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Die Linke
Wagenknecht kündigt Rückzug an

Sahra Wagenknecht kandidiert nicht noch einmal für das Amt der Fraktionschefin der Partei die Linke. Für viele kommt dieser Schritt überraschend. Die Reaktionen sind gemischt. Die einen freuen sich, andere vermuten hinter Wagenknechts Entscheidung vor allem politische Gründe.

Von Christoph Schäfer | 11.03.2019
Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag
In einem Brief an ihre Fraktion hat Sahra Wagenknecht angekündigt, dass sie im Herbst nicht für das Amt der Fraktionsvorsitzenden kandidieren wird (picture alliance/ dpa/ Sina Schuldt)
Für Sahra Wagenknecht sind es gesundheitliche Gründe, die sie zu diesem Schritt bewogen haben und die Arbeitsbelastung, die stetig zugenommen habe. Das geht aus einem Brief hervor, den die Fraktionschefin an ihre Fraktion geschrieben hat – und der dem Deutschlandfunk Hauptstadtstudio vorliegt.
Der Schritt kommt für viele überraschend, da sie erst in der vergangenen Woche nach langer Krankheit wieder öffentlich aufgetreten ist und sich in einer Debatte über den Freihandel wieder engagiert für ihre politische Ziele eingesetzt hat.
"Mann muss aufpassen, dass nicht Marktmacht entsteht, weil Marktmacht wird immer missbraucht. Wir haben die Hidden Champions, das sind mittelständige Weltmarktführer. Die sind weltmarktführend, obwohl sie nicht sehr groß sind und ich glaube, das ist die viel bessere Lösung."
Bis zur regulären Neuwahl der Fraktionsspitze im Oktober möchte die 49-jährige Wagenknecht die Geschäfte weiterführen. Allerdings hätten ihr die lange Krankheit, deren Auslöser in erster Linie Stress und Überlastung waren, Grenzen aufgezeigt, die sie in Zukunft nicht mehr überschreiten möchte", schrieb die Fraktionschefin an die Mitglieder ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag.
Auftritte in Wahlkämpfen geplant
Diese hätten emotional reagiert, meint Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer derLinken. Zudem fügte er hinzu, dass Wagenknecht ihr Bundestagsmandat behalte. Und:
"Dass Sahra Wagenknecht im Wahlkampf aktiv in den Wahlkämpfen zur Europawahl, zu den Kommunalwahlen und natürlich auch zu den ostdeutschen Landtagswahlen auftreten wird für die Linke. Ihr Wahlkampfkalender ist mehr als prall gefüllt - selbstverständlich mit dem Hinweis: soweit es ihre Gesundheit zulässt."
Mögliche Kandidaturen für die nächste Wahl zur Fraktionsspitze hätte es nach Wagenknechts Ankündigung nicht gegeben. An einer Spitze, die verschiedene Strömungen in der Partei abbildet, möchte die Linke – laut Korte – auch nach Wagenknechts als Fraktionschefin festhalten.
Spannungen beim Thema Migrationspolitik, Sahra Wagenknechts Engagement bei der sogenannten "Aufstehen"-Bewegung – Jan Korte hält sich am heutigen Tag mit Kritik zurück. Im Gegenteil:
"Richtig ist, dass wir in dieser Fraktion, auch im Gegensatz zu früheren Fraktionen, es richtig hinbekommen haben und das ist maßgeblich ein Verdienst von Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Bei aller Kritik, die es daran natürlich gibt. Dass dort diese Flügel - und der ein oder andere erinnert sich noch, wie wir uns früher gegenseitig die Rüben eingeschlagen haben -, dass dort in der Fraktion trotz der ein oder anderen unterschiedlichen Auffassung in der ein oder anderen Frage miteinander gerungen wird."
Viele vermuten nicht nur gesundheitliche Gründe
Doch viele in der Fraktion dürfte der politische Rückzug freuen. So schrieb die Linken-Bundestagsabgeorndtete Anke Domscheidt-Berg auf Twitter:
"Der zweite Rückzug von Sahra Wagenknecht - vom Fraktionsvorsitz der Linksfraktion ab Herbst: Ich halte das für eine gute Entscheidung."
Reaktionen auch aus der SPD: Deren stellvertretender Vorsitzender Ralf Stegner sieht nach dem Rückzug von Wagenknecht mögliche Chancen für neue Bündnisse mit seiner Partei. Das hat Stegner der Nachrichtenagentur DPA gesagt.
Für viele Beobachter gibt es jedoch auch politische Gründe, die viel mit ihrer schon teilweise isolierten Rolle in der Partei und der mehr oder weniger gescheiterten Initiative "Aufstehen" zu tun haben. Erst am Wochenende hatte sich Wagenknecht aus der Führung der Bewegung "Aufstehen" zurück gezogen, um dort eine Neuaufstellung der von Ihr mit begründeten Bewegung zu ermöglichen, die jedoch nicht den Zuspruch hatte, den Wagenknecht sich zum Start im vergangenen Herbst erhofft hatte.

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