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"Die süßesten Farben"

In Rom brachte es Pompeo Batoni als Maler von Porträts und religiösen Bildnissen zu Ruhm und Ehre. Er galt als Modemaler an den europäischen Höfen des 18. Jahrhunderts. Dann blieb er über Jahrhunderte weithin vergessen. Inzwischen werden viele seiner Bilder wieder als Kopien verkauft. Eine Ironie der Geschichte, denn Batoni begann seine Karriere selbst mit dem Kopieren berühmter Kunstwerke.

Von Michaela Gericke | 25.01.2008
    "Salomon verehrt die falschen Götter" heißt ein Gemälde von Pompeo Batoni aus dem Jahr 1766. Salomon schwenkt darauf einen qualmenden Weihrauch-Kessel. Sein Blick geht wie in Trance gen Himmel, er selbst sinkt dabei fast zu Boden. Zwei anmutig schöne Frauen halten ihn aufrecht, zwei weitere legen ihm ein purpurrotes Kissen zu Füßen. Eine dramatische Szene, in warmen samtigen Farben und leuchtend hellen. Ein dunkles Gewölbe mit römisch antiken Säulen gibt die Umgebung und Kulisse.

    "Sein gesundes Gefühl für das Sinnlich-Lebendige hat es vermieden, dass seine Werke klassizistisch oder akademisch wirken",

    schreibt Ernst Emmerling 1932 in einem schmalen Band über Leben und Werk des Malers im italienischen "Settecento". Pompeo Girolamo Batoni wurde am 25. Januar 1708 in Lucca geboren. Seine Mutter stirbt nur wenige Tage nach der schweren Geburt. Bis zu seinem siebten Lebensjahr ist Pompeo ein schwächliches Kind. Trost und Freude findet er beim Zeichnen. Dem Wunsch des Vaters – Pompeo sollte wie er Goldschmied werden – widersetzt er sich.

    Im Alter von 19 Jahren nutzt er die Gelegenheit, nach Rom zu reisen – und kehrt nie wieder in seine Geburtsstadt zurück. Er zieht durch die römischen Gärten und Paläste, um große Kunstwerke zu studieren. Seine Vorbilder: Raphael und Corregio.
    In den päpstlichen Sammlungen entdecken englische Reisende den ins Malen vertieften Pompeo Batoni, der schließlich erste gelungene Kopien als Souvenirs verkauft. Schon wenige Jahre später erlangt der Maler Ruhm und Ehre mit Porträts, mythologischen und religiösen Bildnissen. Als "Modemaler" bezeichnen ihn in den folgenden Jahrhunderten Kunsthistoriker wie Ernst Emmerling 1932:

    "Der sinnliche Reiz, das Pikante, die Koloristik, das leichte Parfum, das seine meisten Schöpfungen auszuströmen scheinen - bei Batoni ist alles das im Sinn und Geschmack seiner Zeit."

    Dabei hatte sich Batoni abgekehrt von der – wie der Kunsthistoriker Helmut Börsch-Suppan es nennt – gängigen flotten Rokoko-Malerei:

    "Eine dekorative Malerei, die festlich war, die erfreuliche Emotionen weckte - was in Italien auch immer verbunden war mit einer gewissen religiösen Exstase. Die Oberfläche war bei ihm: Er fasste sie anders auf. Es war eine sehr disziplinierte Malerei bei ihm - eine glatte Malerei, sagt man heute abschätzig. Wir möchten gern, dass man den Pinselstrich sieht. Und da muss etwas Furioses sein - also Action - im Malvorgang. So sind wir heute fixiert, und das sind ja auch die Gründe, weshalb sich viele Leute mit Raffael so schwer tun."

    In den 40er bis 80er Jahren des 18. Jahrhunderts ist Pompeo Batoni über Rom hinaus so berühmt, dass er es sich leisten kann, die Preise für seine Gemälde in die Höhe zu treiben.

    "Er konnte das ja auch begründen, weil er sehr sorgfältig malte. (...) Er war ein Künstler, der in der Gesellschaft lebte. Die Gesellschaft, das waren seine Auftraggeber. Sein Ruhm drang an alle europäischen Höfe. Und wer nicht nach Italien fahren konnte und sich von Batoni malen ließ, der hat sich ein Bild bei ihm bestellt."

    Auf einem Selbstbildnis malte sich Batoni in kräftiger Gestalt mit schalkhaftem Blick. Pompeo Girolamo Batoni, Vater von insgesamt zwölf Kindern aus zwei Ehen, lebte – so sahen es manche seiner Kunden – auf großem Fuß. Immer aber für seine Kunst. Manche Zeitgenossen empfanden ihn als arrogant und habgierig.
    Der englische Maler und Kunsthistoriker Anthony Clark holte ihn erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts wieder aus der Vergessenheit, indem er über Batoni forschte und ein umfangreiches Werkverzeichnis anlegte.
    Pompeo Girolamo Batoni starb nach einem zweiten Schlaganfall am 4. Februar 1787 – im Alter von 79 Jahren. Einige seiner Gemälde sind heute eher in den Depots europäischer Museen zu suchen. Das Bild der büßenden Magdalena gilt als eine seiner berühmtesten Arbeiten. Es kam im 18. Jahrhundert in die Dresdner Sammlungen. Friedrich Schlegel notierte dazu:

    "Batonis Büßende lockt durch die süßesten Farben von weitem schon an. Sie ist ganz Gemälde und wenig Geschichte."