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Die Hüterin der D-Mark

Zu ihren berühmtesten Produkten gehörten die "falschen Fünfziger", die sie 1950 in Umlauf gebracht hatte: 30.000 50-Pfennig-Stücke waren irrtümlich mit der Aufschrift "Bank deutscher Länder" versehen worden statt wie vorgesehen mit "Bundesrepublik Deutschland". Die Fehlprägung wurde zu einem begehrten Sammelobjekt - und hält bis heute das Gedenken an die erste deutsche Notenbank nach dem Zweiten Weltkrieg wach.

Von Martin Hartwig | 01.03.2008
    "1. März 1948 Militärregierung-Deutschland Amerikanisches Kontrollgebiet
    Gesetz Nr. 60 Militärregierung-Deutschland Britisches Kontrollgebiet
    Verordnung Nr. 129.
    An die Deutsche Bevölkerung.

    Um im allgemeinen Interesse die bestmögliche Verwendung der Geldmittel herbeizuführen, die Währung sowie das Geld- und Kreditsystem zu festigen und die Geschäftstätigkeit der angeschlossenen Landeszentralbanken in Übereinstimmung zu bringen, sind die Militärgouverneure und Oberbefehlshaber der amerikanischen und der britischen Zone übereingekommen, die Bank deutscher Länder zu errichten."


    "Es gibt ein Gesetz, eine allgemeine Wahrheit: Wenn einer tüchtig arbeitet und fleißig ist und noch dazu sparsam, dann muss er es zu etwas bringen. Vorraussetzung ist allerdings: Ein gesundes Geld, eine stabile Währung."

    So umriss Wilhelm Vocke, der erste Präsident des Direktoriums der Bank deutscher Länder, seinen Aufgabenbereich. Gesundes Geld war genau das, was drei Jahre nach Kriegsende in den westlichen Besatzungszonen gebraucht wurde, denn die nach wie vor gültige Reichsmark war von den Nationalsozialisten so heruntergewirtschaftet und inflationiert worden, dass sie praktisch wertlos war.

    Das ganze Geldwesen musste auf eine neue Basis gestellt werden. Zu diesem Zweck riefen die Alliierten am 1. März 1948 eine neue Zentralbank ins Leben, die nach der Währungsreform auch die Notenbank für die neue Bundesrepublik werden sollte: Die Bank deutscher Länder. Schon der Name wies darauf hin, dass sie sich von der alten Reichsbank deutlich unterschied.

    "Es gab in den Jahren 1946 bis 1948 verschiedene Konzeptionen für das neue westdeutsche Notenbankwesen. Die Engländer insbesondere plädierten für ein zentrales Notenbanksystem, ähnlich dem der Reichsbank. Die Amerikaner waren für ein dezentrales, ähnlich dem amerikanischen Federal Reserve-System."

    Ulrich Palm, damals Mitarbeiter der Landeszentralbank Nordrhein Westfalen, erinnerte sich:

    "Die Amerikaner setzten sich durch. So entstand ein zweistufiges, dezentral organisiertes Notenbanksystem."

    Die neue Zentralbank der britischen und amerikanischen Zone - die Franzosen traten einen Monat später bei - war im Grunde keine, denn sie war streng föderalistisch aufgebaut. Im entscheidenden Gremium, dem Zentralbankrat, der in Frankfurt tagte, saßen Vertreter der Landeszentralbanken der einzelnen Bundesländer. Sie sollten zukünftig die Geldpolitik für die ganzen westlichen Besatzungszonen abstimmen.

    Die Landeszentralbanken waren schon in den Jahren 1946 bis 1948 eingerichtet worden, um das Geldwesen, die Kreditvergabe und den Zahlungsverkehr in den jeweiligen Ländern zu beaufsichtigen. Auf deutscher Seite befürchtete man nun, dass der Egoismus der Bundesländer eine vernünftige länderübergreifende Geldpolitik unmöglich machen würde.

    Doch das Klagen und Schwarzmalen nützte nichts. Nach den Erfahrungen mit der alten Reichsbank wollten die Alliierten den Deutschen keine mächtige Zentralinstanz mehr in die Hände geben. Die andere wichtige Neuerung bei der Notenbank war gleich in Artikel 1 des Alliierten Gesetztes vom 1. März 1948 beschrieben:

    "Sofern hierin oder sonst in gesetzlichen Bestimmungen nichts anderes vorgesehen ist, ist die Bank nicht den Anweisungen irgendwelcher politischen Körperschaften oder öffentlichen Stellen außer Gerichtsbehörden unterworfen."

    Karl Barnard, der erste Präsident des Zentralbankrates der Bank deutscher Länder:

    "Ebenso wie zu einer rechtsstaatlichen Ordnung die Unabhängigkeit der Justiz gehört, ebenso sollte zu jedem freiheitlichen Wirtschaftssystem die Unabhängigkeit der Währungsbank gehören."

    Die Politiker, insbesondere Bundeskanzler Adenauer, wünschten sich allerdings mehr Einfluss auf die Geldpolitik. 1950, während der Koreakrise, kam es zum ersten großen Konflikt zwischen den beiden Instanzen, den die Notenbank gewann. Zu dieser Zeit war die schwierigste währungspolitische Aufgabe allerdings schon gemeistert.

    Nur drei Monate nach Gründung der Bank deutscher Länder wurde die D-Mark eingeführt. Ihre Entwicklung zu steuern, sollte für mehr als fünfzig Jahre die Aufgabe der Bank deutscher Länder und ihrer Nachfolgerin, der Deutschen Bundesbank, werden.