Dienstag, 23. April 2024

Archiv

"Die Geldwäscherei" von Steven Soderbergh
Panama Papers als Satire

In seinem neuen Film erzählt Steven Soderbergh den Skandal um die Panama Papers von 2016 als bitterböse Satire. "The Laundromat: Die Geldwäscherei" ist ein Einblick in die Welt der Reichen und das System von Offshore-Bankkonten, die dazu dienen, Steuerzahlungen zu minimieren oder ganz zu vermeiden.

Von Hartwig Tegeler | 18.10.2019
Die Schauspieler Meryl Streep und Jeffrey Wright im Film "The Laundromat: Die Geldwäscherei" - sie steht am Briefkasten und er trägt Briefumschläge in der Hand
Steven Soderberghs Film "The Laundromat" mit Meryl Streep in der Hauptrolle erzählt die Geschichte des Panama Papers Skandals (Netflix/Claudette Barius)
Ellen Martin hat ihren Mann bei einer Bootstour verloren. Aber die Versicherung zahlt nicht. Ihr Anwalt versteht die Welt nicht mehr: "Ganz ehrlich, ich kann einfach nicht verstehen, wie die sich aus sein einer klaren Nummer rauswinden können, die 'United Reinsurance Group of Nevis'." Womit sich diese Frage stellt.
Ellen Martin: "Wo zum Kuckuck ist Nevis? - "Keine Ahnung. Spielt das eine Rolle?"
Das spielt für den Erkenntnisgewinn allerdings eine große Rolle, als rauskommt, dass die Insel Nevis ein Offshore-Paradies ist. Der Bootsbetreiber dachte übrigens auch, er sei gut versichert gewesen. Falsch:
"Wir haben keine Deckung? Wer sagt das?" - "Percer von Monac." - "Aber ich habe gedacht, Monac ist United." - "Richtig, so ist es. Und Monac sagt, unsere Police wäre abgelaufen vor dem Unfall. Und damit ist United fein raus."
United ist eine von Hunderten von Briefkastenfirmen aus dem "Panama Papers"-Imperium der Finanzdienstleister Mossack und Fonseca: Die werden bei Steven Soderbergh in "The Laundromat" gespielt von Gary Oldman und Antonio Banderas, Gegenspieler von Ellen Martin alias Meryl Streep, die das verschlungene Gewirr von Geldwäsche, Briefkastenfirmen und Steuerlücken-Verzweigungen zu entwirren sucht. Fonseca und Mossack, also Oldman und Banderas, kommentieren das Geschehen aus ihrer Sicht folgendermaßen:
Fonseca: "Zunächst einmal sollte Sie einige Dinge wissen, bevor wir anfangen." - Mossack: "Uns wäre es lieber gewesen, wenn das alles geheim bleibt."
Die Gründung einer Offshore-Firma, so erklärt der eine der beiden zwielichtigen Finanz-Jongleure bei Steven Soderbergh, hat den Sinn, unser Vermögen vor einer Prüfung in heimischen Finanz- und Steuer-Gefilden zu sichern.
Fonseca: "An dieser Stelle kommen wir ins Spiel. Wir versorgen Sie mit einer Briefkastenfirma, die ihre Aktiva bündelt. Sie sind nicht die Firma, obwohl die Firma Sie ist. Schön verwirrt?"
Blick direkt in die Kamera
Verwirrung? Unbedingt! Um das Systems darzustellen, das nur den Sinn hatte, den Reichen und Mächtigen finanzielle Schlupflöcher zu schaffen, um es filmisch in den Griff zu bekommen, greift Steven Soderbergh auf bewährte Mittel zurück, die auch schon Martin Scorsese in "The Wolf of Wall Street" oder Adam McKay in seinem Finanzkrisen-Thriller "The Big Short" nutzten: Die Bösewichte – hier Fonseca und Mossack – sprechen uns mit Blick in die Kamera direkt an, klären uns auf über das System des Geldes, ihre Motive und geben nebenbei groteske Aperçus von sich:
Mossack:" 'Schlecht' ist so ein mächtiges Wort dafür, dass es nur eine Silbe hat."
Dieses satirische Monologisieren montiert Soderbergh mit Geschichten der Geschädigten wie Ellen Martin, die schon mal mit der Pumpgun in einer Briefkastenfirma mächtig aufräumt.
Ellen Martin: "Wo ist Boncamper? Ich will ihn!"
Surreale Momente und Verfremdungseffekte
Um dann im Flieger - Richtung Offshore-Insel – aus diesem Tagtraum zu erwachen. Da sich Finanzkapitalismus wie Geldströme an sich einer filmischen Darstellung verweigern, wirkt Steven Soderberghs dramaturgisches Verfahren, mit solch surrealen Momenten und Verfremdungseffekten zu arbeiten, zunächst überzeugend. Aber dann gibt es noch die moralische Empörung über das System, die Scott Z. Burns in sein Drehbuch geschrieben hat.
Doch Verfremdungseffekte und explizite moralische Appelle sind zwei gegensätzliche Konzepte, die hier nicht zusammen passen. So schält sich Meryl Streep am Ende des Films aus ihrer Maske und lässt als Meryl Streep einen flammenden politischen Appell los gegen das System der Geldwäscherei:
"Beenden Sie die massive, weltweite Korruption!"
Das wirkt vor allem peinlich. Im Schlussbild des Thrillers über die Finanzkrise, in "The Big Short", zeigt Regisseur Adam McKay einen Wall-Street-Broker, der gegen alle eigenen moralischen Bedenken mit dem Verkauf von Wertpapieren wieder der alten Gier verfällt; wir sehen seine Angst, seine Unsicherheit, den Wunsch, anders handeln zu wollen, es aber nicht zu können. Ein eindrucksvolles Bild über die Struktur eines Systems und die Konstitution der Menschen, die Personal dieses Systems sind. Am Ende von "The Laundromat – Die Geldwäscherei" wirkt Meryl Streeps Monolog aber wie plumpes, politisch korrektes Agitprop-Theater. Kurzum: Selbst seine großartige Besetzung kann Steven Soderberghs Film nicht retten.