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Die Liga der Wetterfrösche

Meteorologie. - Klimamodelle im Computer sind die Urenkel der Wetterpropheten. Um die noch immer nicht vollständig erschlossenen Vorgänge dabei zu erfassen und Entwicklungen vorherzusagen, bedarf es enormer Rechenkraft und ausgeklügelter Mathematik. Deutschland liegt dabei mit an der Spitze.

Von Volker Mrasek | 07.04.2008
    Doppelte Sicherheitsschleusen, kein Einlass ohne Magnetkarte und Geheimcode - eine Sperrzone mitten in Hamburg, im Deutschen Klimarechenzentrum. Wer die Schleuse passiert, betritt einen Raum mit klobigen Kästen in Duschkabinen-Größe und einer laut dröhnenden Kühlung:

    "Das ist hier dieser Hauptrechner, auf dem die großen Klimamodelle laufen."

    Eines dieser so genannten globalen Zirkulationsmodelle von Atmosphäre und Ozean wurde in Hamburg selbst entwickelt und immer wieder verbessert - am Max-Planck-Institut für Meteorologie. In einem Vergleich der weltweit benutzten Klimamodelle schneidet es jetzt hervorragend ab. Forscher der Universität von Utah in den USA prüften, wie nah die Simulationsprogramme an der Realität sind. In diesem Fall am Klima der 80er und 90er Jahre, das man aus Beobachtungen gut kennt.

    "Drei Klimamodelle schneiden in unserem Test am besten ab. Sie liegen sehr dicht beieinander: ein US-amerikanisches, ein britisches und das Modell vom Hamburger Max-Planck-Institut."

    Thomas Reichler ist Assistenzprofessor für Meteorologie an der Hochschule in Utah. Der deutsche Ozeanograph forscht schon lange in den USA. Reichler und seine Kollegen überprüften mehr als ein Dutzend verschiedene Größen, die globales Klima ausmachen. Darunter Strahlungsflüsse in der Atmosphäre, die Temperatur von Luft und Ozean, die Höhe des Meeresspiegels und die Eis-Verteilung an Land und auf See:

    "Wenn man sich die Klima-Variablen anschaut, die wir untersucht haben, dann kann man sagen: Bei der Simulation einer einzelnen Größe wie dem Niederschlagsmuster mag es vielleicht noch genauere Modelle als das Hamburger geben. Aber es schneidet bei allen Variablen mit am besten ab. Und genau das zeichnet ein sehr gutes Klimamodell aus."

    Ein Quentchen besser als das Hamburger Modell sehen die Forscher ein US-amerikanisches und in etwa gleichauf das des britischen Hadley-Zentrums für Klimavorhersage. Es gibt aber auch Modelle, die in dem Leistungsvergleich weit abfallen, zum Beispiel eines aus China und weitere aus den USA ...

    "Ich muss hier ein bisschen vorsichtig sein, denn die Sache ist politisch heikel. Aber einige Modelle sind wirklich nicht gut. Und man muss sich ernsthaft fragen, ob sie bei der Erstellung des Welt-Klimaberichtes überhaupt noch mitberücksichtigt werden sollten."

    Erst im vergangenen Jahr veröffentlichte der Welt-Klimarat seinen neuen Sachstandsbericht. Tatsächlich stützt er sich bei seinen Zukunftsprojektionen auf das ganze Ensemble der heutigen globalen Zirkulationsmodelle. Der Chef-Entwickler des Hamburger Klimamodells Erich Roeckner:

    "Bei den Modellen ist es so, dass wir heute eine große Anzahl, mittlerweile über 20 globale Modelle, haben, so dass wir uns nicht auf die Aussage eines einzigen Modells verlassen müssen, sondern die gesamte Bandbreite auch sehen können."

    Ein Ranking der Klimamodelle hat es aber bisher nicht gegeben. Jetzt liegt eines vor, und Thomas Reichler ist überzeugt: Es kann dazu beitragen, das Vertrauen in die Aussagen der Klimaforschung weiter zu erhöhen:

    "Wir können zeigen: Wenn man sich auf die guten Modelle konzentriert, statt alle 20 bis 30 heranzuziehen und damit auch die schlechten – dann bekommt man bessere Klimaprognosen."

    Was die Studie aber auch bestätigt: Die globalen Klimamodelle haben sich laufend weiterentwickelt. Wenn Kritiker immer noch behaupten, auf die Simulationen sei kein Verlass, dann antwortet ihnen Reichler: Im Gegenteil, die Modelle erledigen ihren Job besser denn je!