Jan Brokken gehört zu der gleichen Gruppe niederländischer Autoren wie Adriaan van Dis oder Lieve Joris, die in den siebziger Jahren in ihren Reportagen Journalismus und Literatur miteinander vereinbaren wollten. Der Journalismus sollte persönlicher werden und die Literatur auf tatsächlichen Begebenheiten basieren. Das klassische Thema der blinden Passagiere, der Seefahrt und der Abenteuer behandelt der Autor deshalb ohne jeden Mystizismus, ohne Phantasterei, sondern mit dem nüchternen Blick für die Frage: Welche Geheimnisse liegen tatsächlich außer Reichweite des Radars, etwa zwischen den Menschen auf See? Das Fremde, das Exotische wird in diesem Buch während der Reise über Afrika, die Antillen bis nach Südamerika nirgends verklärt. Der kritische Blick findet seinen treffenden Ausdruck in zwei Sätzen, die in der deutschen Erstausgabe überraschenderweise nicht enthalten sind: "Wat je niet ziet, ken je niet; daar valt geen speld tussen te krijgen. Het is een logische taal, de taal van de zee."
Die Übersetzerin Helga van Beuningen meint dazu, sie habe die Sätze absichtlich fortgelassen, weil folgende Aspekte hier zusammenkämen: In dem Satz davor verwende der Schriftsteller einen Fachbegriff der Seeleute, auf den sich die folgenden vier Sätze wortspielerisch bezögen. Nach dem Ausdruck ‘hinter der Kimm’ wäre es im Deutschen ohne Wortspiel ungefähr so weitergegangen: ‘Was man nicht sieht, weiß man nicht. Es ist eine logische Sprache, die Sprache des Meeres.’ Ein Satz in Anlehnung an Wittgensteins Philosophie. Weil die spielerische Wortwahl des Autors nicht übersetzbar gewesen wäre, hat Helga van Beuningen - die als eine der erfahrensten Übersetzerinnen vom Niederländischen ins Deutsche gilt - auf die wittgensteinsche Adaption verzichtet. In etwa jedem fünfzehnten Buch, das sie bearbeite, gäbe es eine Stelle, die sie mit dem grundsätzlichen Dilemma des Übersetzens konfrontiere: der Originalsprache treu zu bleiben und den Inhalt nicht zu verändern. Die Treue zur Sprache wäre an dieser Stelle nicht mehr zu gewährleisten gewesen, dem deutschen Publikum fehlt dadurch die inhaltliche Anlehnung an den Philosophen. Daß die Übersetzerin jedoch keinen Schwierigkeiten aus dem Weg gegangen ist, zeigt, daß ihr gerade die humorvollen Pointen in diesem Roman hervorragend gelungen sind. Der Sprachwitz der oft sehr direkten niederländischen Formulierungen ist in der entsprechenden, dagegen geradezu indirekten deutschen Ausdrucksweise in keinem Fall verloren gegangen.
Bei allem philosophischen Hintergrund lebt das Buch in erster Linie von der kriminalistischen Spannung der beiden blinden Passagiere, der konkreten Verwirrung zwischen Maurice und Adriana und der Haßliebe zwischen Maurice und seinem Vater. Das Unausgegorene zeigt die Stärken der Erzählung, es beherrscht sie bis zum Schluß. Dort aber, wo die Dramatik betont ironisch gebrochen wird oder eine Idealvorstellung wie die der fernen Jugendliebe von Maurice zum Vorschein kommt, wird die Handlung von solchen Kontrapunkten eher geschwächt als unterstützt.
Im Kapitel der Fahrt um Kap Hoorn gelingt es Jan Brokken am deutlichsten ein Erlebnis zu schildern, das in der prägnanten Beschreibung des Offensichtlichen etwas von seiner Sichtweise auf die Gemälde von Vermeer hat: "Das erste, was man sieht von Vermeer ist dieses wunderschöne Blau. Und das zweite sind diese Gesichter, diese Frauen. Diese Melancholie! Und sie erzählen eine Geschichte, die Frauen lesen immer einen Brief auf den Gemälden von Vermeer. Und wenn man diese Gemälde besser kennt, dann gibt es eine ganze Geschichte und eine ganze Philosophie dahinter - aber er bringt es nicht als eine Idee. Das naheliegendste ist doch, was man sieht. Ich glaube, in der Literatur ist es genauso."