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"Die Nacht gehört uns"

Die Anwohner des künftigen Großflughafens Berlin Brandenburg wehren sich gegen die dort geplanten Nachtflüge. Mit ihrer Klage haben sie es bis vors Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geschafft. Dort wird jetzt verhandelt, ob es plausible Gründe für die Ausweitung der Betriebszeiten in die Nacht gibt.

Von Claudia Altmann | 21.09.2011
    Mehrere Hundert Bewohner der betroffenen Region waren zum Prozessauftakt nach Leipzig gekommen und hatten das Problem zumindest akustisch gleich mitgebracht. Seit Langem machen sie auf die gesundheitsschädigenden Folgen von Fluglärm aufmerksam und fühlen sich von den Verantwortlichen bei Flughafengesellschaft und Politik überrollt. Mangelnde Transparenz bis hin zu bewusster Täuschung, so die Vorwürfe. Auch das Vertrauen in die obersten Richter hält sich zumindest bei Thomas Czogalla vom Verein "Teltow gegen Fluglärm" in Grenzen.

    "Wenn man das Planfeststellungsverfahren betrachtet, so wie es gelaufen ist, dann sind ja auch dem BuVG wesentliche Informationen vorenthalten worden. Die Flugrouten im PFV waren falsch. Dadurch ist auch die Anzahl der betroffenen Menschen sehr viel höher als es ursprünglich angenommen wurde. Und an der Stelle ist die Frage, inwiefern die Richter nicht geneigt sind, mal eine Entscheidung zu treffen, die etwas mehr für die Bürger spricht und weniger für die Verwaltungen, die die Entscheidung getroffen haben."


    Die Richter sollen darüber urteilen, ob Nachtflüge tatsächlich ausreichend begründet werden können. Gutachter und Sachverständige müssen nachweisen, dass die Planer von den richtigen Voraussetzungen ausgegangen sind. Richter Rüdiger Rubel ließ gestern Zweifel durchblicken, als es um die umstrittenen Flugrouten ging und fragte, ob nicht von vornherein ein größerer Toleranzbereich hätte gewählt werden müssen. Bereits 2006 war an selber Stelle entschieden worden, dass es durchgehende Nachtflüge in Schönefeld nicht geben darf. Nach der jetzigen Regelung dürfen zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens keine Maschinen landen und starten mit Ausnahme von Post- und Regierungsflugzeugen sowie in Not geratenen Linienfliegern. Nun stehen die sogenannten Randzeiten auf dem Prüfstand: zwischen 22 Uhr und null Uhr sowie morgens zwischen fünf und sechs Uhr. Die Anrainer wollen durchgehend Ruhe, acht Stunden lang. Die von der brandenburgischen Regierung 2009 beschlossenen Änderungen des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses lehnen sie daher ab. Potsdams Staatssekretär für Verkehr Rainer Bretschneider allerdings steht nach wie vor zu der Entscheidung und zwar:


    "Uneingeschränkt. Wir haben uns das nicht einfach gemacht und haben gesehen und überprüft, was das Gericht uns 2006 ins Stammbuch geschrieben hat, und sind nach sehr fundierter Überprüfung und Abwägung aller Argumente pro und kontra ja zu diesem differenzierten Ergebnis gekommen, wie es in diesem PFB steht, und glauben, dass das gut begründet ist und dass das auch Bestand haben kann."

    Die Betreiber stützen sich auf das Argument der Wirtschaftlichkeit. Würden auch noch die Randzeiten gekippt werden, so entstünden 18.000 Arbeitsplätze weniger. Rückendeckung bekommen sie von Industrie und Tourismusbranche. Der Bedarf für die bisher genehmigten Nachtflüge ergebe sich zudem daraus, dass der neue Flughafen ja dann der einzige in der Region sei. Der Sprecher der Berliner Flughäfen Ralf Kunkel gibt sich daher siegessicher und gelassen.

    "Och um Infrastrukturprojekte gibt es immer Hickhack. Da darf man sich nicht drüber hinwegtäuschen, dass es da unterschiedliche Interessen gibt, und dass man die auch nicht alle unter einen Hut bringen kann, ...wichtigster Baustein Berlin Brandenburg und der wird im Juni 2012 eröffnet. Und dann bin ich mir sicher, werden viele dieser Aufgeregtheiten sich in Nichts auflösen."

    Das allerdings sehen die betroffenen Bewohner der Region ganz anders.

    "Und deshalb bleibt es dabei: Die Nacht gehört uns und sie soll fluglärmfrei bleiben."