Angesichts der zahlreichen Gedichte ist der Jury die Wahl der Jahresgewinner nicht leicht gefallen. Auf zwölf Preisträger wollte man sich einigen, letztendlich konnten dreizehn Schülerinnen und Schüler die besten Wertungen der Juroren auf sich vereinigen. Um nicht per Los entscheiden zu müssen, haben sich die Initiatoren des Wettbewerbs darauf geeinigt, dreizehn Jahresgewinner auszuzeichnen. Diese dreizehn Schülerinnen und Schüler fahren vom 05. bis 08. März 2009 nach Berlin und werden dort unter anderem an einem Lyrikworkshop mit den Autoren Norbert Hummelt und Dirk von Petersdorff im Literarischen Colloquium Berlin teilnehmen.
Übrigens: Auch in der zweiten Runde von »lyrix« ist der Preis für die Jahresgewinner wieder ein verlängertes Wochenende in Berlin. Mitmachen lohnt sich!
Die »lyrix«-Preisträger 2008 in alphabetischer Reihenfolge:
Übrigens: Auch in der zweiten Runde von »lyrix« ist der Preis für die Jahresgewinner wieder ein verlängertes Wochenende in Berlin. Mitmachen lohnt sich!
Die »lyrix«-Preisträger 2008 in alphabetischer Reihenfolge:
Sophia Barthelmes aus Eckersdorf
Markgräfin-Wilhelmine Gymnasium Bayreuth, Jahrgangsstufe 13
»lyrix«-Monat: Juni
Leitmotiv: Ich sehe was, was Du nicht siehst...
philosophie
so traurig macht
es mich dass
ich sie niemals
werde betrachten können
die gesamte schönheit der sonne
denn
sie würde mich
blind machen
lieber gott
ist dies auch
bei dir
bedingung?
Josefine Berkholz aus Berlin
Jugendkunstschule Atrium, Klasse 8
»lyrix«-Monat: Februar
Leitmotiv: Schöne Kinderzeit?
Kinderworte
Leise Gedanken,
Zu schüchtern für den Augenblick,
schicken scheu die ersten Ranken,
An des Tages klares Licht.
In einem Kleid aus handgenähten Worten,
Suchen sie sich ungeschmückt,
den Weg zu des Ohres Pforten,
Für den Augenblick beglückt.
Junge Stimmen suchen sacht,
einen Menschen der sie hört,
Doch sie bleiben ohne Acht,
weil man sich an ihnen stört.
Jugendwahrheiten verblassen,
Niemand der sie an sich bindet,
Sterben auf dem Boden, still, verlassen,
bis sie später jemand findet.
Warum will sie niemand wissen,
weggewischt an jedem Orte
muss die Welt sie lange missen
niemand hört auf Kinderworte.
Julia Frick aus Lambsheim
Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium, Jahrgangsstufe 12
»lyrix«-Monat: Februar
Leitmotiv: Schöne Kinderzeit?
Kindheit
Kindheit ist, wie Süßes naschen,
Gummibärchen, Colaflaschen,
Toben schmeckt nach Quark-Nachtisch,
in die Schule geh'n nach Fisch.
Verstecken schmeckt nach Schokolade,
Blinde Kuh nach Marmelade,
Fernseh’n schmeckt nach Erdbeereis,
Pflichten nach Gemüsereis.
Spielzeug schmeckt nach Himbeersahne,
"Schlaf-schön-Küsse" nach Banane,
Lachen schmeckt nach Obstsalat,
erwachsen werden - nach Spinat!
Johanna Fugmann aus Memmelsdorf
Dientzenhofer Gymnasium, Klasse 6
»lyrix«-Monat: April
Leitmotiv: Ist es Liebe?
Lauch
Deine Augen, deine Lippen, dein Kinn,
Ich bin ganz weg und hin,
Ich verwechsel jeden Satz in jedem Wort,
Nein das war anders aber auch so was von der Sort,
Ich verbuchsel alle Wechselstaben,
Ach wie gern würd ich deine Liebe haben,
Ich weis nur nicht, liebst du mich auch?
Magst du auch so gerne Lauch?
Ich hab nämlich gehört:
ein Paar muss zusammen passen,
Man muss die selben Sachen hassen,
Dasselbe lieben muss man auch,
Und ich mag eben Lauch.
Judith Gerten aus Pulheim
Geschwister-Scholl-Gymnasium, Klasse 10
»lyrix«-Monat: Oktober
Leitmotiv: Mein Land!?
Deutsch-Land
Schwarzrotgolden weht die Fahne
Himmel über Deutschland? blau
Wege aschig, ockerfarben
Alte Menschen, weiß und grau
Kleine Kinder? rosa Finger
Fahren durch den Lockenschopf
Helle Fasern, schwarze Strähnen
Lichtermeer auf deutschem Kopf
Blasse Haut ziert grüne Augen
Dunkle Iris, braungebrannt
Afrikanisch, völkerfarben
Reicht sich eine Welt die Hand
Helle Finger, beige Kuppen
Falten, tief, geschichtenreich
Bahnen sich den Pfad des Lebens
Durch Gesichter, dunkel, bleich
Land der Deutschen, deutsche Lande
Banner der Vielfältigkeit
Spannen unsre Landesgrenzen
Von Monotonie befreit
Laute voller Farbenfreude
Schwingen sich von Mund zu Mund
Malen uns Momentaufnahmen
Fotoalbum Deutschland? bunt.
Julia Große aus Stendal
Winckelmann-Gymnasium Stendal, Klasse 8
»lyrix«-Monat: Juni
Leitmotiv: Ich sehe was, was Du nicht siehst...
Ich sehe was, was du nicht siehst
Was du nicht siehst, das sehe ich.
Nein, ein Schläger bist du nicht!
Zieh deine Springerstiefel aus,
den Baseballschläger lass zu Haus!
Was du nicht siehst, das sehe ich.
Nein, ein Fascho bist du nicht!
Gib deinem Nachbarn mal die Hand,
kommt er auch aus einem anderen Land.
Was du nicht siehst, das sehe ich.
Er ist ein Mensch, wie du und ich.
Gewalt und Grausamkeit sind out,
es steckt ein Mensch in jeder Haut.
Was du nicht siehst, das sehe ich:
Du bist o.k. - versteck es nicht!
Kai-Oliver Gutacker aus Niddatal
Sankt Lioba Schule, Jahrgangsstufe 12
»lyrix«-Monat: Oktober
Leitmotiv: Mein Land!?
Ins Kristall
Wie einen grauen Mantel
Leg ich mein Tagwerk ab
Im stillen Weltenwandel
Senkt sich die Nacht herab
Es regen sich die Träume
Geflüster steigt ins All
Und formt die engen Räume
Zu atmendem Kristall
Kristall'ne Zaubergründe -
Die Lande kristallin
Kristalldunst netzt die Winde
Die seicht durchs Nachtreich zieh'n
Durch schattenlose Wälder
Bedeckt mit klarem Schnee
Durch bunte Spiegelfelder
Bis in die weite See
Sich mit dem Mondlicht einend
Zieh'n Geisterschar'n umher
Und ihre Blicke scheinen
Aufs silberblaue Meer
Als wollten sie mich leiten
Entdecken sie sich mir
Durchströmen rasch die Weiten
Und bringen mich zu dir
Jonas Kohnen aus Ludwigshafen
Heinrich-Böll-Gymnasium, Klasse 10
»lyrix«-Monat: Oktober
Leitmotiv: Mein Land!?
Landflucht
Vermatscht grüne Grasstücke, im Sommer waren hier Gänseblümchen stationiert Nachts lichterlose, blättergeflutete, verdächtig stille Stadtteilparks Schrumpfende Tierwelt, nur noch ein paar zwitschernde Vögel auf den kargen Ästen Igel und Mäuse, verstecktes Wimmeln im Unterholz, jährlich leiser werdend
Wege in meinem Land sind holprige Reifenqual, wenig befahren Baustellen überall, wandern ganz langsam die Straßen entlang Straßenbahnrillen werden von Zeit zu Zeit zur Fahrradfalle Weltoffene, verschlossene, glückliche oder traurige Individuen leben hier
Häuser, mal hoch mal niedrig, nur zum Teil bewohnt Der zentrale Ort für vollkommen isolierte Menschen Ihr Anteil erkennbar an der traurigen Leere der Geschäfte Einsame Seen, verpasste Spiegelungen der Sonnenuntergänge
Glücklos umherstreifende Verlassene suchen die traute Zweisamkeit Beleuchtete Springbrunnen sind Ausdruck illusionärer Verschönerungsversuche Industrieschornsteine sorgen für schleichend ansteigende Luftverschmutzung Muss noch hier bleiben, dann abwägen, wahrscheinlich wohl wegziehen
Theresa Pleitner aus Blaubeuren
Evangelisches Seminar Kloster Blaubeuren, Jahrgangsstufe 12
»lyrix«-Monat: September
Leitmotiv: Spiel des Lebens
Spielen und gespielt werden
Gib mir deine Hand
lass uns auf den Gräbern tanzen
wenn wir auch
die Blumen zu Dreck zertrampeln
die Toten in den kahlen Ästen der Bäume
empört die Finger heben
wenn auch in mir
die Wut der Ohnmacht schreit
das was ich liebte hier zu Staub zerfiel
beiße ich dich doch zärtlich in die Wange
ein Halt von nackter Haut inmitten der Willkür
eines Gottes dessen Marionetten wir sind
sein grausames Spiel spielt er mit uns
und wir, gutgläubigen Kindern gleich,
suchen verzweifelt den Sinn
in den Launen des Schicksals
basteln aus dem flüchtigen Material unserer Gedankengänge Sinnmasken
ein verbitterter Maskenball von Marionetten
Doch mein Spiel soll ehrlich sein
wie nackte Haut
bloßgelegt die Adern des Herzens
verfolgt von euren starren Blicken
strömt doch das Blut meines
zerrissenen Herzens fort
wenn ich
einsam
tanze
ohne sinn
von Sinnen
Naomi Shamban aus Quickborn
Elsensee-Gymnasium Quickborn, Jahrgangsstufe 12
Andreas Thamm aus Bamberg
Dientzenhofer Gymnasium, Jahrgangsstufe 12
»lyrix«-Monat: April
Leitmotiv: Ist es Liebe?
Mein Lied
Ich lege meinen Kopf
In ihren Schoß.
Vergesse mich,
falle ins Nichts,
gestoßen vom Brummen der Lampe.
In der Luft,
zittern ihre Worte nach.
Ich wiege mich
In Erinnerung.
Das Bild vor meinen Augen
vergilbt,
der Putz in ihrem Gesicht
bröckelt
Eine Zigarette für den Nichtraucher.
Die Raucherin sieht zu.
Kalter Qualm
Trägt Moral und Sehnsucht
An die Decke.
Leidenschaftlich huste ich mir
Die Leidenschaft aus der Lunge-
Oder war es Teer?
Im Radio spielen sie unser Lied.
Wie kitschig das doch ist.
Aber es weiß ja sonst niemand.
Unnötig es zu erwähnen,
vielleicht hört sie gar nicht zu,
vielleicht ist es ja auch nur
mein Lied
Meine Lippen an ihren.
Keine Regung mehr
In ihrem Gesicht
Oder in meinem Herzen
Sie sieht mich nicht mehr an
Ihre Lippen sind bleich
Ihr Schoß schon
Kalt.
André Thyroff aus Heinersreuth
Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium Bayreuth, Jahrgangsstufe 11
»lyrix«-Monat: Juli
Leitmotiv: Magische Ferienzeit
Fernweh
Der Hafen liegt verlassen da
Boote, notdürftig vertäut, neigen ihr Deck In stummer Verbeugung Gen Grund, senken entblößt die Masten Nussschalen gleich, achtlos fallen Gelassen.
Die Ebbe zwang die Boote in die
Knie, griff gierig nach ihren
Körpern, lockte
Sie auf See.
Ermattete schließlich doch
Stumm liegen sie jetzt
In bewundernder
Geste.
Ruhelos ergriffen sitze
Ich am Kai, wäre
Gern mit geschwommen doch
Auch ich bin notdürftig vertäut.
In den Pfützen am Grund
Tummeln sich Krebse.
Lou Zucker aus Hamburg
Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium, Jahrgangsstufe 12
»lyrix«-Monat: Oktober
Leitmotiv: Mein Land!?
Salzwind und Andennebel
Ich bin das unaufhaltsame, nasskalte Grau,
das unter die Kleider dringt und in die Gemüter,
die sich nicht zur Wehr zu setzen wissen.
Ich bin der Dönergeruch in den U-Bahn-Schächten
und das Abendgold in den Hafenkränen
wo mich nach langer Reise
der Salzwind hin zurück trug.
Mit Eukalyptusduft
und Andennebel im Herzen
sah ich mich zum ersten Mal im Spiegel.
Mit Sommersprossen
und ungekämmten Haaren
und lächelte mir zu
Die »lyrix«-Jury 2008:
In der Jury saßen neben den beiden Lyrikern Norbert Hummelt und Dirk von Petersdorff auch der Hauptabteilungsleiter Kultur des Deutschlandfunks, Dr. Matthias Sträßner, der Literaturkritiker Michael Braun, der Verleger Manfred Metzner (Das Wunderhorn) sowie Malte Blümke für den Deutschen Philologenverband.