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"Die Spur des Falken" kommt ins Kino

Humphrey Bogart wurde als Sam Spade in "Die Spur des Falken" über Nacht zum Superstar. Das Erstlingswerk von Regisseur John Huston genießt bis heute Kultstatus.

Von Hartmut Goege | 18.10.2011
    "Won´t you sit down, Miss Wonderly?" - "Thank you. I inquired the hotel for the name of a reliable private detective. They mentioned yours." - "Suppose you tell me about it from the very beginning."

    Eine attraktive Frau, sie nennt sich Miss Wonderly, betritt das Büro des Privatdetektivs Sam Spade. Sie bittet Spade, ihre Schwester zu finden, da sie mit einem zwielichtigen Mann namens Floyd Thursby durchgebrannt sei. Spades charmanter Kompagnon Miles Archer verspricht Thursby zu beschatten, um die Schwester ausfindig zu machen. Routine, so scheint es: Ein Mann soll überwacht werden! Doch diese harmlose Szene bildet den Auftakt zu einem neuen Genre, das als "Schwarze Serie", später als "Film Noir", das Gut- und Böse-Schema des klassischen Detektiv- und Kriminalfilms auf den Kopf stellen wird.
    Wenige Szenen später wird Archer erschossen und auch Thursby tot aufgefunden. Sam Spade will den Tod seines Partners aufklären, wird aber von der Polizei selbst verdächtigt, da er ein Verhältnis mit Archers Ehefrau hatte. Aber in dieser Geschichte ist nichts so wie es scheint. Was als Routineermittlung und Eifersuchtsdrama beginnt, entwickelt sich zu einer undurchsichtigen Gangsterjagd nach dem geheimen Schatz der Malteser-Ritter, einer goldenen Falken-Statuette aus dem 16. Jahrhundert. Jeder misstraut jedem und auch Miss Wonderly, Spades Auftraggeberin, ist mit von der Partie. John Hustons Erstlingswerk machte Humphrey Bogart als Sam Spade über Nacht zum Star. Der schon bisher in vielen Nebenrollen etablierte Bogart fand mit dem wortkargen, zynischen Einzelgänger sein ideales Rollenfach, in dem er später auch in Filmen wie etwa "Casablanca" oder "The Big Sleep" glänzen konnte.

    "If you kill me, how are you gonna get the bird? And if I know you can´t afford to kill me, how are you going to scare me into giving it to you?"
    "Sir, there are other means of persuasion besides killing and threatening to kill." "That´s true."


    Als Huston mit "Die Spur des Falken" am 18. Oktober 1941 in den US-Kinos debütierte, war niemand bei der Produktions-Firma darauf vorbereitet, dass der Film an der Kasse wie bei der Kritik so gut ankommen würde. Denn Warner Brothers hatte mit diesem Regieauftrag eher an eine Belohnung für Hustons bisher erfolgreich geleistete Autorenarbeit für Regie-Titanen wie William Wyler, Raoul Walsh oder Howard Hawks gedacht. Weil es eben auch Huston zur Regie zog. Und es war nicht einmal ein neuer Stoff, den ihm Produzent Henry Blanke anbot:

    "Die Tatsache, dass der Stoff bereits zweimal verfilmt worden war, störte ihn dabei nicht im Geringsten. Er nahm zwei Exemplare des Romans, zerschnitt sie, um vernünftig damit arbeiten zu können, und hielt sich bei seinem Drehbuch dann von Anfang bis Ende an das, was Hammett schon geschrieben hatte. Ein Großteil der Filmdialoge stammte direkt aus dem Roman."

    Huston hatte den düsteren Pessimismus von Dashiell Hammetts Romanvorlage aus dem Jahr 1930 perfekt in seinen Film übertragen. Mit Sam Spade hatte der Schriftsteller eine völlig neue Detektiv-Figur geschaffen: Der einsame Held, die Inkarnation des Misstrauens in einer lebensfeindlichen Umgebung. Es ging nicht mehr um die Lösung mathematischer Rätsel durch Intellektuelle wie Sherlock Holmes. Hammett lies dem Leser keine Zeit für Schlussfolgerungen, konfrontierte ihn stattdessen mit immer neuen Fakten und Gewalttaten. Seine Erzählweise vermittelte dem Leser ein Gefühl der Unruhe und des Getriebenwerdens. Über den Malteser Falken schrieb 1930 ein New Yorker Kritiker:

    "Es gibt Autoren von Detektivgeschichten und dann gibt es noch Dashiell Hammet. Auf der ganzen Welt fällt mir niemand ein, der ihm das Wasser reichen könnte. Das Buch ist mit dem Knall und dem Biss eines Peitschenhiebs geschrieben."

    John Huston schuf für seinen Film die entsprechende Atmosphäre. Durch die kontrastreiche Schattendramaturgie überträgt sich auf den Zuschauer das Gefühl ständiger unerwarteter Gefahren. Auch die nachfolgenden Filme der "Schwarzen Serie" sind in düsteren Farben gemalt. Die Interieurs sind trostlos, Menschen treten aus Schatten heraus oder verschwinden darin. Männer wirken häufig schwach, Frauen kalt und intrigant. Als Sam Spades Auftraggeberin sich schließlich als die Mörderin seines Partners entlarvt und Spade ihre Zuneigung zu ihm nur als eine weitere Täuschung erkennt, hat er keine Skrupel die verführerische Schurkin zurückzuweisen und der Polizei zu übergeben.

    "Sweetheart, it wasn´t only that. I´d have to come back to you, sooner or later. From the very first instant I saw you, I knew."
    "Well, if you get a good break, you´ll be out of Tehachapi in 20 years and you can come back to me then. I hope they don´t hang you by that sweet neck."
    "You are not..."
    "Yes angel, I´m gonna send you over. The chance are you´ll get off with life. That means. If you´re a good girl, you ´ll be out in 20 years. I'll be waiting for you. If they hang you, I´ll always remember you."


    Am Ende verlieren alle. Und selbst der Falke ist eine Fälschung.