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Die Milbe aussperren

Entomologie. - Es gibt in Deutschland praktisch kein Bienenvolk, das frei wäre von Varroa-Milben. Diese Parasiten vermehren sich in den Waben der Honigbienen, Imker müssen sie das ganze Jahr über regelmäßig bekämpfen. Die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung hat auf ihrer Jahrestagung in Würzburg das Konzept für ein Instrument vorgestellt, mit dem der Schutz der Völker vor dem Parasiten verbessern wollen: Das Varroa-Gate.

Von Joachim Budde | 21.03.2013
    Ein Imker, der sich nicht rechtzeitig im Jahr darum kümmert, die Zahl der Varroa-Milben in seinen Völkern zu reduzieren, bekommt im Winter Probleme, sagt Dr. Peter Rosenkranz, der die Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim leitet.

    "Wir empfehlen, dass man schon im Juli behandelt, und dann auch wirklich Anfang August den Befall auf ein erträgliches Maß reduziert. Ich würde aber behaupten, dass der Durchschnittsimker, der bei uns knapp zehn Völker hat in Baden-Württemberg oder auch in Deutschland, viele sogar weniger, dass der mit den Konzepten, die angeboten und beraten werden, gut zurecht kommt."

    Für Berufsimker mit vielen Völkern kann es aufwändig werden, die Prozedur bei allen Stöcken durchzuführen: Vom Frühjahr an müssen Bienenhalter beobachten, wie viele Milben in ihren Bienenvölkern leben und dementsprechend im Sommer und Frühherbst Gegenmaßnahmen ergreifen. Das größte Problem für Imker, die ihre Völker konsequent im Kampf gegen den Parasiten unterstützen, sind zu dem Zeitpunkt nachlässige Kollegen in der Nachbarschaft, sagt Professor Nikolaus Koeniger.

    "Wenn jemand auf dem Standpunkt steht, ich muss gegen Varroa nicht behandeln, und wenn mein Bienenvolk stirbt, kaufe ich mir ein neues, dagegen gibt es keine Methode, und das sind zum Teil Leute, die den guten Imkern das Leben schwer machen, weil die nachlässig sind in der Behandlung und damit natürlich Quelle da sind für diese horizontalen Infektionen."

    Wenn Völker an der Varroa eingehen, kommen Bienen aus anderen Völkern, räubern die Honigvorräte aus und transportieren dabei unfreiwillig auch Milben in den heimischen Stock. Der emeritierte Professor und frühere Leiter des Instituts für Bienenkunde in Oberursel bei Frankfurt arbeitet deshalb an einem Instrument, das das verhindern soll.

    "Mit dem Varroa-Gate wollen wir erreichen, dass nicht eine einzige Milbe von außen eingetragen wird."

    Ein Vorsatz vor dem Flugloch soll die Milben auf den heimkehrenden Bienen bekämpfen. Eine einfache Idee, die aber die Tücken im Detail hat. Denn das Flugloch ist nicht nur die Tür zum Stock, es lässt auch die Luft zum Atmen herein, und die Bienen werfen hier ihren Abfall und tote Nestgenossen nach draußen. Das alles muss möglich bleiben. Das Team um Koeniger hat als Lösung einen breiten Streifen mit 30 Löchern entwickelt, der Milbengift enthält und durch den die Bienen kriechen müssen. Auch die Suche nach geeigneten Substanzen, die zwar die Milben schnell und sicher töten, die Bienen aber am Leben lassen und dann auch noch für einen Träger im Varroa-Gate geeignet sind, war schwierig. Koeniger:

    "Das bedeutet, dass man das ganze nur in Zusammenarbeit mit einem ausgefeilten Stab von Leuten [machen kann], die Erfahrung haben, Wirkstoffe in Materie einzuschließen. Und es ist uns gelungen, Bayer davon zu überzeugen, dass das etwas ist, was jetzt notwendig ist, um die Anzahl der Winterverluste durch die Varroa einzuschränken, und die Firma Bayer hat dann zugestimmt, mit uns zusammen dieses Projekt zu entwickeln."

    In Käfigversuchen haben die Wissenschaftler an jeweils zehn Bienen getestet, wie die Insekten verschiedene Substanzen vertragen und wie gut die Mittel die Milbe töten, sagt Dr. Gudrun Koeniger. Die Biologin hat in der Zusammenarbeit mit ihrem Mann die Käfigversuche übernommen.

    "Wir haben im letzten Jahr die Käfigversuche abgeschlossen und sind jetzt schon im Test an ganzen Völkern gewesen, und in diesem Herbst wird ein Feldtest sein, also wirklich viele Bienenvölker. Und das gibt uns Hoffnung, dass es in ein, zwei Jahren vielleicht eine Zulassung gibt. Das ist ja immer ein großer Schritt."

    Für den ersten Wirkstoff sind die Forscher schon sehr weit, weitere folgen, um zu verhindern, dass die Parasiten auf Dauer dagegen resistent werden.