

    Pinkwart: Ganz herzlichen Dank!