Freitag, 19. April 2024

Archiv


Die flache Ablösung der Glühlampe

Technik. - In Handtaschen herrscht oft Chaos. Licht ins Dunkel bringt nun ein Exemplar mit Innenbeleuchtung. Keine Lampe erhellt jedoch das Sammelsurium einer jeden Frau, sondern eine anschmiegsame Folie, die die Tasche auskleidet - soweit der werbewirksame Prototyp einer innen leuchtenden Handtasche, der in diesem Jahr auf den Markt kommen soll. Dahinter verbirgt sich das Prinzip der Elektrolumineszenz, die dank geringer Wärmeentwicklung schon bald die herkömmlichen Glühbirnen bei einer ganzen Reihe von Anwendungen ablösen soll.

Detlev Karg | 29.12.2003
    Der Lederwarenhersteller Bree hat einen Prototyp der innen leuchtenden Handtasche im vergangenen Herbst vorgestellt. Im nächsten Jahr, so die Planung, soll sie auf den Markt kommen. Kernstück der Technik ist die so genannte Smart Surface-Technologie in Form einer elektrolumineszenten Leuchtfolie. Der Hauptvorteil: Lumineszenz ist kaltes Leuchten, Wärme entsteht nicht. Das Wirkprinzip ist dabei immer gleich: Angeregte Elektronen geben ihre Energie ab, indem sie Licht aussenden. Entwickelt wurde Smart Surface von der Schweizer Firma Lumitec gemeinsam mit dem Chemiekonzern Bayer. Lumitec liefert die eigentliche Leuchtfolie, die Leverkusener liefern eine leitfähige Folie für die Stromversorgung und eine äußere Hülle. In Sandwichbauweise entsteht so die Smart-Surface-Folie. Leuchtende Folien gibt es zwar schon - erst jetzt ist es den Ingenieuren aber gelungen, große und biegsame Flächen zu formen. Eckard Foltin von Bayer Polymers:

    Wichtig ist, dass Sie die Elektrode praktisch dehnbar machen. Und das ist uns eben gelungen, indem wir ein leitfähiges Polymer haben, das bedruckbar ist und das auch gleichzeitig diese Verformung mitmacht. Und dann wird eine gesamte Schicht, die funktionsfähig bleibt, über einen bestimmten Radius verformt und bleibt in ihrer Wirkung gleich.

    Das Prinzip der Lumineszenz ist aus der Natur bekannt. Glühwürmchen etwa leuchten durch Biolumineszenz. Bei der Leuchtfolie spricht man von Elektrolumineszenz, denn sie benötigt 110 Volt Gleichstrom. In besagter Handtasche übrigens reicht dafür eine 9-Volt-Batterie, deren Strom umgespannt wird. Der schweizerisch-deutsche Leuchtfilm ist nur rund 500 Mikrometer dünn - ein halber Millimeter. Damit kann er noch für eine ganze Reihe industrieller Anwendungen umkrempeln, vor allem in kommenden Autogenerationen, erwartet Eckhard Foltin:

    Im Auto werden Sie einige Module sehr stark beleuchtet haben, um die Orientierung und die Sicherheit zu gewährleisten und auch das Wohlfühlen: Fußraum-, Kartentaschen- und Handraumbeleuchtung. Und unsere Idee geht dahin, dass wir komplette Module - da haben wir auch einen Prototyp - in einem Spritzguss herstellen, indem wir eine Folie haben, die eben eine leuchtende Funktion hat, verformen, in ein Werkzeug legen, mit einem Kunststoff hinterspritzen. Und dann nehmen Sie ein Formteil wie eine Mittelkonsole heraus und bei Anlegen einer Spannung leuchtet das Teil.

    Angesichts der heutigen Verkabelung in Fahrzeugen würden damit etliche Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Eckhard Foltin:

    Wenn Sie sich etwa die heutige S-Klasse ansehen, dann hat man da zirka 100 Lichtquellen im Innenraum, und hier geht es darum, was Flächiges zu haben und den modularen Ansatz. Sie brauchen das nicht mehr warten, das ist der große Vorteil. Die Lebensdauer eines solchen Formteils entspricht der eines Autos. Wir haben da keine Weichmacher drin und es liegen Erfahrungen mit unseren Folien vor, die wir schon seit zehn Jahren im Einsatz haben.

    Weitere Anwendungen sind ebenfalls denkbar, der Dachhimmel eines Autos ebenso wie Sicherheitskleidung - und nicht nur leuchtende Handtaschen.