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Die Renaissance der heißen Scheiben

Frank Maier bezeichnet sich selbst als "Vinyl-Fetischisten". Zig-Tausende Schallplatten stapeln sich kreuz und quer in seiner Wohnung zwischen Schreibtisch, Kaffeetassen und Fernseher. Doch seit etwa eineinhalb Jahren hat er seine Sammlerleidenschaft zur Geschäftsidee weiterentwickelt: "Vinyl-on-Demand".

Von Thomas Wagner | 20.08.2005
    "Ja, was wir gerade hier hören, ist das Stück "49-Second-Romance" von der Gruppe P1E, einer Berliner Band, 1981 auf Mogam-Records erschienen in Berlin, und von einem Tonträgermedium namens Vinyl und nicht von einer CD. "

    Denn Vinyl ist für Frank Maier aus Friedrichshafen der Stoff, aus dem Musikträume gemacht sind. Über Jahrzehnte hinweg wurden aus Vinyl klassische Schallplatten gepresst. Dann, vor über 15 Jahren, trat die digitale CD ihren Siegeszug rund um die Welt an. Gleichwohl gibt es sie noch, die Fans der klassischen Schallplatte. Frank Maier ist einer von ihnen:

    "Die CD an sich stellt für mich keinen Wert an sich da, der zum Kauf anreizt, während bei einer Vinyl kommt das Ritual dazu: Ich habe etwas großes vor mir, ich habe ein großes Cover. Das ist alles schön leserlich. Ich kann’s auspacken und dann auf den Plattenteller legen. Und ich muss natürlich auch bedeutend mehr aufpassen, dass alles funktioniert, dass ich keine Kratzer rein mache. Also es geht mir ja immer auch um diese Haptik und um diese Bindung zu einem Produkt. Mit so einem Vinyl stelle ich ja so eine emotionale Bindung her, indem ich die Platte auspacke, dieses Ritual habe, diese Platte auf einen Plattenteller zu legen und anzuhören. Und das gibt mir dieses klassische Medium CD einfach nicht. "

    Frank Maier bezeichnet sich selbst als "Vinyl-Fetischisten". Zig-Tausende Schallplatten stapeln sich kreuz und quer in seiner Wohnung zwischen Schreibtisch, Kaffeetassen und Fernseher .Doch seit etwa eineinhalb Jahren hat Frank Meier seine Sammlerleidenschaft zur Geschäftsidee weiterentwickelt: "Vinyl-on-Demand" – das heißt: Regelmäßig gibt er in kleinen Auflagen von etwa 500 Exemplaren Schallplatten mit Musik aus den 70er und 80er Jahren heraus – mit sehr spezieller Musik allerdings. Als Sammler hat Meier festgestellt,…

    "...dass die End-70er / Anfang 80er elektronische Musik mich sehr interessiert. Weil da halt doch sehr viel Innovationspotential dringesteckt ist. und wenn wir von Ende 70er / Anfang 80er sprechen, dann sprechen wir von einer neuen Jugendbegegnung, die vom Punk über den Industrial bis hin zum Wave gegangen ist. "

    Solche Musik klingt für viele Ohren fremd – für Frank Maiers Ohren und denen seiner Kunden hingegen nicht. Derartiges auf Vinyl gepresst – dafür, zeigt sich der Chef von "Vinyl-on-Demand" überzeugt, gibt es einen ausreichend großen Nischenmarkt:

    "Also der Vinyl-Markt im Hip-Hop-, im Dance-Bereich, die ganze DJ-Kultur, die es ja eh noch immer gibt, genauso Techno und die Elektro-Bewegung, die haben natürlich immer noch ihre Vinyl-Kultur. Und genauso in den Bereichen, in denen ich tätig bin, Avantgarde und Industrial, gibt es auch so eine Nische von 500 bis 1000 Leuten weltweit definitiv wenn nicht noch mehr, die jetzt mit dem Medium Vinyl viel lieber arbeiten oder kaufen wie jetzt eine herkömmliche klassische CD. "

    Doch bevor Frank Maier eine neue Vinyl Edition herausgibt, muss er erst einmal Ausschau halten nach alten Tonbandkassetten von Kultbands wie zum Beispiel "Einstürzende Neubauten" oder "Geniale Dilettanten". Kassetten deshalb, weil vielen dieser Bands damals das Geld fehlte, um Platten auf den Markt zubringen. Genau das holt Frank Maier heute nach. Dank des neuen Mediums "Internet", über das er seine Editionen anbietet, findet das alte Medium "Vinyl-Schallplatte" reißenden Absatz. Seinen Manager-Job von einst hat der studierte Verwaltungswissenschaftler mittlerweile an den Nagel gehängt und "Vinyl-on-Demand" zu seinem Hauptberuf gemacht:

    "Davon leben ? Das ist ein guter Punkt, wenn man natürlich alles re-investiert in neue Maßnahmen, neue Internet-Seiten, in einen Online-Shop, der jetzt gemacht werden soll, damit es für die Leute einfacher ist, nicht mehr nur per E-Mail zu bestellen, sondern einfach nur mit einem Klick, das sind natürlich kostenintensive Dinge. Der Aufbau dauert immer lang. Statistisch gesehen ist es ja auch klar. Es dauert bis zu drei Jahren, bis man einmal in die grüne Phase kommt. Ich habe das jetzt aber schon im ersten Jahr geschafft so quasi mit einem Break-Even. Und von daher bin ich auch zuversichtlich. Ich denke, das hat auf jeden Fall Potential und das ist auch das, was ich die nächsten Jahre und Jahrzehnte machen will."