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Die Talente der Welt in Belgiens Provinz

Nach der Übernahme des belgischen Klubs K.A.S. Eupen durch die Aspire Foundation des Scheichs von Katar werden dort junge Talente aus Schwarzafrika ausgebildet, um sie auf eine erfolgreiche Profikarriere vorzubereiten. Doch den Kataris geht es dabei nicht nur um sportliche Überlegungen.

Von Michael Borgers | 01.12.2012
    Raoul Kenne und Michael Lallemend liegen sie sich in den Armen. Sie bejubeln das 1:0 der Königlichen Allgemeinen Sportvereinigung, kurz K.A.S. Eupen gegen den Royal Antwerpen FC. Mit dem Torvorbereiter und -schützen feiern die meisten der rund 3000 Zuschauer, die an diesem sonnigen Herbstsonntag den Weg ins Kehrwegstadion gefunden haben.

    Auch Christoph Henkel reißt die Arme hoch. Der Kölner ist Sportdirektor in Eupen. Vorher leitete er das Internat des deutschen Zweitligisten 1. FC Köln. Obwohl er nun für den ganzen Verein zuständig ist, unterscheide sich sein neuer Job nicht wesentlich vom alten.

    "Meine Aufgabe hier ist es, dass die Rahmenbedingungen für eine Talentförderung, eine Ausbildung, eine Entwicklung zum Profifußball bestmöglich gegeben sind."

    Henkel ist erst seit wenigen Wochen in Eupen. Er ist Angestellter der Aspire Foundation, die den Traditionsclub zur Sommerpause übernommen hat. Die Stiftung von Scheichs aus dem Emirat Katar gilt als größter übernationaler Förderer junger Sportler weltweit. Aspire fördert soziale Projekte wie die "Football dreams”. Leiter der Fußball-Talentschmiede ist Josep Colomer. Der brachte einst auch Lionel Messi aus Argentinien zum FC Barcelona. Der dreifache Weltfußballer war damals 13. Ungefähr so alt sind auch die Spieler, die für das Projekt gesichtet werden. Gut eine halbe Million jährlich, erklärt Sportdirektor Henkel, vor allem in Afrika. 20 Spieler erhalten am Ende eine Förderung.

    "Und im Rahmen dieses Stipendiums sind sie in der Aspire Academy Senegal ausgebildet, schulisch begleitet und gefördert worden. Und machen jetzt, das ist der erste Jahrgang, den Schritt in den professionellen Fußball hier."

    15 Spieler aus Schwarzafrika sind es nun in Eupen, alle so jung, dass sie noch in der A-Jugend eingesetzt werden könnten. Wie viel genau sich Aspire das Förderprogramm kosten lässt, gibt die Stiftung nicht bekannt. Fest steht: Es ist viel Geld, davon ist auch Jürgen Mittag von der Sporthochschule Köln überzeugt.

    "Wir erleben, dass der Staat Katar in den letzten Jahren ein enormes Geldvolumen investiert hat, um sich insbesondere der Potenziale des Sports zu bedienen."

    Doch um den Sport selber gehe es Katar dabei nur bedingt.

    "Man will über die Zeit des Erdöls hinausgehen. Und man will das Land langfristig entwickeln. Und Sport ist hierbei ein ganz entscheidendes Instrument. Deswegen investiert man solche riesen Summen in den Sport. Um letztendlich über den Sport die Tourismusentwicklung anzukurbeln, aber auch das Land insgesamt weiter zu entwickeln."

    Der Professor für Sportpolitik bewertet das Engagement deshalb kritisch. Zwar seien grundsätzlich auch positive Ansätze zu erkennen, wie beispielsweise die Talentförderung in Eupen.

    "Das Ganze ist nicht per se als schlecht einzuordnen, aber es hat einen hohen Grad der Künstlichkeit und der Steuerung. Eine gewissermaßen organische, evolutionäre Entwicklung, wie sie dann doch vielfach im Fußball noch an der Tagesordnung ist, wird hier nur bedingt verfolgt."

    Auch in Belgien fielen die Reaktionen zunächst skeptisch aus. Thomas Evers berichtet für die regionale Tageszeitung "Grenzecho” über den Verein. In den ersten Wochen nach der Übernahme fragte er sich vor allem.

    "Was wollen diese Kataris mit dieser Aspire Academy ausgerechnet in Eupen?"
    In der Vorsaison war der Club beinahe aufgestiegen. Dann präsentierte die neue Vereinsführung ihr Konzept der Talentförderung. Viele Fans befürchteten, es würde nun nur noch darum gehen - und nicht mehr um sportlichen Erfolg. Doch inzwischen seien die meisten Fans zufrieden.

    "Weil sie begriffen haben, wie das Projekt genau abläuft: dass man sich als Ausbildungsverein versteht, dass hier nur noch junge Spieler spielen werden, dass man gleichzeitig aber auf langfristige Sicht Erfolg haben will."