Dienstag, 16. April 2024


Die lyrix-Gewinner im Mai

Hier sind die Monatsgewinner zum lyrix-Leitmotiv im Mai: "Irren ist menschlich!

09.06.2009
    Im Mai ging es um Irrtümer, das Scheitern und das Aufgeben von Plänen. Kein Mensch kann von vornherein alles wissen und aus Fehlern wird man schließlich klug. Ihr habt uns sämtliche Beispiele von alltäglichen Irrtümern, vom Scheitern und Verzichten geschickt, die realer Art waren oder der Fantasie entsprungen sind. In einem Punkt waren sich jedoch die meisten Dichter unter euch einig: Das Scheitern und Irrtümer sind immer Wendepunkte für einen Neuanfang und lassen mit neuen Erkenntnissen nach Vorne schauen.

    Hier sind die lyrix-Gewinnerinnen und –Gewinner, deren Gedicht die Jury im Mai am meisten überzeugt hat. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch!

    Das Juni-Leitmotiv lautet übrigens Helfer in der Not.


    Die lyrix-Gewinner aus dem Inland


    Odyssee

    nun suche ich seit kaum geschätzten zeiten
    in kargen wüsten nach dem wahren sein.
    der durst von sehnsucht treibt mich durch die weiten,
    die rohe seele brennt mir voller pein.

    hindurch die öde unbestimmter tage
    drängt ein begehren mich nach letzter gunst,
    die ich zu finden in der wildnis wage
    zwischen gestein und staubgefülltem dunst.

    ich irre seit schon kaum gezählten stunden
    durch tote dürre und ihr rotes land.
    ein jeder schritt übt sich in tiefen wunden
    und sengend fasst mich heißer wüstensand.

    so streif ich wohl in ungewissen jahren
    noch in der einsamkeit der welt umher,
    denn dort wo einst verstand und seele waren,
    liegt eine wüste: matt, vertrocknet, leer.


    Malte Böning aus Brake (Unterweser), Gymnasium Brake, Klasse 10, Muttersprache Deutsch


    Irren ist menschlich

    Das Irre ist, dass man vergisst,
    Dass Irren einfach menschlich ist.

    So nehmen wir die Politik,
    Sie geht ein Stück und dann zurück,
    Verkauft Reform als Menschenglück.

    Und lange vor der großen Wahl
    Färbt sie Visionen rosa ein,
    Der Repräsentant wird grau und klein.
    Entdeckt die Presse nen Skandal.

    Doch ist die Wahl dann mal vorbei,
    Kehrt ein des Alltags Einerlei:
    Man löffelt am gewählten Brei.

    Doch wissen alle sehr gewiss,
    Dass Irren einfach menschlich ist.

    Und so des Wählers Kommentar,
    Irren ist zum Lernen da.


    Sophie-Veronique Becker aus Biblis-Nordheim, Erich Kästner-Schule Bürstadt, Klasse 9, Muttersprache Deutsch


    Übermut ist mit Vorsicht zu genießen
    - oder: der Fisch im Baum -


    Plötzlich hing ein Fisch im Baum
    und als der Ast schon krachte
    flog ein Vögelchen vorbei,
    das ihn, ins Federkleid gebettet
    schnell nach Hause brachte.

    Sein zu Hause war das Meer,
    denn er hat nur Flossen,
    doch kam er voller Tatendrang
    mit falschem Ziel im Kopf
    durchs kühle Nass geschossen.

    Er hatte scheinbar Großes vor,
    er wollte hoch hinaus.
    Doch, wie er später selber sagte
    "An Gefahren dacht' ich nicht,
    ich wollt halt mal da raus!"

    Wisst ihr, wenn man Träume hat,
    dann sollte man sich trauen,
    doch trotzdem ist es angebracht,
    voraussichtig zu handeln
    und auf Risiken zu schauen.

    Der Fisch im Baum heißt "Übermut"
    und handelt oftmals blind.
    Die "Vorsicht" war sein guter Hirte
    und so flog durch lauen Wind
    der Fisch ein letztes Mal - nach Haus!
    Er irrte.


    Julia Frick aus Lambsheim, Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium Mannheim, Jahrgangsstufe 13, Muttersprache Deutsch


    Lebenswege

    Ihr Weg stand fest, so klar und hell,
    Sie ging auf ihm, so freudig schnell,
    Doch war zu blind, um es zu seh’n
    Wer hieß sie diesen Weg zu geh’n!

    Ihr junges Herz war rein und leer,
    Es zu verführen war nicht schwer,
    Sie füllten es mit gift’ger Saat,
    Die aufgehend bald Wirkung tat!

    Sie glaubte, sie tät‘ richtig handeln,
    Kein Wort konnte den Sinn ihr wandeln,
    Sie war, spricht man ganz ungeziert:
    Durch Mark und Bein fanatisiert!

    Doch leise Zweifel wurden laut,
    Das Gift ward langsam abgebaut,
    Und schmerzlich ist sie dann erwacht,
    Hat qualvoll‘ Stunden zugebracht!

    Ja! Sah sie ein, so ist das Leben,
    Wohin ich mag auch immer streben,
    Es kann auf meinen Lebenswegen,
    So mancher Irrtum sich begeben!

    Und jeden Tag aufs Neue dann,
    Muss prüfen, ob vertreten kann,
    Ich was ich gestern noch gedacht,
    Vielleicht ist’s anders über Nacht!

    Wenn ja, dann muss ich fähig sein,
    Mich umzudreh‘n, ohn‘ Klag‘ und Schrei’n,
    Den Irrweg hinter mir zu lassen,
    Und Mut zu neuen Wegen fassen!


    Felicitas Gondesen aus Sörup, Bernstorff-Gymnasium Satrup, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache Deutsch


    Ich dachte falsch

    Als wir am See saßen, zu zweit, zwischen Nacht und Tag, unsere Blicke in die Ferne, unsere Münder zur Stille geschlossen, dachte ich, wir denken das Selbe

    Als wir warteten, beide auf den Moment lauerten, dass die Sonne über dem Horizont auftaucht und der Himmel zu einem Kunstwerk der Farben wird, dachte ich, wir sehen das Gleiche

    Als ich mich an deine Schulter lehnte, im gleichen Rhythmus, wie du atmete und dem einsetzenden Konzert der Morgenvögel lauschte, dachte ich, du hörst genauso

    Als ich deine Hand nahm, sie auf mein Herz legte und du das Pochen an deinen Fingerspitzen spürtest, dachte ich, du fühlst, wie ich

    Doch heute weiß ich, dass du an etwas Anderes dachtest, etwas Anderes sahst, anders hörtest und nicht fühltest, wie ich Na ja, irren ist menschlich...


    Katrin Maier-Sohn aus Denkendorf, Otto-Hahn Gymnasium, Klasse 10, Muttersprache Deutsch


    Die lyrix-Gewinner aus dem Ausland


    Graue Buchstaben
    Mein letzter Buchstabe wird geschrieben,
    Ich lege meinen Kuli langsam hin,
    Zurück dann kehre ich,
    Meine Tat zu sehen.
    Tausend geschriebene Wörter,
    Ich kann nicht mehr!
    Nur Dunkelheit vor mir,
    Sie lässt mich nicht voran.
    Plötzlich nimmt mich etwas weg,
    Führt mich durch die Welt,
    In der alles ein Märchen ist.
    Mich zu finden, so irrte ich.
    Doch war es nur ein Traum,
    Neue Kraft gab er mir!
    Alle Buchstaben jetzt eine Farbe haben,
    Und jeder etwas bedeutet.


    Muslic Adnan aus Zenica, Bosnien und Herzegowina, Erstes Gymnasium in Zenica, Jahrgang 1991, Muttersprache Bosnisch


    Irren ist menschlich

    Niemand merkt es.
    Nur einmal,
    sei anders.
    Auch wenn es nur ein bisschen ist,
    du brauchst nicht immer gleich
    zu sein, zu reagieren...
    Menschen sind Menschen,
    machen Fehler.
    Gib nach!
    Irren ist menschlich.


    Beatriz Albuquerque aus Amadora, Portugal, Deutsche Schule Lissabon, Jahrgang 1994, Muttersprache Portugiesisch


    Irren ist menschlich – Kollateralschaden
    Wenn ein Kind
    von einer Bombe stirbt,
    dann sagen sie:
    "Irren ist menschlich."
    Wenn eine Familie
    ihr Heim verlässt,
    dann sagen sie wieder:
    "Irren ist menschlich."
    Wie lange lassen wir das zu?
    Wie lange werden wir unsere Augen
    davor verschließen?
    Wie lange lassen wir diese Irrtümer zu?
    Wie lange...?
    Zu lange.


    Tarik Bazdalic aus Zenica, Bosnien und Herzegowina, Prva gimnazija u Zenici, Jahrgang 1990, Muttersprache Bosnisch


    Planen

    Planen? Ist es sinnvoll?
    Ich habe gelernt, nichts zu planen,
    So kann ich einen Tag nach dem anderen leben
    Ohne mich zu kümmern
    Was geschehen wird.
    Denkst du das nicht?

    Man kann nie wissen,
    Ob unsere Pläne gut klappen werden
    Aber wenn sie nicht gut klappen
    Muss man nur denken:
    "Irren ist menschlich"
    Denkst du das nicht auch?


    Felícia Marques aus Odivelas, Portugal, Deutsche Schule Lissabon, Jahrgang 1994, Muttersprache Portugiesisch


    Im Geo-Unterricht
    In dem Geo-Unterricht
    der neue Schüler spricht:
    Madagaskar liegt in Amerika,
    Donau fließt in Afrika.
    Alpen? Das ist ein Fluss,
    wir können dort gehen zu Fuß
    In Israel heißen die Berge Dänemark,
    fahren Sie dahin, dann sind Sie stark.
    Schwarze wohnen in Spanien,
    Chinesen kommen aus Italien.
    Die Welt hat quadratische Gestalt.
    Sie ist klein und nicht so alt.
    Ich weiß noch viel, viel mehr...
    Entschuldigung, tut Ihnen der Kopf weh?


    Marika Orlowska aus Trabki Wielkie, Polen, Kazimierz-Jagiellonczyk-Gymnasium Trabki Wielkie, Jahrgang 1993, Muttersprache Polnisch