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Die erste Fernseh-Sportübertragung der Welt

Zwar noch in wackeligem Schwarz-Weiß, aber dafür live: Am 17. Februar 1931 glückte dem Japaner Kenjiro Takayanagi erstmals die Übertragung eines Sportereignisses in Echtzeit.

Von Thomas Jaedicke | 17.02.2011
    Über das Baseballspiel am 17. Februar 1931 auf dem Campus der Waseda Universität ist wenig bekannt. Nicht einmal im Archiv der berühmten Hochschule in Tokio gibt es Aufzeichnungen. Nur so viel ist sicher: Eine Mannschaft auf dem Feld war der Baseballklub der Uni. Und über Kabel wurde das Spiel ins elektrotechnische Labor der Hochschule übertragen. Dort sollen die wackeligen Schwarz-Weiß-Bilder auf einem quadratischen Bildschirm mit 90 Zentimeter Seitenlänge zu sehen gewesen sein: die erste Fernseh-Sportübertragung der Welt.

    In den folgenden Monaten des Jahres 1931 wurde bei den Baseballspielen der Waseda Uni weiter mit dem neuen TV-System experimentiert. Bald konnten immer mehr Menschen die Übertragungen des in Japan sehr beliebten Spiels an Bildschirmen verfolgen. Hauptverantwortlich für die technische Entwicklung war Kenjiro Takayanagi. Im Auftrag der Japan Broadcasting Company trieb der ehrgeizige Hochschullehrer die Entwicklung weiter voran. Denn die Japaner wollten unbedingt live von den Olympischen Spielen berichten, die für das Jahr 1940 an Tokio vergeben worden waren. Zunächst hatte Takayanagi ein ähnliches System wie vor ihm der Schotte John Logie Baird entwickelt:

    "It is now twelve years since this apparatus showed the transmission of outline images to the public for the first time.”"

    Baird setzte bei seiner Flying-Spot-Methode, die er sich schon 1926 in England patentieren ließ, auf ein mechanisches Prinzip der Bildzerlegung mittels einer Nipkow-Scheibe:

    ""This is the scanning disc with its lenses. This is the second disc by which the light is further divided and passes into a light cell."

    Dabei wird das Bild auf einer sich drehenden, mit Linsen versehenen Scheibe durch einen Lichtstrahl mosaikartig in kleine Punkte zerlegt, elektrisch zum Empfänger übertragen und dort auf einer zweiten Scheibe wieder zusammengesetzt. Im Januar 1926 ist John Logie Baird am Ziel.

    "Baird hatte einen Televisons-Apparat entworfen, mit dem er Bild und Ton zwischen zwei Räumen übertragen konnte.",

    schreibt der amerikanische Fernsehingenieur Albert Abramson in seinem Buch "The History of Television".

    "In seinem Entwicklungslabor in der Frith Street in Soho führte er seine Erfindung 40 Mitgliedern der Royal Institution vor. Zu sehen waren die Abbilder von menschlichen Gesichtern mit Abstufungen von Licht und Schatten, nicht nur Umrisse oder Silhouetten."

    Die Londoner Times nannte die Bilder in ihrem Bericht "undeutlich und oft verschwommen". Zwar startete die BBC am 2. November 1936 ihr Fernsehprogramm noch mit einem Baird-System, doch die Technik machte von Anfang an Probleme und schon bald verlor der Schotte seinen BBC-Auftrag.

    Im Gegensatz zu Baird setzten der japanische TV-Pionier Kenjiro Takayanagi und seine Kollegen in Tokio bei der Weiterentwicklung des Fernsehens auf die Kathodenstrahlröhre; ein entscheidender Vorteil. Der eigenwillige und weltberühmte deutsche Erfinder Manfred von Ardenne hatte damit bereits im Dezember 1930 in seinem Labor in Berlin-Lichterfelde die erste vollelektronische Fernsehübertragung der Welt geschafft. Die deutlich bessere Qualität der Bilder war ein großer Schritt des Fernsehens in Richtung kommerzielles Massenmedium.

    Ansage: "Hier sind die Ultrakurzwellensender Berlin-Witzleben. Das Reichspostzentralamt überträgt Fernsehversuchssendungen."

    Die Olympischen Spiele 1936 in Berlin waren das nächste große Etappenziel. Auf dem Weg dahin hatte der Reichsrundfunk 1935 den regelmäßigen Fernsehbetrieb aufgenommen. Ein Jahr später waren es die Bilder von den spannenden, mit nationalsozialistischen Emotionen aufgeladenen Sportwettbewerben auf der olympischen Bühne in Berlin, die das junge Medium bei der Bevölkerung noch beliebter machten. Der Siegeszug des Fernsehens war nicht mehr aufzuhalten.

    Die Olympischen Spiele, 1940 in Tokio geplant, fielen wegen des Zweiten Weltkriegs aus. Kenjiro Takanayagi experimentierte weiter. Der Vater des japanischen Fernsehens war maßgeblich an der Entwicklung des Farbfernsehens und von Videokassetten beteiligt. Er starb 1990 im Alter von 91 Jahren.