Es versteht sich, daß Noltes Roman denselben Kriterien folgt, im Campus-Jargon müßte man an dieser Stelle wohl sagen, daß sich Inhalt und Form der Intrige in Selbstreferenz durchdringen. Die Studenten erliegen im Laufe ihrer Recherche zur Intrige einer ebensolchen, und erst ein beherztes, wiewohl posthumes Eingreifen der Lydia Ottone vermag den Fall zu entwirren. Eine detaillierte Strukturanalyse der deutschen Untergattung des Campusromans möge künftigen Magistergenerationen vorbehalten sein, nur so viel sei hier angedeutet: Im Verhältnis von Theorie und Praxis liegt der Hase im Pfeffer. Nolte ist wie Schwanitz angetreten, nach angelsächsischem Vorbild die Barrieren zwischen ernsthafter und unterhaltender Literatur einzureißen. Dabei geht sie mit solcher Gründlichkeit zu Werke, daß manche Pointe sich in exponierter Stellung verkühlt - etwa, wenn es heißt, daß Professor Knospe etwas in ihr zum Blühen brachte.
Die Qualitäten dieses Campus-Romans entfalten sich eher beiläufig im Hintergrund. "Die Intrige" bietet erhellende Einblicke in den studentischen Alltag an einer Massenuniversität, ob es nun um mangelhaft ausgestattete Bibliotheken geht oder um Hausarbeiten, deren Themenstellung für vernunfbegabte Menschen an Schwachsinn grenzt. Überzeugend gestalten sich auch die Schauplätze des Romans von der Mensa bis zum Potsdamer Platz, dies ist genausogut ein Berlin-Roman wie ein Campus-Roman: "Hier, im Scheunenviertel, der Spandauer Vorstadt, in Mitte und Prenzlauer Berg, waren die neuen Galerien, Kneipen, Läden, Musiklokale und kleinen Theater, hier wohnten Studenten und Künstler, hier wurde gehämmert und gemeißelt, gebaut und saniert, bis spät in die Nacht hallten die Hackeschen Höfe mit Hoftheater und dem Varieté Chamäleon wieder von dem Gelächter der Vergnügunssüchtigen, kurz: In diesen wenigen Quadratkilometer lag das El Dorado der Kulturwissenschaftler. Nirgendwo sonst in der Stadt verbanden sich Geschichte, Gegenwart und Zukunft auf so vielversprechende Art und Weise, coolere Straßenzüge gab es in ganz Deutschland nicht."
Fortsetzung folgt auch hier, einen zweiten Campus-Roman will Dorothee Nolte noch veröffentlichen. Vielleicht wird sie sich danach ja fortwagen aus der Einfriedung des universitären Lebens: Von ihren Stadtansichten würde man gerne mehr erfahren.