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Die Spur der Zähne

Im Kampf gegen den illegalen Handel mit Elfenbein entwickeln WWF, Uni Mainz und das Bundesamt für Naturschutz ein Verfahren, mit dem die Herkunft von Stoßzähnen bestimmt werden kann. Das Projekt steht gerade vor dem Abschluss - und kann durchaus Erfolge verbuchen. Obwohl der Elfenbeinhandel seit 1989 fast vollkommen verboten ist, nimmt die Wilderei in jüngerer Zeit wieder zu.

Von Dagmar Röhrlich | 11.07.2012
    2011 brachte einen traurigen Rekord: Weltweit wurden mehr als 23 Tonnen illegales Elfenbein sichergestellt - allein bei großen Beschlagnahmungen. Diese 23 Tonnen stehen für mindestens 2.500 getötete Elefanten. Hunderte von kleinen Beschlagnahmungen unter 800 Kilogramm kommen noch dazu - plus die Mengen, die an den Zollbehörden vorbei geschmuggelt werden konnten. Beim illegalen Elfenbeinhandel ist die Dunkelziffer hoch:

    "Seit etwa zehn Jahren sehen wir in Afrika wieder eine Zunahme der Wilderei. Wir rechnen da so im Jahr etwa 10- bis 12.000 Tieren, die geschossen werden, um an das Elfenbein zu kommen. Der Markt für 99 Prozent dieses illegalen Elfenbeins ist Ostasien","

    erklärt Stefan Ziegler vom WWF Deutschland. Während sich in Ländern wie Südafrika, Namibia oder Botswana aufgrund des guten Managements die Wilderei noch in Grenzen hielte, seien die Probleme in Zentralafrika besonders groß. Ebenso in Ostafrika. In den Nationalparks Südafrikas wird die Zahl der Elefanten jedoch zu groß, und es müssten Tiere abgeschossen werden. Südafrika würde das Elfenbein gerne verkaufen. Aber:

    ""Die restlichen Staaten Afrikas, die sagen: Nee, wollen wir nicht, sobald wir legales Elfenbein auf den Markt werfen, wäre die Wahrscheinlichkeit da, dass illegales Elfenbein reingewaschen werden könnte."
    Um das zu verhindern, entwickelten Forscher der Universität Mainz und des WWF ein Verfahren, mit dem sich die Herkunft des Elfenbeins bestimmen lassen soll, und zwar anhand seines Isotopenfingerabdrucks:

    "Wir benutzen Methoden, wo man stabile Isotopen misst, in dem Fall die stabilen Isotope von Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und Kohlenstoff. In der Kombination dieser Parameter kann man eben etwas rausfinden über die Region, wo diese Elefanten gelebt haben","

    erläutert Dorrit Jacob von der Universität Mainz. Die Isotopen von Wasserstoff und Sauerstoff geben den Fingerabdruck des Trinkwassers und der Klimazone. Die Kohlenstoff- und Stickstoffvarianten verraten, welche Art von Pflanzen das Tier überwiegend gefressen hat, und durch die Schwefelisotope erfahren die Wissenschaftler etwas über den Boden.

    ""Wir haben mit den Isotopen fünf Parameter. Wenn man die Elefanten-Verteilungskarten dann noch dazu nimmt, dann haben wir eben einen sechsten Parameter, und das muss man über statistische Methoden kombinieren und ausloten und quantifizieren."

    Damit sich die Isotopenwerte zuordnen lassen, mussten Elfenbeinproben untersucht werden. Die 37 betroffenen Nationen wurden angesprochen, und aus fast allen erhielten die Wissenschaftler Elfenbein - ein paar Gramm genügten: Teilweise bekamen sie es direkt von den Staaten, teilweise aus Museen und teilweise von Trophäenjägern. Stefan Ziegler:

    "Es fehlen uns eben noch ein paar Länder, und das sind dann eben auch die Grauzonen, wo wir extrapolieren müssen: Nigeria, da ist ja auch ein hoher Wildererdruck. Das Gleiche gilt für die Zentralafrikanische Republik."
    Derzeit steht das Projekt vor dem Abschluss, erklärt Stefan Ziegler, und die Großregionen ließen sich schon gut unterscheiden:

    "Man kann schon sehr deutlich, und ich spreche hier von einer Wahrscheinlichkeit von über 97 Prozent, das südliche Afrika vom Rest Afrikas zu unterscheiden. Das ist ja schon einmal eine ganz gute Hausnummer."

    Das Washingtoner Artenschutzabkommen fordert jedoch eine Zuordnung auf Länderebene:

    "Da wird das aufgrund der Migration der Elefanten über Staatsgrenzen hinweg natürlich ein bisschen unschärfer. Aber trotzdem sind wir mit den Ergebnissen, wie wir sie jetzt haben, zufrieden, auch auf der Länderebene sogar, sodass wir sagen mit etwa 85 Prozent können wir Proben zuordnen auf die Länderebene."

    Damit das Verfahren gerichtsfest wird, müssen die Messverfahren standardisiert und die Ergebnisse der Mainzer Forscher von unabhängigen Isotopenlaboren bestätigt werden. Die Ergebnisse sollen in eine Online-Datenbank einfließen. Mit deren Hilfe sollen Zollbehörden künftig nach dem Standardverfahren analysierte Proben von beschlagnahmtem Elfenbein den Ursprungsländern zuordnen können. Angesichts des immer intensiver werdenden illegalen Handels wäre das eine wichtige Maßnahme zum Schutz der Tiere. Denn besonders in den wirtschaftlichen aufsteigenden Nationen Asien gilt Elfenbein als Statussymbol und modisches Accessoire.