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Die Kostenentwicklung durch den Emissionshandel

Es geht um eine Differenz von 29 Millionen Tonnen beim Streit zwischen Deutschland und der EU-Kommission um die Frage: Wie viel klimaschädliche Treibhausgase darf Deutschland zwischen 2008 und 2012 pro Jahr ausstoßen. Um diese 29 Millionen Tonnen ist ein heftiger Streit ausgebrochen. Ob Gewerkschaften oder das Bundeswirtschaftsministerium, sie alle rufen zum Widerstand gegen die Vorgaben aus Brüssel auf, die angeblich enorm steigende Energiepreise nach sich zögen. Alles Unsinn, meint dagegen der Bundesverband Erneuerbare Energien und lud deshalb in Berlin zu einer Gesprächsrunde ein.

Von Philip Banse | 15.12.2006
    Das Bundeswirtschaftsministerium argumentiert so: Der Strom werde teurer, weil Betreiber von Kohlekraftwerken und andere CO2-produzierende Stromerzeuger zur drei Möglichkeiten haben, ihren CO2-Ausstoß bei gleich bleibender Stromproduktion zu reduzieren: Entweder sie modernisieren ihre Kohle-Kraftwerke oder steigen zum Beispiel ganz auf Klima schonendes Erdgas um. Die dritte Möglichkeit, um die strengen Klimaziel der EU zu erreichen wäre: Die Stromerzeuger kaufen CO2-Zertifikate dazu, erwerben also von anderen Unternehmen im Rahmen des Emissionshandels das Recht, mehr CO2 auszustoßen. All das koste Geld, eben rund zehn Milliarden Euro. Milan Nietschke, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energien hält dagegen:

    " Das ist Unsinn. Tatsächlich kostet der Emissionshandel heute den Unternehmen, die am Emissionshandel beteiligt sind, kein Geld. Im Gegenteil, sie verdienen sehr gut damit. Und auch in Zukunft wird es so sein, dass die Minderungsvorgaben durch erneuerbare Energien eingehalten werden. Das heißt mehr Strom aus erneuerbaren Energien und auch mehr Wärme und mehr Kraftstoff aus erneuerbaren Energien führen dazu, dass wir in Deutschland alle Emissionsvorgaben einhalten und keine teuren Zertifikate gekauft werden müssen. "

    Der Bundesverband Erneuerbare Energien argumentiert also: Das Erneuerbare- Energien-Gesetz schreibt vor, dass produzierter Strom aus erneuerbaren Energien ins Stromnetz eingespeist werden muss. Daraus folge: Je mehr Strom aus Windkraft, Wasser oder Sonne gewonnen wird, desto weniger Strom muss mit klimaschädlicher Kohle produziert werden, sprich: Je mehr Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, desto geringer der CO2-Ausstoß in Deutschland. Der Bundesverband Erneuerbare Energien geht davon aus, dass die Strom-Produktion aus erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren drastisch steigen wird. Alle Ziele der Bundesregierung zur CO2-Reduktion seien allein durch diesen erwarteten Zuwachs an Strom aus erneuerbaren Energien zu erreichen. Das bestreitet man im Bundeswirtschaftsministerium. Die erneuerbaren Energien seien an der Kapazitätsgrenze, könnten nicht so viel Strom liefern, der genug herkömmliche Kraftwerke ersetzt, so dass die Reduktionsziele erreicht werden. Milan Nietschke vom Bundesverband Erneuerbare Energien entgegnet: Erst die EU-Reduktionsforderungen seien nicht mehr durch den erwarteten Zuwachs von Strom aus erneuerbaren Energien zu decken:

    " Jetzt erstmals mit der Forderung der Europäischen Kommission tritt die Situation ein, dass die Erneuerbaren die Emissionsminderungsziele nicht komplett decken können. Allerdings gibt es auch dafür einen Ausweg. Die Europäische Kommission begründet ihre neuen Vorgaben damit, dass im Verkehr, im Haushalt, in der Landwirtschaft zu viel emittiert werde. Dann wäre es nur korrekt, auch dort anzusetzen. Und dann kann man mit erneuerbaren Energien, beispielsweise im Wärmebereich mit einem geeigneten Wärmegesetz alle Vorgaben erfüllen und die Industrie weiter entlasten. "

    30-40 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland entstehen bei der Produktion von Wärme. Der Bundesverband Erneuerbarer Energien argumentiert also: Lasst uns - wie heute vom beim Strom - regenerative Energien auch bei der Wärmeproduktion fördern.

    " Das was man durch ein solches Wärmegesetz erreichen würde, würde alle EU-Vorgaben sofort erfüllen. Nur macht es keinen Sinn, jetzt über EU-Vorgaben zu jammern und nicht das nahe liegende Instrument zu ergreifen und im Bereich Wärme aus erneuerbaren Energien mehr zu tun. "

    Auch das Bundeswirtschaftministerium sieht bei der Wärmeproduktion ein enormes Potential, um CO2-Emissionen einzusparen. Die Fördermethode von erneuerbaren Energien beim Strom sei aber nicht auf die Förderung bei der Wärmeproduktion zu übertragen. Das sei aufgrund des anderen Marktes mit wesentlich mehr Akteuren ein gigantischer bürokratischer Aufwand. Im Wirtschaftsministerium verweist man auf Marktanreizprogramme, die staatliche Zuschüsse für zum Beispiel Holzpelletheizungen regeln. Dieses Programm wolle man ausbauen.