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Die große Karriere des kleinen Kim

Für den jüngsten Angriff der nordkoreanischen Militärdiktatur auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong gibt es verschiedene Erklärungsversuche: Die einen sehen ihn als Teil einer Provokationsstrategie. Andere glauben, das Regime habe damit von der desaströsen Wirtschaftslage im Land ablenken wollen. Wieder andere interpretieren ihn als politisches Entrée für Kim Jong Un.

Von Peter Kujath | 18.12.2010
    Einige bringen den jüngsten Artillerie-Angriff auf Südkorea unmittelbar mit ihm in Verbindung. Andere äußern vorsichtig die Hoffnung, dass er im Land etwas ändern könnte. Einig sind sich alle, dass trotz seines großen Auftritts Ende September, Anfang Oktober nach wie vor nichts Genaues über Kim Jong Un bekannt ist. Das fängt mit seinem Geburtsdatum an. Am 8. Januar wird dieser in Nordkorea begangen wahrscheinlich wieder mit Nahrungsmittelgeschenken an die darbende Bevölkerung. Aber ob der jüngste Sohn des amtierenden Diktators Kim Jong Il nun 28 oder 29 Jahre alt wird, vermag keiner mit Sicherheit zu sagen.

    "Er war während der Schule auch während der Pausen immer ziemlich ruhig. Er hat aber auch eine andere Seite. Im Sport kam das sehr zur Geltung. Er hatte schon eine gewisse Aggressivität."

    Erinnert sich einer der Mitschüler von Kim Jong Un, als dieser noch in der Schweiz auf ein Internat ging. Zurück in Nordkorea absolvierte er eine, aber nicht die berühmte Kim Il Sung-Universität. Er soll sich besonders gut mit Computern auskennen und auch für die möglichen Hacker-Angriffe auf beispielsweise Ziele in den USA verantwortlich sein. Aber auch das ist nicht mehr als ein Gerücht. Als sein Vater ihn Ende September zum 4-Sterne-General beförderte, war zumindest eines klar, so Professor Hajime Izumi von der Shizuoka Universität in Japan.

    "Es gibt keinen Zweifel mehr, dass Kim Jong Un der nächste Führer Nordkoreas werden wird. Aber die Machtübergabe hat erst noch stattzufinden."

    Denn der gesundheitlich angeschlagene Kim Jong Il hat seinen Nachfolger noch nicht öffentlich verkündet, auch wenn die Beförderungen klar auf den jüngsten Sohn verweisen. Kim Jong Un ist damit der Aufsteiger des Jahres in Nordkorea, der seine Macht aber erst noch absichern muss. Ein nach langer Zeit wieder einberufener Parteitag wählte ihn im Oktober in das Zentralkomitee und während der großen Militärparade anlässlich des 65. Gründungsjubiläums der Partei stand er mit seinem Vater in der ersten Reihe.

    "Seinen Sohn als Nachfolger zu bestimmen, hat den Vorteil, dass Kim Jong Un seinen Vater unterstützen und vertreten kann. Das wird helfen, die Verpflichtungen, die auf Kim Jong Il lasten, ein wenig zu reduzieren. Der zweite Grund ist, dass Kim Jong Un eine Art Trainingszeit absolvieren kann, ehe er wirklich der nächste Führer Nordkoreas wird."

    Mittlerweile gibt es viele Fotos von Kim Jong Un, der mit seinem runden, eher weichen Gesicht noch etwas schüchtern wirkt, wenn er den autoritären Führer Nordkoreas bei verschiedenen Inspektionsreisen begleitet. Dabei steckt sein wohlgenährter Körper in einem dunklen Mao-Anzug. Ob das etwas über seine ideologische Vorstellung aussagt, ist aber wieder nur Spekulation. Vielleicht kann er das Land öffnen, vielleicht wird er nur zu einer Marionette der Generäle und Hardliner in Nordkorea. Denn auch wenn Kim Jong Un seit September dieses Jahres öffentlich in Erscheinung tritt und wahrscheinlich einmal Herr über das verarmte, aber mit Atomwaffen ausgerüstete Land werden dürfte, weiß man über seine politischen Vorstellungen bis jetzt noch nichts.