Reiner Haseloff, neuer Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, hält gleich seine erste Regierungserklärung. Der 57-jährige schaut hoch zur Tribüne. Dort sitzt seine Ehefrau, sie lächelt ihm aufmunternd zu.
Haseloff konzentriert sich nun auf sein Manuskript. Schließlich ist es seine erste Rede als Regierungschef. Seine Sätze wirken etwas steif. Und er irgendwie angespannt.
"Vor gut drei Wochen wurde ich in diesem Hohen Hause zum Ministerpräsidenten gewählt. Die Regierung steht, ja, sie ist in vielen Bereichen bereits mitten in der Arbeit. Das war ein Schnellstart ohne großes Gerangel und Getöse."
Ohne großes Gerangel und Getöse? In den Gesichtern der CDU-Abgeordneten Eva Feussner und Nicole Rotzsch kann man anderes lesen: Sie blicken erstaunt. Denn Ärger gab es zwar nicht zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD, nein, dafür aber umso mehr innerhalb der CDU-Fraktion. Am Tag der konstituierenden Fraktionssitzung, das war wenige Tage nach der Landtagswahl, fielen die ersten hässlichen Worte. Es sollten der neue Fraktionschef, seine beiden Stellvertreter und der parlamentarische Geschäftsführer bestimmt werden. Gewählt wurden ausschließlich Männer. Dabei hatte auch eine Frau für den Vizeposten kandidiert. Es kam zum Schlagabtausch. Die sechs Parlamentarierinnen fühlten sich ihren 35 männlichen Kollegen gegenüber zurückgesetzt. Das Wortgefecht wurde heftiger, die Argumente schärfer. Schließlich soll der damalige Fraktionsvize und heutiger Innenminister Holger Stahlknecht den Frauen gegenüber geätzt haben –
"Euer Eierstockgehabe geht mir auf den Geist."
"Ich stelle mir immer vor, alleine, dass man so etwas ausspricht zeigt mir, welche Denkweise Personen haben. Ich würde mich freuen, wenn ein anderes Bewusstsein gegenüber Frauen generell wäre. Ich sage mal, man sollte es nicht einmal denken und aussprechen umso weniger."
Eva Feussner ist nicht gerade auf den Mund gefallen. Seit 1994 sitzt sie für die CDU im Magdeburger Landtag. Manche würde die resolute, schwarzhaarige Endvierzigerin mit dem blauen Kajal um die Augen als Vollblutweib bezeichnen. Sie weiß, was sie will und sagt was sie denkt - das gerne auch mal lautstark. Doch der Begriff Eierstockgehabe verschlug auch Eva Feussner kurz die Sprache. Aber es sollte noch besser kommen. Wenige Tage später habe sich auch Ministerpräsident Reiner Haseloff zu einer ähnlich despektierlichen Äußerung hinreißen lassen, berichten Parlamentarier.
Wohl im Spaß soll er von hormongesteuerten Frauen gesprochen haben. Das aber bestreitet sein Regierungssprecher und erklärt: Haseloff habe diesen Ausdruck nur als Zitat verwendet und damit den verbalen Umgang innerhalb seiner Partei kritisieren wollen. Doch den Frauen in der sachsen-anhaltischen CDU reicht es: Sie fühlen sich ihren männlichen Pendants gegenüber im Nachteil. Sogar bei ihrer Parteichefin Angela Merkel haben sie sich schon beschwert. Wir werden bei der Vergabe wichtiger Posten seit Jahren übergangen – schimpft Eva Feussner.
"Ich würde es schon als eine Art Respektlosigkeit gegenüber den Frauen bezeichnen. Ich würde es nicht zwingend als frauenfeindlich bezeichnen, ich habe eher das Gefühl, warum auch immer, man hat eher Angst vor uns Frauen. Weil wir vielleicht fleißiger sind, vielleicht auch manchmal kompetenter, intelligenter. Und man könnte ihnen eventuell ja einen Posten wegnehmen. Es ist eher Angst."
Holger Stahlknecht wirkt nicht so, als habe er Angst vor Frauen. Der Offizier der Reserve ist knapp zwei Meter groß, markantes Gesicht und gegeltes Haar. Der 46-jährige tritt gerne schneidig stets höflich auf und hat auch Humor. Vor seiner Zeit als Innenminister hat der gebürtige Niedersachse als Staats- und Rechtsanwalt gearbeitet. Inzwischen tut ihm seine Bemerkung von Eierstockgehabe leid. Er habe es damals eher vor sich hin gemurmelt, weil er genervt war. Bei den Frauen habe er sich entschuldigt, sagte Stahlknecht und beeilt sich zu betonen, dass er sehr für Frauenförderung sei, dass es auch auf Qualifikation, Stil und Freundlichkeit ankomme.
"Das ist einfach demotivierend, frustrierend, wenn immer wieder diskutiert wird über Kompetenz und Qualifikation von Frauen und ich sage es auch mal ein bisschen sarkastisch, über Kompetenzen von Männern wird nie gesprochen und das wird auch nie infrage gestellt."
Als es fraktionsintern um weitere Posten ging, hat auch Nicole Rotzsch ihre Hand gehoben. Sie wäre gerne Vorsitzende des Agrar-Ausschusses geworden. Obwohl sie keinen Gegenkandidaten hatte, beantragte Man(n) eine geheime Wahl. Und Nicole Rotzsch fiel durch. Das hätte ich mir eigentlich denken können, sagt die 34-jährige Wirtschaftsingenieurin heute. Denn schon Tage vor der Wahl sei sie gedrängt worden, ihre Bewerbung zurückzuziehen. Am Telefon habe ihr der Parteikollege gesagt, Man(n) wolle statt ihrer lieber eine andere Frau auf dem Posten sehen. Der Grund: Die andere sei einfach besser lenkbar als sie. Eva Feussner und Nicole Rotzsch ärgern sich über diesen Männerklüngel in der eigenen Fraktion, der sich mittels Mehrheiten immer wieder durchsetzt.
"Wenn eine Frau lebhaft ist und kritisch und ein Typ, dann hat sie es mit Sicherheit schwerer als wenn ein Mann so ist","
weiß Harry Lienau, CDU-Parlamentarier. Er hofft, dass einige seiner Parteikollegen nun in sich gehen. Er jedenfalls setzt auf kreative Frauen, auch wenn sie unbequem sein sollten.
""Ich brauche ein kritisches Umfeld, um mich auch selber zu hinterfragen. Das braucht auch die CDU."
Ob alle seiner männlichen Kollegen so denken, bleibt abzuwarten. Immerhin - Reiner Haseloff macht den Anfang. Am Ende seiner Regierungsrede kündigt der Ministerpräsident die Gründung eines Beirates an. Das Gremium soll sich künftig mit dem Thema Frauenförderung in Führungspositionen beschäftigen. Dass Handlungsbedarf besteht, sieht inzwischen auch dem CDU-Regierungschef ein.
Haseloff konzentriert sich nun auf sein Manuskript. Schließlich ist es seine erste Rede als Regierungschef. Seine Sätze wirken etwas steif. Und er irgendwie angespannt.
"Vor gut drei Wochen wurde ich in diesem Hohen Hause zum Ministerpräsidenten gewählt. Die Regierung steht, ja, sie ist in vielen Bereichen bereits mitten in der Arbeit. Das war ein Schnellstart ohne großes Gerangel und Getöse."
Ohne großes Gerangel und Getöse? In den Gesichtern der CDU-Abgeordneten Eva Feussner und Nicole Rotzsch kann man anderes lesen: Sie blicken erstaunt. Denn Ärger gab es zwar nicht zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD, nein, dafür aber umso mehr innerhalb der CDU-Fraktion. Am Tag der konstituierenden Fraktionssitzung, das war wenige Tage nach der Landtagswahl, fielen die ersten hässlichen Worte. Es sollten der neue Fraktionschef, seine beiden Stellvertreter und der parlamentarische Geschäftsführer bestimmt werden. Gewählt wurden ausschließlich Männer. Dabei hatte auch eine Frau für den Vizeposten kandidiert. Es kam zum Schlagabtausch. Die sechs Parlamentarierinnen fühlten sich ihren 35 männlichen Kollegen gegenüber zurückgesetzt. Das Wortgefecht wurde heftiger, die Argumente schärfer. Schließlich soll der damalige Fraktionsvize und heutiger Innenminister Holger Stahlknecht den Frauen gegenüber geätzt haben –
"Euer Eierstockgehabe geht mir auf den Geist."
"Ich stelle mir immer vor, alleine, dass man so etwas ausspricht zeigt mir, welche Denkweise Personen haben. Ich würde mich freuen, wenn ein anderes Bewusstsein gegenüber Frauen generell wäre. Ich sage mal, man sollte es nicht einmal denken und aussprechen umso weniger."
Eva Feussner ist nicht gerade auf den Mund gefallen. Seit 1994 sitzt sie für die CDU im Magdeburger Landtag. Manche würde die resolute, schwarzhaarige Endvierzigerin mit dem blauen Kajal um die Augen als Vollblutweib bezeichnen. Sie weiß, was sie will und sagt was sie denkt - das gerne auch mal lautstark. Doch der Begriff Eierstockgehabe verschlug auch Eva Feussner kurz die Sprache. Aber es sollte noch besser kommen. Wenige Tage später habe sich auch Ministerpräsident Reiner Haseloff zu einer ähnlich despektierlichen Äußerung hinreißen lassen, berichten Parlamentarier.
Wohl im Spaß soll er von hormongesteuerten Frauen gesprochen haben. Das aber bestreitet sein Regierungssprecher und erklärt: Haseloff habe diesen Ausdruck nur als Zitat verwendet und damit den verbalen Umgang innerhalb seiner Partei kritisieren wollen. Doch den Frauen in der sachsen-anhaltischen CDU reicht es: Sie fühlen sich ihren männlichen Pendants gegenüber im Nachteil. Sogar bei ihrer Parteichefin Angela Merkel haben sie sich schon beschwert. Wir werden bei der Vergabe wichtiger Posten seit Jahren übergangen – schimpft Eva Feussner.
"Ich würde es schon als eine Art Respektlosigkeit gegenüber den Frauen bezeichnen. Ich würde es nicht zwingend als frauenfeindlich bezeichnen, ich habe eher das Gefühl, warum auch immer, man hat eher Angst vor uns Frauen. Weil wir vielleicht fleißiger sind, vielleicht auch manchmal kompetenter, intelligenter. Und man könnte ihnen eventuell ja einen Posten wegnehmen. Es ist eher Angst."
Holger Stahlknecht wirkt nicht so, als habe er Angst vor Frauen. Der Offizier der Reserve ist knapp zwei Meter groß, markantes Gesicht und gegeltes Haar. Der 46-jährige tritt gerne schneidig stets höflich auf und hat auch Humor. Vor seiner Zeit als Innenminister hat der gebürtige Niedersachse als Staats- und Rechtsanwalt gearbeitet. Inzwischen tut ihm seine Bemerkung von Eierstockgehabe leid. Er habe es damals eher vor sich hin gemurmelt, weil er genervt war. Bei den Frauen habe er sich entschuldigt, sagte Stahlknecht und beeilt sich zu betonen, dass er sehr für Frauenförderung sei, dass es auch auf Qualifikation, Stil und Freundlichkeit ankomme.
"Das ist einfach demotivierend, frustrierend, wenn immer wieder diskutiert wird über Kompetenz und Qualifikation von Frauen und ich sage es auch mal ein bisschen sarkastisch, über Kompetenzen von Männern wird nie gesprochen und das wird auch nie infrage gestellt."
Als es fraktionsintern um weitere Posten ging, hat auch Nicole Rotzsch ihre Hand gehoben. Sie wäre gerne Vorsitzende des Agrar-Ausschusses geworden. Obwohl sie keinen Gegenkandidaten hatte, beantragte Man(n) eine geheime Wahl. Und Nicole Rotzsch fiel durch. Das hätte ich mir eigentlich denken können, sagt die 34-jährige Wirtschaftsingenieurin heute. Denn schon Tage vor der Wahl sei sie gedrängt worden, ihre Bewerbung zurückzuziehen. Am Telefon habe ihr der Parteikollege gesagt, Man(n) wolle statt ihrer lieber eine andere Frau auf dem Posten sehen. Der Grund: Die andere sei einfach besser lenkbar als sie. Eva Feussner und Nicole Rotzsch ärgern sich über diesen Männerklüngel in der eigenen Fraktion, der sich mittels Mehrheiten immer wieder durchsetzt.
"Wenn eine Frau lebhaft ist und kritisch und ein Typ, dann hat sie es mit Sicherheit schwerer als wenn ein Mann so ist","
weiß Harry Lienau, CDU-Parlamentarier. Er hofft, dass einige seiner Parteikollegen nun in sich gehen. Er jedenfalls setzt auf kreative Frauen, auch wenn sie unbequem sein sollten.
""Ich brauche ein kritisches Umfeld, um mich auch selber zu hinterfragen. Das braucht auch die CDU."
Ob alle seiner männlichen Kollegen so denken, bleibt abzuwarten. Immerhin - Reiner Haseloff macht den Anfang. Am Ende seiner Regierungsrede kündigt der Ministerpräsident die Gründung eines Beirates an. Das Gremium soll sich künftig mit dem Thema Frauenförderung in Führungspositionen beschäftigen. Dass Handlungsbedarf besteht, sieht inzwischen auch dem CDU-Regierungschef ein.