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Die Gleichaltrigen sind die Experten

"Buddy" heißt Kumpel und immer mehr Schulen setzen auf das Buddy-Prinzip, bei dem die Schüler beispielsweise die Nachhilfe organisieren oder auf dem Schulhof Streit schlichten - selbstständig, aber unter Aufsicht eines speziell ausgebildeten Lehrers.

Von Anke Petermann | 14.11.2011
    Die 15-jährige Ramona erinnert sich noch gut daran, wie verloren sie sich anfangs an der Eschborner Gesamtschule fühlte und wie froh sie darüber war, dass sie ältere Schüler als Mentoren ansprechen konnte:

    "Die kamen gleich am ersten Tag in die Klasse und haben erzählt, wie es bei ihnen war, und das war schön, dass man die Erfahrung hören konnte von denen, dass es denen auch mal so ging."

    Heute engagiert sich Ramona selbst als Mentorin, zeigt den Fünftklässlern die Räume, erklärt Lehrerkürzel, ist in den Pausen auf alle Fragen gefasst. Auch Niklas investiert gern Zeit in die Arbeit mit den Jüngeren:

    Ich find es schön, dass sie wissen, was sie machen müssen und wie sie "Probleme lösen."

    Mentoren und Streitschlichter bildet die Heinrich-von-Kleist-Schule schon seit Jahren aus, erzählt der stellvertretende Schulleiter Heinz-Theo Krönker. Sich zusätzlich für das Buddy-Programm zu bewerben, habe die Gesamtkonferenz entschieden, um bestehende Projekte unter einer Dachmarke zu vernetzen und weitere Projekte initiieren zu können:

    "Und wichtig ist uns dabei, noch aktiver die Schüler in einen solchen Prozess mit einzubeziehen, dass heißt, noch stärker von der Basis der Schülerschaft her das aufzubauen."

    Wie das geht, erfährt die Vertrauenslehrerin Sandra Meinert derzeit in einer Fortbildung zum Buddy-Coach. Zum Beispiel, wie man Austauschforen organisiert und in Umfragen die Wünsche der Schüler ermittelt:

    "Zum einen erlernt man Audittechniken, wie geht man damit um, wenn man Fragebögen hat. Also wir hatten jetzt den Fall, wir wollten Pausenhof-Buddys ausbilden, weil wir dachten, die kleinen Fünftklässler fühlen sich vielleicht bedroht, und es kam raus, nö, die fühlen sich total wohl, sie brauchen so was gar nicht, wie man dann mit solchen Ergebnissen weitermacht, ja und wie man Sachen anleitet, Moderationstechniken, und wie bildet man Schüler aus, damit Schüler dann Schüler ausbilden können. Das ist ja eigentlich der Gedanke, dass wir dann Buddy-Coaches ausbilden, und die bilden dann wieder aus."

    Experten sind die Gleichaltrigen, so formuliert die Schulsozialarbeiterin Carmen Gil Hidalgo das Buddy-Prinzip.:

    "Und wir können uns da wirklich ein Stück rausnehmen, und bei den Lehrern ist oft nicht die Zeit gegeben, Konflikte innerhalb des Unterrichts zu klären, und das ist eine gute Möglichkeit, das aus der Hand geben zu können."

    Buddy stärkt die Zusammenarbeit unter Schülern und im Kollegium – stellt die Vertrauenslehrerin Sandra Meinert fest. Ihr Kollege Volker Kalbhenn lässt sich ebenfalls zum Coach ausbilden. Gemeinsam mit seinen Schülern entwickelt er derzeit ein Klimaschutzprojekt unter dem Buddy-Dach. Das Programm verändere auch den Unterricht, hebt Kalbhenn hervor:

    "Man überdenkt ständig seine eigene Rolle, auch gerade, wenn man so ein Projekt durchführt, das hängt mit dem Gedanken zusammen, wie kann ich das in den normalen Unterricht mitnehmen, das ist schon eine wichtige Sache und ich denke, da sind auch die meisten Schulen auf dem Weg, vom Frontalunterricht wegzukommen und als Coaches, also als Helfer der Schüler aufzutreten."

    Buddy nimmt Schüler in die Verantwortung und entlastet die Lehrer. Die Kumpels und Coaches verändern das Schulklima, aber sie können nicht alles, weiß Carmen Gil Hildalgo als Schulsozialarbeiterin. Bei Mobbing und Gewalt seien professionelle Mediation und Sozialarbeit nach wie vor gefragt.

    Link:

    Buddy E.V.