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Die Hoffnung der Solarkraft liegt in Jülich

Die Stadtwerke Jülich testen und betreiben das erste Solarkraftwerk der Zukunft in Deutschland. Eine Technik, die in einigen Jahren vielleicht sogar beim Desertec-Projekt zum Einsatz kommen könnte, bei dem Solarstrom in der Sahara erzeugt und nach Europa geleitet wird. In Jülich hat das Solarkraftwerk aber noch einen ganz anderen Effekt.

Von Theo Geers | 18.09.2009
    "Im Grunde ist das ein konventionelles Dampfkraftwerk, und wir haben nichts anderes gemacht als die fossile Feuerung mit Gas, Öl oder Kohle, die auch einen heißen Gasstrom erzeugt, durch eine solare Feuerung zu ersetzen."
    Es klingt einfach, ist aber Hightech vom Feinsten, was Thomas Hartz hier erklärt: Deutschlands erstes Solarthermiekraftwerk. Eine Anlage, bei der die Sonne den Dampf erzeugt, den jedes Kraftwerk zum Antrieb von Turbine und Stromgenerator benötigt. Thomas Hartz, Diplom-Ingenieur bei den Stadtwerken Jülich, betreut die Anlage, mit der sich das Unternehmen von allen anderen Stadtwerken im Land abhebt: 2153 Spiegel, jeder einzelne acht Quadratmeter groß, auf einer fußbaldfeldgroßen Fläche installiert. Die Spiegel folgen dem Lauf der Sonne, lenken das Licht auf die Spitze eines Turms und bündeln es in knapp 60 Meter Höhe. 700 Grad heiß wird die dorthin gepresste Luft, die in einem Wärmetauscher dann zur Dampferzeugung genutzt wird. So ein Solarthermiekraftwerk hat sonst niemand im Land, weiß auch Ulf Kamburg, der Geschäftsführer der Stadtwerke Jülich. Aus gut 40 m Höhe blickt er durch eine große Luke im Turm auf die Spiegel und die Landschaft dahinter ...

    "Wir haben auf der einen Seite die alte Technik, die Braunkohle, wir sehen nicht ganz weit entfernt Windkrafträder, und wir stehen jetzt hier am solarthermischen Versuchskraftwerk unseres Unternehmens, wo wir die neueste Technologie haben, sodass wir als kleines Stadtwerk mit kleinen bescheidenen Mitteln auch etwas unterstützen, was die Zukunftsfähigkeit der deutschen Energieversorgung sicher stellt."

    Das Kraftwerk steht für Innovation – und weniger für Strom. Mit einer Leistung von 1,5 Megawatt, das entspricht gerade einmal einer heutigen Standard-Windturbine in einem Windpark, ist es klein. Zudem hängt die Strommenge bei einem Solarkraftwerk nun mal vom Wetter ab und drittens ist das Ganze auch noch teuer, räumt Ulf Kamburg ein:

    "Während des laufenden Betriebs werden wir nicht über die eingespeisten Strommengen das erlösen, was 1:1 investiert worden ist."
    Gut 12 Millionen Euro haben die Stadtwerke Jülich in das Solarkraftwerk gesteckt. Das ist immerhin die Hälfte der Baukosten von insgesamt 23 Millionen Euro. Den Rest stellten vor allem Forschungsetats von Bund und Ländern bereit. Das Solarkraftwerk rechnet sich also für die Stadtwerke Jülich erst, wenn es in 25 Jahren wieder abgerissen und das Grundstück verkauft wird. Bis dahin soll es die Solartechnik voranbringen und vielleicht zu einem neuen deutschen Exportschlager machen. Ein hehres Anliegen. Doch was hat ein kleines Stadtwerk mit gerade mal 9000 Gas- und 6000 Stromkunden davon? Die Antwort ist einfach: Ein Stadtwerk gehört, wie der Name schon sagt, einer Stadt – und so nutzt das Solarkraftwerk auch der Stadt Jülich, bundesweit schon seit Langem ein Forschungszentrum ersten Ranges:

    "Dann versprechen wir uns eine Magnetwirkung auch für die Stadt Jülich, weil wir ein interessantes Objekt haben, von dem wir hoffen, dass sich neue Betriebe ansiedeln, die zu einzelnen Komponenten beitragen, kleine Forschungseinrichtungen von großen Gesellschaften. Das alles würde den Industriestandort Jülich weiter stärken und letztlich auch für uns ein Zuwachs an Kundschaft bedeuten und damit ein gewisses Refinanzierungspotenzial."
    Geld einbringen: Das sollen auch Kurse für Techniker und Ingenieure, die in Zukunft solche Solarkraftwerke in anderen Ländern steuern und dafür in Jülich ausgebildet werden. Für den Vertrieb von Strom, Gas und Wasser dient das Solarkraftwerk vor allem als Imageträger, erklärt Ulf Kamburg:

    "Es bringt aber insofern etwas im Brot- und Buttergeschäft, dass die Kunden bereit sind, uns als regionalen Versorger zu akzeptieren und sich mit uns identifizieren, und uns auch deshalb die Treue halten, weil wir bereit sind, in so ein Projekt zu investieren."

    Hightech zur Kundenbindung. Mit dem Solarkraftwerk kommt auch bei den Stadtwerken Jülich etwas in Bewegung. Bislang erscheint es als neunter Menüpunkt und damit unter ferner liefen auf der bieder wirkenden hauseigenen Internetseite. Doch nicht nur der Internetauftritt soll sich ändern. Auch ein Tarif E wie "Einheitstarif" für Strom und ein Tarif G für Gas sind heute nicht mehr zeitgemäß, räumt Ulf Kamburg ein. Deshalb warten die Stadtwerke Jülich ab Oktober mit neuen Tarifmodellen auf. Der Geschäftsführer weiß aber auch:

    "Wir können nicht mit Dumpingpreisen, die Großkonzerne machen, mithalten. Da würden wir sofort die Existenz des Unternehmens gefährden."

    Genau das darf nicht passieren. Schließlich wollen die Stadtwerke Jülich auch in fünf oder zehnJahren noch der Platzhirsch in Jülich sein.

    "Für uns ist wichtig, dass wir in der Stadt präsenter werden. Da arbeiten wir gerade dran, und wir den Bürgern ein Identifikationsmerkmal geben für seine Stadt, weil wir ja für die Stadt auch sehr viel tun."

    http://www.stadtwerke-juelich.de/swj-t/

    http://www.solarturm-juelich.de/de

    http://www.desertec.org/de/