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Die sogenannten Reformen der FIFA

Rund die Hälfte der Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees sind in zahlreiche Korruptionsfälle verwickelt. Doch FIFA-Präsident Joseph Blatter, der mit juristischen Maßnahmen bislang selbst Schmiergeldempfänger gedeckt hat, spielt auf Zeit.

Von Jens Weinreich | 07.11.2011
    Als ein Treffen von Global Playern des Fußballs bezeichnet sich die IFA-Konferenz. Sandro Rosell, der Präsident des FC Barcelona, oder Alexej Sorokin, Organisationschef der WM 2018 in Russland, dürfen gewiss als solche bezeichnet werden: Global Player mit schillernder Vita, stets nah am Skandal. Wie etwa Rosell, der als Manager des Sportartikelkonzerns Nike einst den legendären Vertrag mit dem brasilianischen Verband eingefädelt hat, der zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschäftigte und vielleicht bald ein Nachspiel hat. Rosell, der in Zürich dafür plädierte, die spanische Liga von 20 auf 16 Vereine zu reduzieren, ist ein Geschäftspartner des korrupten brasilianischen Verbandschefs und FIFA-Exekutivmitglieds Ricardo Teixeira und ist auch im Sportwunderland Katar sehr aktiv.

    Über die Weltmeisterschaften in Katar und Russland, die von zahlreichen Korruptionsvorwürfen überschattet werden, verlor FIFA-Präsident Joseph Blatter zur Eröffnung der zweitägigen Mini-Konferenz im Grand Hotel Dolder kein Wort. Auch nicht über die Verstrickungen des WM-Organisationschefs Teixeira in Brasilien oder die mit mehr als 70 Millionen Dollar gefüllten Schwarzgeldkonten des FIFA-Vizepräsidenten und Finanzchefs Julio Grondona aus Argentinien. Blatter blieb vage, er versprach lediglich, den üppig dimensionierten Zeitplan der so genannten Reformen einzuhalten, bis 2013. Konkretes kam nicht.

    Unterdessen läuft die Propagandaabteilung der FIFA weiter hochtourig. Eine Spitzenmeldung auf der FIFA-Webseite ist einmal mehr dem Personenkult um den Präsidenten zuzurechnen. "Forbes führt Blatter unter den mächtigsten Personen der Welt", heißt es da. Das amerikanische Magazin erstellt viele derartige Ranglisten, die keiner Überprüfung standhalten. Blatter rangiert demnach auf Position 63, fünf Ränge vor IOC-Präsident Jacques Rogge. Dieser hatte sich vergangene Woche positiv zu Blatters Ankündigung geäußert, endlich das millionenschwere Schweige-Gelübde zu brechen und auf der nächsten Exekutivsitzung in fünf Wochen in Tokio die Namen von Schmiergeldempfängern aus dem ISL-Bestechungsskandal zu veröffentlichen.

    Ohnehin geht es hier nur um eine Bestätigung dessen, was Journalisten bereits herausgefunden haben: Zu den Schmiergeldempfängern zählen der FIFA-Ehrenpräsident Joao Havelange sowie die Exekutivmitglieder Ricardo Teixeira aus Brasilien, Nicolas Leoz aus Paraguay und Issa Hayatou aus Kamerun. Havelange und Hayatou sind - wie Blatter - auch IOC-Mitglieder, weshalb sich seit einiger Zeit die IOC-Ethikkommmission mit der Sache befasst.

    Zu den vielen pikanten Details dabei zählt es, dass die FIFA und die betroffenen Funktionäre einmal 2,5 Millionen Franken an den ISL-Konkursverwalter und einmal sogar 5,5 Millionen Franken an die Justizkasse für so genannte Korruptionsverdunkelungsverträge gezahlt haben.