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Die Krimi-Kolumne

* Zuspielung Temporäres Klangmuseum. Signale zur Alarmierung; ab "Als erstes hören Sie ... (DDR herausgescnitten); nach der Ansage darüber: *

Andreas Ammer | 05.04.2002
    F Dürfen wir jetzt wieder?

    m1 Ja wirklich?

    m2: Ganz offiziell?

    m1 Und nicht nur gegen Terroristen?

    m2: Wir dürfen auch ästhetisch wieder ballern was das Zeug hält?

    m1 Voll aus der Hüfte und voll auf die zwölf!

    m2: Mit spritzendem Blut und rollenden Köpfen wie früher?

    m1 Gar mit Krimis voller guter Terroristen?

    F: Wir dürfen? Wohlan ...

    m2: ... die Krimikolumne.

    * Eingeblendet: Schnelles Schlagen eines Metronoms nur unter dem nächsten Text *

    m1 (ganz schnell) Die Krimikolumne. Heute noch schneller und mit noch mehr Büchern als jemals zuvor. Auferstanden aus den künstlerischen Ruinen des letzten Jahres. Garantiert ohne die Wendung "Seit dem 11. September ...", aber dafür jetzt am Anfang des Jahres, wo die Blumen blühen, die Säfte schießen und die Terroristen sterben ...

    F: ... seltsam verhalten, etwas rückwärtsgewandt, oder in sich gekehrt ...

    m2: ... fast schon klassisch verklärt möchte man sagen ...

    AA Genug in Rätseln geredet ...

    m2: ... meint unser Rezensent

    F: Und gibt Ihnen eine gute Viertelstunde Zeit für die Verbrechen ... ein Viertelstündchen, das reicht in diesen Zeiten für ein dreckiges halbdutzend Bücher.

    * Zuspielung vom Band: John Zorn, James Bond Theme, darüber beim Schuß *

    F: Bei aller gebotenen Hektik: Die schönsten Krimis des Frühjahres sind solche, die man schon vor 30 Jahren hätte lesen sollen, wenn man da schon hätte lesen können.

    m1 Zum Beispiel Jean-Patrick Manchette. Seit einigen Jahren erscheinen in der Serie Noir des Distel Literatur Verlages seine knallharten und dunklen Krimis aus dem Frankreich der sechziger und siebziger Jahre. Neuestes Beispiel: Der Roman "Nada" aus dem Jahr 1972.

    m2: Nada ist der Name einer ziemlich existentialistischen Terrorgruppe, die es sich zum Ziel gesetzt hat, in Paris den amerikanischen Botschafter zu entführen. Damals wollte man mit solchen Aktionen erstens die Welt verbessern, zweitens eine Viertel Million Francs erpressen und drittens das Verlesen eines Manifestes im Radio erzwingen.

    AA Manifest. 1. These: Krimis handeln vom falschen Leben in der wahren Welt.

    * Eingeblendet: Schnelles Schlagen eines Metronoms nur unter dem nächsten Text *

    m1 (ganz schnell) Ruhe! Die Gruppe Nada besteht aus einer Frau und vier Männern. Ihr Coup glückt. Sie entführen den Botschafter aus einem Luxusbordell. Sie schießen dabei auf einige seiner Leibwächter und werden auf oberste Anweisung hin von einem skrupellosen Kommissar verfolgt. Sie werden schnell aufgespürt und in wildem Gemetzel niedergeschossen ... nur einer aus der Gruppe entkommt.

    m2: Das ist kein Plot, wie er heute noch geschrieben werden könnte. Schnörkellos, schnell und direkt wird erzählt und genauso geballert, was das Zeug hält. Über all dem liegt die Luft des Spätexistentialismus und der enttäuschten anarchistischen Hoffungen, so wie man sie auf Pariser Boulevards damals wahrscheinlich zum Cafe noir dazugeliefert bekam.

    F: Stilistisch beginnt Nada beim Tod von Simenon; inhaltlich beim Besuch von Sartre in Stammheim.

    m1 Anders gesagt: Nada ist der Roman, den man Andreas B

    AAder gerne geschenkt hätte, damit er mal auf andere Gedanken kommt ... ohne das große Ziel aus den Augen zu verlieren.

    AA: Ein perfekter zweieinhalb Stunden Krimi.

    F: Länger dauert die Lektüre des Bandes leider nicht. Diese zweieinhalb Stunden allerdings sollte man sich frei nehmen, wenn man zu dem Buch greift, denn die Chance es vorher aus der Hand zu legen ist gering.

    AA Mein Buch zu jeder Terrorismus-Debatte.

    F: ... meint unser Rezensent zu "Nada" von Jean-Patrick Manchette, erschienen als lohnendes Taschenbuch in der Serie Noir des Distel Literatur Verlages. Und damit einstweilen zurück in die Gegenwart.

    * Erst Sirenenwarnung aus "Deutsche Krieger"; dann Zuspielung vom Band: John Zorn, James Bond Theme, darüber beim Schuß *

    m2: Mittlerweile gehört es zum guten Ton des Krimihelden, einen kleinen Spleen zu haben. Früher reichte etwas Maigret’sche Gemütlichkeit. Dann konnten wir uns lange Zeit vor leicht übergewichtigen Kommissarinnen kaum retten; etwas Trunksucht gehört schon seit jeher dazu. Wir haben Schluckauf und die Depressionen der Krimihelden ertragen, aber einer schlägt sie jetzt alle:

    m1 Lionel Essrog. - Einer, der manchmal keinen vernünftigen Satz herausbringt. Einer, der nicht einmal seinen Namen immer richtig aussprechen kann. Statt Essrog, seinem Namen, sagt Essrog schon mal "Jazzrock" oder "Pestbock" oder schlimmeres. Essrog leidet unter unkontrollierbaren Ausbrüchen. Unvermittelt beschimpft er die Leute, er begrapscht sie, schneidet plötzlich blöde Grimassen. ... und kann doch nichts dafür. Essrog leidet unter dem Tourette-Syndrom.

    F: Jonathan Lethem, Motherless Brooklyn, Tropen-Verlag, ISBN 3-932170-48-2.

    m2:: Was sagt der Rezensent?

    AA: Ja

    F: Wie ja?

    AA Von mir aus, kann man machen.

    m1 Lionel Essrog ist in Brooklyn aufgewachsen. Irgendwo zwischen der großen Brücke und dem wahren Leben und mit keiner wahren Chance für selbiges. Bis ihn der Fürst des Viertels, Frank Minna, in seine Gang beruft.

    m2: Mit dem Tod Frank Minnas beginnt das Buch und Lionel Essrogs Mission. Er ist der "Freak", der nach außen hin Wahnsinnige. Er ist merkwürdigerweise der einzige, der mit seinen Tics dem ausbrechenden Wahnsinn um ihn herum dann standhalten kann.

    F: Frage an den Rezensenten: Ist das ein noch Krimi?

    AA: Nun ja.

    F: Also nein.

    * Eingeblendet: Schnelles Schlagen eines Metronoms unter dem nächsten Text *

    m1 (ganz schnell) Jonathan Lethem bedient sich des Genres. Er versucht sehr amerikanisch Krankengeschichte, Soziogramm, Thriller und natürlich auch noch etwas Liebe in ein Buch zu pressen und alles gelingt ihm auf amerikanische Weise und erschreckend gut. Denn die Tics des Helden, seine Ausraster bewahren das Buch vor allen Sentimentalitäten ... etwas von der Unverfrorenheit des Rap belebt die Sprache; ein Buch wie Sergio Leone in der geschlossenen Abteilung,allerdings ...

    m2: ... manchmal hat der Autor eine Idee zu viel. Herr Rezensent, schreiten sie zur Tat:

    F: Halt! Wir Sprecher empfehlen - egal wie das Votum unseres Rezensenten ausfallen mag - wärmstens den im Tropen-Verlag erschienenen Band "Motherless Brooklyn" von Jonathan Lethem. Endlich mal ein Buch, das den Versprecher zu literarischen Ehren erhebt. Eine Großtat, aber unserem dummen Rezensenten ...

    AA ... viel zu kompliziert.

    m2: Bevor er alles verreißt: Noch ein Buch, schnell.

    * Zuspielung La Traviata, Vorspiel 3. Akt; darüber die ganzen folgenden Highsmith-Passage *

    m1 Wir begeben uns sodann in die stille Mitte der Welt.

    F: "Die Stille Mitte der Welt" heißt ein Band mit nachgelassenen Erzählungen von Patricia Highsmith. Mit dem Buch beginnt der Diogenes Verlag gerade seine verdienstvolle Werkausgabe der Dichterin.

    m1 Es sind frühe Erzählungen der Highsmith, von dieser am Anfang ihrer Karriere geschrieben ... sichtlich in dem Bemühen irgendwie mit der Schreiberei Geld zu verdienen. Das funktionierte am Anfang noch nicht richtig. Nicht die großen Magazine kauften ihre Geschichten, eher kleinere Reihen wie beispielsweise "Ellery Queen’s Mystery Magazine"

    F: Und so wurde eine Literatin zur Krimi-Autorin.

    AA Den halbseidenen Musen sei Dank.

    m2: Die ersten, noch ungerichteten literarischen Versuche der Highsmith versammelt jetzt der Band "Die Stille der Welt". Die Geschichten der jungen Highsmith sind interessant, aber - sagen wir es, wie es ist - sie sind keine Sensation. Feuilletonistenfutter, etwas für die Hörer von Büchermagazinen.

    m1 Herr Rezensent, Sie schreiben für die Hörer eines Büchermagazins.

    AA Nun gut: Die Geschichten sind: ganz nett.

    m1 Aber kann man schlimmeres über einen Autor sagen? Highsmiths frühe Erzählungen sind Geschichten ohne große Verbrechen. Geschichten ohne Ripley. Geschichten mit einer Idee, aber ohne Genie. Geschichten in denen all das anklingt, was die Highsmith später groß und schön und grausam und wichtig machen sollte, Geschichten aber auch, in denen all das nur anklingt und noch nicht fertig ist.

    F: Die Highsmith selbst hat diese Geschichten nach dem Überraschungserfolg ihres Romanerstlings "Zwei Fremde im Zug" nie wieder veröffentlicht.

    * Eingeblendet: Schlagen eines Metronoms unter dem nächsten Text *

    m1 (ganz schnell) ... und so ist es nur schön und gerecht, das der Diogenes-Verlag im Zuge der neuen Werkausgabe der Highsmith, in schönen Neuübersetzungen auch ihre großen Romane wieder veröffentlicht. Den Anfang machen neben "Zwei Fremde im Zug", das man wegen der Hitchcock-Verfilmung kaum mehr unbedarft lesen kann, die beiden Romane " "Der Schrei der Eule" und "Das Zittern des Fälschers".Besonders der letzte Roman gilt als Meisterwerk der Highsmith.

    m2: Trotzdem: Unverkennbar ist das Bemühen des Diogenes Verlages, die Highsmith aus der gelb-schwarzen Krimi-Ecke herauszuholen und mit dieser Werkausgabe als ernst zu nehmende Schriftstellerin zu etablieren.

    AA Ein Bärendienst.

    F: ... meint unser Rezensent zur gerade begonnenen Werkausgabe der Highsmith bei Diogenes, aber er ist nur ein blöder Krimi-Rezensent und hat keine Ahnung vom Wahren, Guten und Schönen in der Literatur.

    AA Egal: Wie bei Simenon sind die Krimis die besseren Bücher.

    m1 Und damit zurück zu richtigen Krimis mit richtigen Leichen und richtigen Kommissaren, bei denen allerdings inzwischen die Buchdeckel fehlen.

    * Ende von La Traviata; Zuspielung vom Band: John Zorn, James Bond Theme, darüber beim Schuß *

    m2: Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß unser Rezensent nicht einmal die Grundbegriffe seines Metiers beherrscht, dann wird er jetzt geliefert. Erdreistet er sich doch, eine Veröffentlichung zu feiern, von der er vorab nichts, aber auch gar nichts weiß.

    AA Man muß wissen, wem man vertrauen kann.

    F: ... meint unser Rezensent und vertraut ohne den geringsten Anflug von Selbst- oder sonstigem Zweifel seinem deutschen Lieblings-Autor Roger M Fiedler.

    * Eingeblendet: Schnelles Schlagen eines Metronoms unter dem nächsten Text *

    m1 (ganz schnell) "Vincent und Corelli" heißt der neue Roman von Roger M. Fiedler, der ab 17. April veröffentlicht wird. Ob oder wieviel von dem Roman zur Stunde schon fertig ist, weiß allein der Autor und kaufen kann man sein Buch bisher und in näherer Zukunft nirgends. Alles, was man bisher über "Vincent und Corelli"weiß, paßt in eine e-mail und die kann man sich unter der Adresse "krimimails.de" bestellen.

    F: Wer sich unter dieser Adresse registrieren läßt, wird am 17. April mehrmals wöchentlich ein neues Kapitel des neuen Romans von Roger M Fiedler zugemailt bekommen. Kostenlos.

    m2: ... und wenn die neuen "Krimimails" das halten, was ihr Vorgänger "Enzian" versprach, ...

    m1 ... dann wird man von diesen mails auf dem aberwitzigsten literarischen Niveau das man sich vorstellen kann, ein p

    AAr Wochen lang bestens unterhalten werden.

    F: Aber wovon handelt der e-mail-Roman "Vincent und Corelli" ... wenn er denn jemals ein Roman werden sollte?

    AA Ich weiß nicht. F Bitte Herr Rezensent

    AA ich kenne nur drei Eckdaten des Romans. Nämlich:

    m1 Rio de Janeiro ist eine Stadt. Brasilien ist ein weit entferntes Land. Vincent und Corelli sind die Helden.

    m2: Und alles was die Welt sonst von diesem Roman weiß, sind seine ersten 9 Zeilen, die der Autor schon mal per mail verschickt hat. Sie lauten:

    * Zuspielung Musik Aphex Twin / Track 3 (nur unter dem Zitat) *

    m1 "Es ist drei Uhr zwölf. Vier Stunden Zeitverschiebung. Es regnet. Ein Affe springt von Baum zu Baum. Unten am Strand liegen die leeren Schalen der Kokosnüsse. Der Affe ist pudelnaß, wie man so sagt. Er klettert vom Felsen, trippelt vorsichtig den Strand entlang, stolpert über ein Handtuch und versucht, es zu fressen. Hinter dem Fenster im siebten Hochhausstock beobachtet dies von gegenüber ein Mensch. Er glaubt zu träumen. Der Affe ist weit weg und in der Dunkelheit kaum zu sehen. Der nasse Affe bringt ihn auf den Gedanken, eine Dusche zu nehmen, und so sieht der Mensch, daß sein Handtuch fehlt. Noch wenige Tage, denkt er..." F ... und aufgrund dieser neun mickrigen Zeilen, die unter der Adresse "krimimails.de" von Roger M Fiedler veröffentlicht worden sind, spricht unser Rezensent angesichts des e-mail-Romans "Vincent und Corelli" bereits von

    AA der digitalen Krimi-Offenbarung des Frühjahrs.

    m1: Das verstehe wer will.

    * Zuspielung vom Band: John Zorn, James Bond Theme, darüber beim Schuß *

    m2:: Die letzten "krimimails" verfaßte Roger Fiedler zusammen mit Jörg Juretzka. Jörg Juretzka selbst hat lieber im Rotbuch-Verlag wieder einen Krimi mit richtigen Buchdeckeln verfaßt. Er trägt den Titel

    m1 Fallera F wie bitte?

    m1 Fallera?

    AA: ja, Fallera

    m2: "Fallera" heißt der neue Krimi von Jörg Juretzka.

    F: "Fallera" spielt in den Alpen und nach eigenem Bekunden ist Juretzka angetreten, um in seinem vierten Krimi in der Reihe mit seinen Ermittler Kristof Kryszinski, alle Hauptdarsteller möglichst gründlich um die Ecke zu bringen.

    m2: Das allerdings erwies sich als unmöglich. Denn dem Autor war in der Mitte des Buches sein Gruselkabinett aus Schwerverbrechern, Drogensüchtigen und einigen Behinderten zu sehr ans Herz gewachsen. Also schickt er seine seltsame Reisegruppe nur auf eine merkwürdige Resozialisierungsmaßnahme zum Klettern in die Alpen. Der mittlerweile drogensüchtige Kristof Kryszinski darf dabei als V-Mann der Polizei dabei sein.

    F: Ein Spaß wie ehedem bei dem zweifachen Deutschen Krimipreisträger Jörg Juretzka, aber leider ...

    AA ist auch hier der Spaß schon einmal noch größer gewesen

    F: urteilt hart unser Rezensent über Jörg Juretzkas vierten Kristof Kryszinski-Krimi "Fallera".

    m1 Es mag daran liegen, daß dem Ruhrpott-Detektiv Kryszinski die Alpen als Sujet doch nicht so recht in die Wiege gelegt wurden

    m2: Es kann auch daran liegen, daß Juretzka sich seiner aberwitzigen Stilmittel, seinem ewige Kapriolen schlagenden Erzählen, das wir immer so genossen haben, etwas zu sicher geworden ist.

    F: Kurzum:

    AA Der Mann hat schon bessere Romane geschrieben.

    F: ... aber ein Krimis von ihm ist immer noch besser als all der Rest. Weshalb "Fallera" - erschienen im neuen, langweiligen Gewand des Rotbuch-Verlages - immer noch eine 1A Kaufempfehlung abgibt.

    * Zuspielung Johnny Cash "Folsom Prison Blues" ab ca 30" darüber dann den Text *

    m2: Nach all diesen Exzessen das Beste zum Schluß: wie wärs mit einem kleinen schmutzigen, billigen aber möglichst preisgekrönten Krimi im Westentaschenformat?

    AA Kein Problem. Wir lesen Friedrich Ani.

    m1 Friedrich Ani, mit seinem Band "Süden und das Gelöbnis des gefallenen Engels" amtierender deutsche Krimipreisträger, ist von einer beängstigenden Produktivität. So hat er, der ehemalige Lyriker und Polizeireporter neben diversen Projekten als Drehbuchautor für den "Tatort" nicht nur mit "Wie Licht schmeckt" gerade ein hoch ambitioniertes Jugendbuch herausgebracht, sondern bei Knaur auch seine Krimi-Reihe um Hauptkommissar Tabor Süden von der Vermißtenstelle um einen weiteren Band erweitert.

    F: "Süden und der Straßenbahntrinker" heißt das beglückend kleine Taschenbuch auf stilecht schlechtem Papier.

    m2: Auf der Vermißtenstelle taucht ein Mann auf, der sich zurückmelden möchte. Er, Jeremias Holzapfel sei wieder da, behauptet der Mann hartnäckig. Und auch wenn der Krimi derart mit einem Happy End zu beginnen scheit, gehen jetzt die Probleme los, denn das Problem für die Polizei ist:

    m1 Der Mann wurde nie vermißt. F Und also macht sich Friedrich Anis kauziger Kommissar Tabor Süden aus lauter Mitleid mitten in seinem Urlaub auf die Suche nach der Vergangenheit eines Mannes, der seine Rückkehr in die Welt bekannt geben will, aber scheinbar nie weg war.

    * Eingeblendet: Schnelles Schlagen eines Metronoms unter dem nächsten Text *

    m1 (ganz schnell) Wie wir von Ani gewöhnt sind, führen die Ermittlungen in die dunkelsten Viertel seiner Wahlheimat München. Ohne jede romantische Verklärung bevölkern die Randfiguren der Gesellschaft Anis Bücher und sein Held Tabor Süden ist selbst die größte aller Randfiguren: Ewig betrunken, selten gewaschen, ewig von seiner Einsamkeit vor sich selbst hergetrieben.

    m2: Keine leicht, keine schöne, eine bestürzende Lektüre.

    F: Unser Rezensent meint zu "Süden und der Straßenbahntrinker" von Friedrich Ani, erschienen als Taschenbuch bei Knaur.

    AA Die ideale Lektüre für einen gemütlichen Abend in der Bahnhofsmission.

    F: Bitte einmal konkreter! Ist das nun ein gutes Buch?

    AA Es ist ein sehr gutes Buch, alles ist wahr, alles ist richtig, aber

    m1 ... wie aber?...

    AA Es gefällt mir nicht.

    m2: Das verstehe wer will.

    m1 So sind die Fragen offen, der Rezensent ist einstweilen entlassen! Wir schalten zurück zum Radio.

    F: Dem ist nichts hinzuzufügen: Außer vielleicht dem üblichen Hinweis, dass für den unwahrscheinlichen Fall, dass auch Sie anderer Meinung sein sollten als unser Rezensent, auch diesmal wieder gilt:

    * Zuspielung des akustischen Sketches wie jedesmal *

    Besprochene Bücher:

    Friedrich Ani, "Süden und der Straßenbahntrinker", Knaur 62068

    Roger M. Fiedler, "Vincent & Corelli", Krimimails, www.krimimails.de

    Patricia Highsmith, "Die stille Mitte der Welt", Stories; Diogenes

    dies., Werkausgabe, Diogenes

    Jörg Juretzka, "Fallera",rotbuch / Sabine Groenewold Verlage

    Jonathan Lethem, "Motherless Brookly", Tropen Verlag

    Jean-Patrick Manchette, "Nada", Série Noire 1019, Distel Literatur Verlag