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Die Museumslandschaft in Sachsen
Spitze mit Leuchttürmen

Sachsen liegt nach Angaben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowohl nach Anzahl der Museen als auch bei den Museumsbesuchen an der Spitze der fünf neuen Bundesländer. Doch von der Aufbauarbeit nach der Wende profitierten vor allem die großen Städte.

Von Nadine Lindner | 04.01.2015
    Besucher in einer Ausstellung über Giovan Lorenzo Bernini im Museum der bildenden Künste in Leipzig.
    Kulturelle Investitionen haben sich in Sachen bezahlt gemacht: Das Land hat die meisten Museen der fünf neuen Bundesländer (Foto: picture alliance / dpa - Hendrik Schmidt)
    Dresden, auf der Neustädter Seite der Elbe. Von hier aus hat man den vielleicht besten Blick auf das Barock-Ensemble der Altstadt. Es ist nicht nur ein touristischer Anziehungspunkt, sondern auch Heimat der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Sie sind eine der größten Museumsverbünde Deutschlands untergebracht im Schloss, im Zwinger, im Albertinum
    Andreas Berger kennt die Sammlungen gut, er ist seit über zwanzig Jahren Kulturjournalist; ein Dresdner Urgestein:
    "Die Stadt hatte schon immer viel Selbstbewusstsein und Tradition. Aber erst seit der Wiedervereinigung konnte man die Ressourcen, die man hier hat international bekannt machen und ganz anders zu präsentieren."
    Auch heute ist die 500 Jahre alte Sixtinische Madonna, das berühmte Gemälde des Renaissancemalers Raffael, eine der Hauptattraktionen der Staatlichen Kunstsammlungen. Hinzu kommt deren Vorreiterrolle in der Provenienzforschung. Seit 2008 gibt es in Dresden das Projekt Daphne, das sich intensiv mit der Herkunft des Bestandes auseinandersetzt.
    Umfangreiche Investitionen
    In Dresden sind zweierlei Dinge zu beobachten, die charakteristisch für die Entwicklung der sächsischen Museumslandschaft seit dem Mauerfall sind: Da ist zum einen die Aufbauleistung an historischen Gebäuden wie dem Dresdner Schloss. Zum anderen - und das geht damit einher - muss das jahrhundertealte Erbe bewahrt werden. Die Landespolitik, so Andreas Berger, habe die Zeichen der Zeit nach dem Mauerfall schnell erkannt.
    "Jemand wie Biedenkopf, der erster Ministerpräsident wurde, der hat das sofort verstanden hat, dass man damit was machen muss. Wo man investieren muss. Und das ist passiert."
    Sachsen und seine Museen - Nach Angaben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz liegt das Land sowohl nach Anzahl der Museen als auch bei den Museumsbesuchen an der Spitze der fünf neuen Bundesländer. Aber:
    "Man hat in den ersten Jahren die Leuchttürme unterstützt, aber die kleinen Museen in Bautzen, Dippoldiswalde, die konnte man nicht im gleichen Maße unterstützen, wie man das bei Dresden, Leipzig und Chemnitz gemacht hat."
    Leipzig und Chemnitz mit Neubauten
    Die Leuchttürme: Dresden - Leipzig - Chemnitz - schon seit jeher ringen die drei größten Städte Sachsens um ihr Verhältnis zueinander. Dresden, die heutige Landeshauptstadt, ehemals prächtige Residenzstadt mit alteingesessenen Museen; Leipzig, die weltoffene Messestadt mit dem Erfolg der Neuen Leipziger Schule um Neo Rauch; und Chemnitz als traditionsreicher Industriestandort. Konkurrenten oder Partner? Auch bei der Bewertung der sächsischen Museumslandschaft spielt das eine Rolle. Andreas Berger über Leipzig und Chemnitz, die beide seit dem Mauerfall unter anderem durch Neubauten gewonnen haben.
    "Also wir brauchen ja nur als Beispiel das Museum der bildenden Künste nehmen. 2004 war es der erste Neubau im Osten Deutschlands. Das andere Beispiel ist Chemnitz. Die städtischen Museen gab es auch schon zu DDR-Zeiten. Aber erst durch die Bündelung die Berufung von Frau Mössinger als Generaldirektorin Chemnitz hat sich wie Phönix aus der Asche präsentiert. Durch Ausstellungen, das malerische Werk von Bob Dylan zu zeigen, das hat sich rumgesprochen. Auf einmal schreibt die New York Times über Chemnitz, was vorher unvorstellbar war."
    Wie "Phönix aus der Asche"
    Besuch in Chemnitz in den Städtischen Kunstsammlungen. Das Büro von Generaldirektorin Ingrid Mössinger ist bis zur Decke vollgestellt mit Bildbänden oder Ausstellungskatalogen.
    Die Städtischen Kunstsammlungen sind der "Phönix aus der Asche", wie es Kulturjournalist Andreas Berger beschrieben hat.
    Wie also hat Ingrid Mössinger das Haus - in der Asche - vorgefunden, als sie es 1996 übernommen hat?
    "Es gab Räume, da hingen die elektrischen Leitungen wie Wäscheseile durch den Raum. Damals war es noch ein Naturkundemuseum. Da gab es einen Raum zum Präparieren. Da hatte man mal einen Löwen präpariert, wonach das ganze Haus stank. Es gab eine Bienenzucht. Die Bienen flogen ein und aus. Es war ein Albtraum."
    Fast zwanzig Jahre ist das nun her. Heute hat das Haus sehr von Schenkungen profitiert.
    "Wir haben glücklicherweise einen Schwerpunkt mit Karl Schmidt-Rottluff, der ist ja in Chemnitz geboren. Über 600 Kunstwerke von Schmidt-Rottluff. Wir haben Zeichnungen, Skulpturen."
    International beachtete Sonderausstellungen
    Durch international beachtete Sonderausstellungen oder das 2007 eröffnete Museum Gunzenhauser, das die Sammlung des Münchner Sammlers Alfred Gunzenhauser mit Werken der klassischen Moderne beherbergt, ist Chemnitz wieder auf der musealen Landkarte präsent.
    25 Jahre nach dem Mauerfall erblühen die Museen, doch welche Bilanz ziehen die sächsischen Künstler? Jan Kummer war schon zu DDR-Zeiten als frei schaffender Künstler in Chemnitz aktiv. Eines seiner bekanntesten Werke war die AG.Geige, ein multimediales Performanceprojekt. Er glaubt, dass die künstlerische Verarbeitung des Umbruchs auch 25 Jahre nach dem Mauerfall gerade erst angefangen hat. Themen gibt es für ihn genug...
    "Da ist nur zu hoffen, dass dieser Schrumpfungsprozess, diese Verwerfungen, dass das als Chance betrachtet wird. Ich sehe das schon so, dass Westdeutschland, die Kommunen, die sind oft so gesättigt, da sind die Claims abgesteckt, im Osten ist noch vieles machbar."