In Anlehnung an das Gedicht "Spalt" von Henning Ahrens solltet ihr uns von Situationen erzählen, in denen es für euch nötig war, eine Brücke zu bauen. Die von euch eingesendeten Texte gehen auf ganz unterschiedliche Weise mit Brüchen in menschlichen Beziehungen um. In vielen eurer Gedichte gelingt es dem lyrischen Ich nicht, eine Brücke zu bauen, in einigen Texten wird der "Spalt" jedoch überwunden und das Brücken bauen gelingt.
Hier sind die Gedichte, die die lyrix-Jury ausgewählt hat. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch den Gewinnern!
Risse
Sag mir, sag mir,
Ist es möglich,
Trotz der tausend Fragen
Noch den nächsten Schritt zu wagen?
Oder ist es unerträglich
Über Dunkelheit zu gehen?
Sag mir, muss ich denn verstehen,
Dass dein Lachen wortlos fällt
Auf dem grauen Stein zerschellt?
Der uns einst so sicher schien,
Als wir noch nach Nähe schrien.
Und einander achtsam hielten
Niemals falsche Spielchen spielten.
Sag mir, sag mir,
Ist es richtig
Nie im Zeitstrom mit zu treiben
Nur am selben Ort zu bleiben?
Oder ist es nicht so wichtig
Nach Berührung zu verlangen
Und den andern aufzufangen?
Willst du also einfach fallen
Und auf mein Vergessen prallen?
Weil es Einfachheit verspricht,
Wenn ein neuer Tag anbricht,
Der uns mit dem Licht umfängt
Das die Träume schlicht verdrängt?
Sag mir, sag mir,
Ist es wahr,
Sind wir jeder nun allein?
(Sophie Garbe aus Tübingen, Deutschland, Uhland-Gymnasium, Jahrgangsstufe: 11, Muttersprache: deutsch)
Brücken bauen
Mit jedem Wort,
jedem Vorwurf wird
weiter der Graben
zwischen uns ausgehoben,
weiter das Holz gekerbt,
das unser Fundament war.
Mit salzigen Tränen wird
das Meer zwischen uns
vertieft, vergrößert.
Jeder auf seiner Insel,
werden wir bald ertrinken.
Bauen wir eine Brücke,
jeder von seiner Seite beginnend,
um das Meer zu überwinden.
(Martina Reichardt aus Nürnberg, Deutschland, Johannes-Scharrer-Gymnasium, Jahrgangsstufe 10, Muttersprache: deutsch)
Mischwelt
lass uns die betäubte nacht befühlen:
wir atmen gefallenen regen und
liebe umgibt mich wie schlackige kakaohaut.
ich kann nicht anders als –
aber ich muss
in meiner projektion bist du wabernd und schmiegst dich in meine leere aber wir sind den traumstatisten ausgeliefert
die sich aus wattebäuschen schälend zwischen uns drängen
erwache ich so sehe ich einen menschen
geschöpft aus fleisch und blut
und unbetastbarkeit denn
ich kann keinen noch so schmalen
steg zu dir ausmachen
ich wünsche mir mehr sinnesorgane
um dich wahrer zu nehmen
als alle anderen
dabei wende ich doch
schon meine augen ab
jeder satz beginnt mit dir
und endet in utopie
als ob du nicht genau wüsstest dass
die realität sandpapier ist an dem ich
mich nicht länger reiben will
lass uns die betäubte nacht befühlen:
mir graut es vor dem rauhreifwahnwitz
und meinem duftverliebten dichanschweigen.
streif mir deinen kratzigen pullover über und bring mich nach hause
(Jonas Kohnen aus Ludwigshafen, Deutschland, Heinrich-Böll-Gymnasium Ludwigshafen, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch)
Brücke am Fenster
Ich bewerfe die Landschaft mit
Nachtgedanken, hoffe, dass das kalte Glas
Sie nicht abprallen lässt
hoffe, dass es die Schatten in den
kühlen Morgentau ziehen lässt
Du neben mir, wasserklare Augen
Orangenblütenduft atmest du
in deinen wolkenlosen Himmel
Ich schreie Winterstürme
gegen zerplatzende Eisskulpturen,
hoffe, dass das Feuer sie
zerschmelzen wird
hoffe, dass sie als warmes Rinnsal
durch mein Gesicht laufen werden
Du neben mir, wasserklare Augen
und ich rieche
Orangenblüten
(Anna Neocleous aus Rietberg, Deutschland, Gymnasium Nepomucenum Rietberg, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch und griechisch)
Ungeschrieben
So wie ich hier stehe
Auf der einen Seite der Schlucht
Stehst du dort
Auf der anderen Seite des Grabens
Der Schall verschlingt die Worte
Die ich niemals sprach
Und die Brücke zu dir hinüber
Zerfällt ungebaut
Du lässt meine Hand los
Die ich dir nicht reichte
Deshalb falle ich
In unseren Graben
In unsere Schlucht
Und ertrinke
In den Fluten
Meiner Liebe
(Benita Salomon aus Schriesheim, Deutschland, Kurpfalzgymnasium Schriesheim, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch)
Die Sängerin und der Zuschauer
Alle schauen her,
im Raum herrscht Stille.
Ich gerate in Panik
und bleib´einfach stehen.
Kein Teil von mir traut sich,
ich krieg´ keinen Ton raus.
Plötzlich hab´ich Angst...
Meine Haut brennt,
ich bin aufgeregt.
Ich warte.
Auf einmal sehe ich,
wie er den Blick auf mich richtet.
Aus der Ferne höre ich
den Rhythmus erklingen.
In meinem Innern fühle ich
die Melodie, die aus mir kommt
und den ganzen Raum erfüllt.
Sein Gesicht erleuchtet sich.
Eine Verbindung entsteht
und die Brücke wird gebaut.
Der Abstand verschwindet,
ich hab´ keine Angst mehr.
Meinem Gesang lasse ich freien Lauf
und fühle wie wir zusammen
nur einer sind.
(Isabella von Wallwitz aus São Paulo, Brasilien, Colégio Visconde de Porto Seguro, Jahrgangsstufe 6, Muttersprache: portugiesisch)
Hier sind die Gedichte, die die lyrix-Jury ausgewählt hat. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch den Gewinnern!
Risse
Sag mir, sag mir,
Ist es möglich,
Trotz der tausend Fragen
Noch den nächsten Schritt zu wagen?
Oder ist es unerträglich
Über Dunkelheit zu gehen?
Sag mir, muss ich denn verstehen,
Dass dein Lachen wortlos fällt
Auf dem grauen Stein zerschellt?
Der uns einst so sicher schien,
Als wir noch nach Nähe schrien.
Und einander achtsam hielten
Niemals falsche Spielchen spielten.
Sag mir, sag mir,
Ist es richtig
Nie im Zeitstrom mit zu treiben
Nur am selben Ort zu bleiben?
Oder ist es nicht so wichtig
Nach Berührung zu verlangen
Und den andern aufzufangen?
Willst du also einfach fallen
Und auf mein Vergessen prallen?
Weil es Einfachheit verspricht,
Wenn ein neuer Tag anbricht,
Der uns mit dem Licht umfängt
Das die Träume schlicht verdrängt?
Sag mir, sag mir,
Ist es wahr,
Sind wir jeder nun allein?
(Sophie Garbe aus Tübingen, Deutschland, Uhland-Gymnasium, Jahrgangsstufe: 11, Muttersprache: deutsch)
Brücken bauen
Mit jedem Wort,
jedem Vorwurf wird
weiter der Graben
zwischen uns ausgehoben,
weiter das Holz gekerbt,
das unser Fundament war.
Mit salzigen Tränen wird
das Meer zwischen uns
vertieft, vergrößert.
Jeder auf seiner Insel,
werden wir bald ertrinken.
Bauen wir eine Brücke,
jeder von seiner Seite beginnend,
um das Meer zu überwinden.
(Martina Reichardt aus Nürnberg, Deutschland, Johannes-Scharrer-Gymnasium, Jahrgangsstufe 10, Muttersprache: deutsch)
Mischwelt
lass uns die betäubte nacht befühlen:
wir atmen gefallenen regen und
liebe umgibt mich wie schlackige kakaohaut.
ich kann nicht anders als –
aber ich muss
in meiner projektion bist du wabernd und schmiegst dich in meine leere aber wir sind den traumstatisten ausgeliefert
die sich aus wattebäuschen schälend zwischen uns drängen
erwache ich so sehe ich einen menschen
geschöpft aus fleisch und blut
und unbetastbarkeit denn
ich kann keinen noch so schmalen
steg zu dir ausmachen
ich wünsche mir mehr sinnesorgane
um dich wahrer zu nehmen
als alle anderen
dabei wende ich doch
schon meine augen ab
jeder satz beginnt mit dir
und endet in utopie
als ob du nicht genau wüsstest dass
die realität sandpapier ist an dem ich
mich nicht länger reiben will
lass uns die betäubte nacht befühlen:
mir graut es vor dem rauhreifwahnwitz
und meinem duftverliebten dichanschweigen.
streif mir deinen kratzigen pullover über und bring mich nach hause
(Jonas Kohnen aus Ludwigshafen, Deutschland, Heinrich-Böll-Gymnasium Ludwigshafen, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch)
Brücke am Fenster
Ich bewerfe die Landschaft mit
Nachtgedanken, hoffe, dass das kalte Glas
Sie nicht abprallen lässt
hoffe, dass es die Schatten in den
kühlen Morgentau ziehen lässt
Du neben mir, wasserklare Augen
Orangenblütenduft atmest du
in deinen wolkenlosen Himmel
Ich schreie Winterstürme
gegen zerplatzende Eisskulpturen,
hoffe, dass das Feuer sie
zerschmelzen wird
hoffe, dass sie als warmes Rinnsal
durch mein Gesicht laufen werden
Du neben mir, wasserklare Augen
und ich rieche
Orangenblüten
(Anna Neocleous aus Rietberg, Deutschland, Gymnasium Nepomucenum Rietberg, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch und griechisch)
Ungeschrieben
So wie ich hier stehe
Auf der einen Seite der Schlucht
Stehst du dort
Auf der anderen Seite des Grabens
Der Schall verschlingt die Worte
Die ich niemals sprach
Und die Brücke zu dir hinüber
Zerfällt ungebaut
Du lässt meine Hand los
Die ich dir nicht reichte
Deshalb falle ich
In unseren Graben
In unsere Schlucht
Und ertrinke
In den Fluten
Meiner Liebe
(Benita Salomon aus Schriesheim, Deutschland, Kurpfalzgymnasium Schriesheim, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch)
Die Sängerin und der Zuschauer
Alle schauen her,
im Raum herrscht Stille.
Ich gerate in Panik
und bleib´einfach stehen.
Kein Teil von mir traut sich,
ich krieg´ keinen Ton raus.
Plötzlich hab´ich Angst...
Meine Haut brennt,
ich bin aufgeregt.
Ich warte.
Auf einmal sehe ich,
wie er den Blick auf mich richtet.
Aus der Ferne höre ich
den Rhythmus erklingen.
In meinem Innern fühle ich
die Melodie, die aus mir kommt
und den ganzen Raum erfüllt.
Sein Gesicht erleuchtet sich.
Eine Verbindung entsteht
und die Brücke wird gebaut.
Der Abstand verschwindet,
ich hab´ keine Angst mehr.
Meinem Gesang lasse ich freien Lauf
und fühle wie wir zusammen
nur einer sind.
(Isabella von Wallwitz aus São Paulo, Brasilien, Colégio Visconde de Porto Seguro, Jahrgangsstufe 6, Muttersprache: portugiesisch)