Die Oper lebt

Von Renate Hellwig-Unruh · 03.12.2005
Rolf Liebermanns "Die Schule der Frauen", zeigt, dass die Oper immer noch lebendig ist. Nach ihrer Premiere vor 50 Jahren in den USA wurde sie zu einer der meistgespielten zeitgenössischen musikalische Komödien. Dabei war es vielmehr die Aufführung bei den Salzburger Festspielen, die die Oper so berühmt machte. Ihr europäisches Debüt wäre fast nicht zustande gekommen. Herbert von Karajan, damals neuer Chef der Festspiele, schien die Oper nicht ganz das Richtige für sein Publikum zu sein.
Sie ist alt, fast so alt wie die Welt selbst, die Geschichte vom greisen Mann und dem jungen Mädchen. Ein alter Griesgram, der sich fürchtet, von einer Frau Hörner aufgesetzt zu bekommen, möchte sein Mündel, das er im Kloster hat aufziehen lassen, heiraten. Er denkt, dadurch sei er vor Betrug gefeit. Doch es kommt, wie es kommen musste: Das Mädchen verliebt sich in einen hübschen jungen Kerl, der wiederum nichts ahnend dem alten Mann von seiner jungen Freundin und seinen Plänen erzählt. Am Schluss aber wird alles gut, das junge Paar heiratet und der alte Haudegen hat das Nachsehen.

Rolf Liebermann hat zu Molières Stoff eine Musik geschrieben, ganz im Geiste Mozarts, mit viel Witz, Ironie und Augenzwinkern. Aktualität erhält diese Opera buffa durch einen dramaturgischen Kniff: der Textverfasser Heinrich Strobel, hat den Dichter in das Stück mit eingebaut. Jean-Baptiste Poquelin, später unter dem Namen Molière bekannt, gesellt sich zu den Sängern, kommentiert das Geschehen, spielt und singt sogar mit und wird zum Helfer der Liebenden.

Die Premiere des Einakters "Die Schule der Frauen" fand am 3. Dezember 1955, an einem verregneten Sonntag in Louisville, Kentucky, statt. Der nüchterne Saal füllte sich am Nachmittag der Uraufführung mit etwas Mühe zu zwei Dritteln an. Und denen, die da waren, gefiel die Oper. Doch die Begeisterung hielt sich im Rahmen, nichts deutete auf den späteren großen Erfolg hin.

"Schule der Frauen, ist ja ein ganz merkwürdiges Stück."

Dies stellte Rolf Liebermann später fest. Und zwar nicht wegen des barocken Stils mit zeitgenössischer Handschrift, sondern im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte und die Rezeption. Nach der gelungenen Aufführung seiner Penelope 1954 in Salzburg, erhielt Liebermann den Auftrag von der Rockefeller-Stiftung, eine weitere Oper zu schreiben. Zusammen mit Heinrich Strobel machte er sich auf die Suche nach einem passenden Stoff und nach einigem Hin und Her einigte sich das Duo auf Molières Schule der Frauen. Dabei hatten, laut Liebermann, zwei Vorgaben zu beachten:

"Das Stück durfte musikalisch nicht länger dauern als 55 Minuten, weil es auf zwei Plattenseiten musste, und es musste in Englisch sein."

Nach der zwar erfolgreichen aber nicht überwältigenden Premiere in Louisville wurde die Oper kurz darauf auch in New York aufgeführt.

"Und wir waren eigentlich zufrieden, alle ganz glücklich, haben ein großes Fest gemacht, nachher. Um zehn Uhr morgens kam mein Freund Franz Waxmann ins Hotel und sagte: Sagt mal Kinder, habt ihr die Presse gesehen? Nein, was ist los? Es ist entsetzlich. Was ist passiert? Also Paul Henry Lang, damals der Kritiker von Harald Tribune schrieb: Als ich nach Hause kam, war ich so glücklich, den wunderschönen Klang meiner Schreibmaschine zu hören. Und so war die ganze Kritik. Also es war völlige Vernichtung."

Die New Yorker Schlappe führte dann beinahe dazu, dass "Die Schule der Frauen" vom Programm der Salzburger Festspiele 1957 genommen wurde. Doch Vertrag ist Vertrag, Liebermann und Strobel verlängerten die Oper auf drei Akte, übertrugen den Text wieder ins Deutsche und so fand zwei Jahre nach der Uraufführung in Louisville die europäische Erstaufführung in Salzburg unter Oscar Fritz Schuh statt, mit einer glanzvollen Besetzung: Anneliese Rothenberger als Agnes, Nicolai Gedda als Horace, Kurt Böhme als Arnolphe, Christa Ludwig als Goergette.

Die Salzburger Aufführung, die von zahlreichen Rundfunkstationen übertragen wurde, entwickelte sich zu einem riesigen Erfolg. Das Publikum jubelte und die Kritiker waren sich einig: Die totgesagte zeitgenössische Oper - sie war so quicklebendig wie nie zuvor. Das hatte zwar bereits die amerikanische Premiere der kurzen Fassung gezeigt, doch bekannt und erfolgreich wurde "Die Schule der Frauen" erst durch die Salzburger Aufführung.