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Die Suche nach einem guten Nachhilfelehrer

Rund 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche nehmen im Laufe eines Jahres Nachhilfe in Anspruch. Etwa 1,5 Milliarden Euro geben Eltern jährlich für Nachhilfe aus. Dabei ist es für die Eltern nicht leicht, den passenden Anbieter zu finden.

Von Britta Mersch | 21.02.2013
    "Nachhilfe sehe ich mit gespaltenen Gefühlen. Ich hatte selbst eine Tochter, die in der Nachhilfe war und immer noch dieses sture Pauken wie vor 20 Jahren immer noch stattfindet und ich Lernen durch meine Waldkindergartentätigkeit auch viel praktischer sehe, dass Nachhilfe auch mit Praktischem verbunden werden muss, mit praktischen Tätigkeiten, um Lernen effektiver zu machen."

    Das sagt Renate Vendel, Kunstpädagogin und angehende Erzieherin aus Bonn. Ihrer Tochter habe der Nachhilfeunterricht nicht viel geholfen, sagt sie. Sowohl in der Schule als auch in der Nachhilfe wünsche sie sich kreativere Angebote:

    "Dass man zum Beispiel, wenn man Vokabeln lernt, zum Beispiel in Puzzleform. Auch das Kind mehr agieren lässt mit dem Körper, nicht in einer sitzenden Tätigkeit lässt."

    Für Eltern ist es nicht leicht, das passende Nachhilfeangebot für ihr Kind zu finden. Sollte es ein Schüler sein aus einem höheren Jahrgang? Oder lieber ein professionelles Institut? Andrea Heiliger beobachtet den Nachhilfemarkt schon sehr lange. Sie war früher Sprecherin des Bundesverbandes der Nachhilfe- und Ganztagsschulen, heute bei der Nachhilfeschmiede – ein Unternehmen, das sich der Qualität von Nachhilfe widmet.

    "Wenn man den Nachbarn nimmt, den kennt man gut, wenn man vielleicht einen älteren Schüler nimmt, Geschwister, Freunde, dann sind das Vertrauensvorschüsse, die man hat, aber die haben meistens nicht das Wissen, wie man die Methodik oder die Didaktik im Nachhilfeunterricht anwendet. Da würde ich doch eher einen Profi nehmen."

    Entscheidet man sich für einen kommerziellen Anbieter, gibt es ein paar Auswahlkriterien, auf die man achten sollte. Ein kostenloses Beratungsgespräch, in dem die individuellen Lernziele des Kindes besprochen werden, sollte selbstverständlich sein. Auch sollte man nachhören, ob es kostenlose Probestunden gibt, in denen die Schüler feststellen können, ob die Chemie mit dem Lehrer stimmt. Und letztlich spielt natürlich auch der Preis eine Rolle, sagt Andrea Heiliger:

    "Auch da gibt es ein breites Spektrum. Geht es um Einzelnachhilfe, dann würde ich sagen, im Schnitt 33 Euro. Geht es um eine kleine Gruppe, kleine Gruppe bedeutet circa drei bis vier Schüler, womöglich sind Sie da bei 9 Euro in der Stunde."

    Es gibt auch zahlreiche Gütesiegel oder Zertifikate, mit denen sich Anbieter schmücken. Dieter Dohmen vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie empfiehlt Eltern aber, die Bedeutung solcher Siegel nicht zu überschätzen:

    "Nachhilfe ist wie in der Schule abhängig davon, dass Kind und Lehrer zusammenpassen und insofern bin ich bei diesen allgemeinen Gütesiegeln sehr vorsichtig. Die Kriterien sind in meinen Augen: Erfahrungen von anderen mit diesen Lehrkräften oder mit den Schulen. Dann auch die Frage: Braucht das Kind Einzelunterricht oder Gruppenunterricht, da ist jedes Kind anders und dann ist es eine Frage des Fachs und des Anlasses."

    Wurde Nachhilfeunterricht vor 20 Jahren noch verpönt und galt als Manko, entscheiden sich heute viele Eltern für die Angebote. Sie hoffen, so die Defizite ausbügeln zu können, die die Kinder in der Schule erfahren. Und sie wollen ihnen möglichst gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Studienwahl ermöglichen. Dieter Dohmen rät Eltern allerdings zu mehr Gelassenheit:

    "Der Druck auf gute Noten und gute schulische Vorleistungen wird immer größer insbesondere je weiter man in die attraktiven Berufe hinein möchte. Und darauf reagieren Eltern insbesondere und in Teilen auch die Schüler und dazu kommt in anderen Punkten das Thema übernervöse Eltern, die bei allem hektisch reagieren und glauben, dass man was machen muss, anstatt mal ein Auge zuzudrücken und ein bisschen abzuwarten was sich in einem halben Jahr oder Jahr tut."