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"Die Stadt Dresden ist Weltkulturerbe und sie wird Weltkulturerbe bleiben"

Der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz hat sich vehement für den Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden ausgesprochen. Die Brücke werde "in zwei oder drei Jahren zu einem nicht mehr hinweg zu denkenden Bestandteil des Stadtbildes geworden" sein. Spätestens dann werde die Unesco ihr Gesicht "völlig verloren" haben, so Vaatz.

Moderation: Christian Schütte | 04.07.2008
    Christian Schütte: Eine Gnadenfrist für Dresden. Der Bau der umstrittenen Waldschlösschenbrücke muss gestoppt und was errichtet wurde wieder abgebaut werden. So hat es die Unesco in der Nacht entschieden und angekündigt: wenn das nicht geschieht, dann geht der Stadt der Titel als Weltkulturerbe verloren. Mitgehört hat Arnold Vaatz von der CDU, stellvertretender Fraktionschef der Union für Aufbau Ost. In Dresden und Meißen hat er seinen Wahlkreis. Guten Tag Herr Vaatz!

    Arnold Vaatz: Guten Tag.

    Schütte: Der Beschluss sei unverständlich und ungerecht. So hat die künftige Oberbürgermeisterin Helma Orosz heute erklärt. Er bedeutet faktisch die Streichung von der Welterbeliste. Das hat man doch vorher gewusst. Da hilft doch jetzt auch kein Jammern mehr oder?

    Vaatz: Nein und das ist auch kein Jammern. Solche Begriffe wie "Galgenfrist" und "Count Down" und was weiß ich für Dresden sind hier völlig fehl am Platze. Die Stadt Dresden ist Weltkulturerbe und sie wird Weltkulturerbe bleiben, völlig unabhängig davon was dieses gegenwärtige Komitee dazu zu sagen hat.

    Schütte: Aber sie verliert den Titel Weltkulturerbe für das Elbtal und das ist positiv?

    Vaatz: Der Titel verändert die Schönheit der Stadt Dresden und den Charakter der Stadt Dresden in keiner Weise.

    Schütte: Aber möglicherweise verändert die Brücke ja das Stadtbild? Darum geht es ja.

    Vaatz: Ja. Die Brücke wird das Stadtbild verändern und ich bin sicher, dass die Brücke in zwei oder drei Jahren zu einem nicht mehr hinweg zu denkenden Bestandteil des Stadtbildes geworden ist. Sie wird eine Brücke sein, die in Deutschland zu den landschaftsverträglichsten und schönsten Brücken gehören wird, die neu gebaut worden sind. Spätestens dann wird die Unesco ihr Gesicht völlig verloren haben, wenn die ganze Welt darüber lachen wird, aus welchem Grund sie der Stadt Dresden diesen Titel streitig gemacht hat.

    Schütte: Also Sie sehen das Ganze eher umgekehrt? Man wird sich vielleicht an die Brücke gewöhnen. Aber dadurch muss es ja nicht schöner werden?

    Vaatz: Es wird aus meiner Sicht schöner und das werden Ihnen in einigen Jahren alle bestätigen oder der größte Teil der Kenner der Stadt Dresden bestätigen. Diejenigen, die die Brücke zu so einem Monstrum aufgeblasen haben, was sie nicht ist, werden alle blamiert dastehen und werden nichts mehr von ihrer vorhergehenden Meinung wiederholen. Das ist meine feste Überzeugung. Die Unesco selber glaube ich hat diesen Beschluss heute genauso wenig ernst gemeint, wie sie ihre drei vorangegangenen Beschlüsse ernst gemeint hat. Sie hat nämlich wiederum der Stadt Dresden den Titel jetzt deshalb nicht entzogen, weil sie ihr Erpressungspotenzial gegenüber der Stadt aufrecht erhalten will. Sie wird den Titel am Ende wahrscheinlich auch nicht entziehen, wenn die Brücke steht. Sie wird genauso ihre Meinung wechseln, wie sie bisher ihre Meinung ständig gewechselt hat, weil sie ihren Einfluss auf die Stadt Dresden nicht aufgeben will. Es ist also ein ganz klarer Baustein im Machtkalkül dieser Organisation, vor der ich nur warnen kann.

    Schütte: Also Sie sehen das ganze als leere Drohung? Wo ist denn dann noch Spielraum bei der Gnadenfrist, denn die Ansage aus Quebec war ja klar?

    Vaatz: Ich muss erst mal sagen, dass der Begriff "Gnadenfrist" hier dermaßen fehl am Platze ist, weil die Unesco der Stadt Dresden keine Gnade zu erweisen hat. Die Stadt Dresden wird sich autonom und selbstbestimmt verhalten und sie wird sich an diesen Drohgebärden überhaupt nicht orientieren. Die Brücke wird fertig gebaut und am Ende wird die Unesco der Welt erklären müssen, weshalb sie wegen einer Brücke, die an Ort und Stelle völlig in Ordnung ist und auch ein außerordentlich akzeptables Design hat, der Stadt Dresden über Jahre einen solchen Unfrieden beschert hat.

    Schütte: An der Brücke führt also kein Weg vorbei, sagen Sie.

    Vaatz: Nicht der geringste!

    Schütte: Andererseits gibt es ja eine Alternative, die vielleicht nicht nur akzeptabel, sondern auch besser wäre. Das wäre der Weg mit einem Tunnel unter der Elbe hindurch.

    Vaatz: Man kann auch versuchen, die Elbe durch einen Tunnel von Berlin nach Prag zu überqueren. Das bedeutet dann allerdings für die Leute einen gewissen Umweg, den sie fahren müssen, um erst mal zum Tunneleingang zu kommen und dann vom Tunnelausgang zur Stadt zurückzukehren. Das ist eine völlig unsinnige Überlegung, die in keiner Weise die Chance hat, realisiert zu werden - alleine aus der Tatsache heraus, dass beispielsweise die geotätige Lage der Stadt Dresden diesem Gedanken vollkommen widerspricht. Wenn es schließlich und endlich dennoch unsinnigerweise realisiert werden sollte, benötigt man noch mal ein Planfeststellungsverfahren von vielleicht drei bis vier oder fünf Jahren mit allen Prozessen und so weiter und so fort. Das bedeutet, dass wir den Gedanken einer Elbquerung völlig begraben können, und das wissen die Dresdener. Deshalb haben sie sich jetzt auch bei dem Oberbürgermeistervotum ganz konsequent und klar für die Befürworter des Brückenbaus entschieden. Das Votum ist so eindeutig, dass es höchstwahrscheinlich auch günstig wäre, wenn sich die Unesco mal mit dem Bürgerwillen in Dresden beschäftigen würde und ihn nicht immer abqualifizieren würde und die Dresdener so als eine Art renitentes Bergvolk darstellen. Das möchten die Dresdener überhaupt nicht. Die Stadt Dresden ist das, was sie ist, durch den Einsatz der Bürger von Dresden und nicht durch die Unesco geworden.

    Schütte: Herr Vaatz, wodurch entsteht langfristig der Stadt größerer Schaden? Durch Mehrkosten, wie man sie beispielsweise durch einen Tunnel hätte, oder aber wenn die Touristen weg bleiben, weil das Elbtal an Attraktivität verliert?

    Vaatz: Der Stadt Dresden entsteht der größte Schaden dann, wenn sich unter Touristen herum spricht, dass man in der Stadt Dresden verkehrsmäßig nicht voran kommt, dass es ein einziger Stau und ein einziges Hin und Her ist und dass die Bewegung durch die Stadt Dresden ein einziges Stressprogramm ist. Genau das wäre die Konsequenz, wenn die Brücke nicht stattfinden würde. Die Aufregung über die Brücke ist eines der am meisten an den Haaren herbeigezogenen politischen Scheinprobleme, die es in den letzten Jahren gegeben hat. Sie ist möglicherweise ein Wohlstandssyndrom, das in Deutschland mittlerweile in solchen Fällen grassiert. Aber die Mehrheit der Dresdener - und zwar eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Dresdener - sieht diese Sache ganz klar und ganz deutlich. Auf diese Mehrheit ist Verlass und sie wird auf keinen Fall zulassen, dass die Stadt den Bau unterbricht oder irgendwie auf die Avancen der Unesco eingeht.

    Schütte: Der CDU-Politiker Arnold Vaatz, Vizechef der Unionsbundestagsfraktion für Aufbau Ost. Sein Wahlkreis liegt in Dresden. Vielen Dank für das Gespräch.